Auto

Muscle Cars zum kleinen Preis Ford Mustang - Zwei heiße Ponys auf dem Hof

Mit 5.0 Liter Hubraum und acht Zylindern ist der Mustang GT ein echtes Muscle Car.

Mit 5.0 Liter Hubraum und acht Zylindern ist der Mustang GT ein echtes Muscle Car.

(Foto: Holger Preiss)

Ford lässt ab Juni seine Ponys in Europa laufen. Nicht wie früher über Importeure, sondern über den Handel. Im Angebot sind ein Brecher mit sattem V8 und ein extra für Europa entwickelter Vierzylinder. Aber ist die halbe Portion ein echtes Muscle Car?

Nach fünfzig Jahren kehrt eine Legende nach Deutschland zurück: der Ford Mustang. Na gut, wirklich weg war er nie, aber jetzt ist er bei jedem Ford-Händler zu erwerben. Und das zu einem unschlagbaren Preis. Für gerade mal 35.000 Euro kann man ab Juni in das von Grund auf optisch und technisch modernisierte Pony-Car steigen und auf eine ewig lange Motorhaube mit zwei mächtigen Powerdomes blicken. Wer in die Seitenspiegel schaut, wird neben den immer kleiner werdenden Autos die wuchtig ausgestellten Radhäuser sehen, in denen die 19-Zöller mit bis zu 275 Millimeter breiten Gummis wohnen.

Kleines Pony, großes Pony

Das Heck ist mindestens so schön wie die Front und sollte das sein, was andere Verkehrsteilnehmer von einem Mustang häufiger sehen als den Bug.

Das Heck ist mindestens so schön wie die Front und sollte das sein, was andere Verkehrsteilnehmer von einem Mustang häufiger sehen als den Bug.

(Foto: Holger Preiss)

Zugegeben, wer die Taler zählt, der wird einen geschrumpften Mustang besteigen. Denn die extra für Europa aufgelegte Variante des Muscle Cars wird von einem 2,3-Liter-Ecoboost-Benziner mit vier Zylindern befeuert. Allerdings kann jeder, der hier Verrat an der Legende mutmaßt, beruhigt werden. Das Triebwerk generiert stattliche 317 PS und wuchtet ordentliche 432 Newtonmeter auf die Hinterachse. Und das bereits ab 3000 Umdrehungen. Wer die sechs Gänge auf sehr kurzen Wegen knackig durch die Gassen jagt, wird in 5,9 Sekunden mit Tempo 100 belohnt. Bleibt der Fuß auf dem Gas, geht die Tachonadel bis 234. Natürlich funktioniert das auch mit der Sechsgang-Wandlerautomatik, dürfte dann aber nur halb so viel Spaß machen.

Das sind ansehnliche Werte und für ein Fahrzeug dieser Couleur aller Ehren wert. Ein nächster nicht zu verachtender Vorteil ist der Umstand, dass der Verbrauch in einem für fast jede Geldbörse akzeptablen Rahmen bleibt. Mit knapp 10 Litern Benzin auf 100 Kilometer kann man hier schon mal die Sau rauslassen und ausgelassen auf den freien Strecken der Autobahn posen. Auch soundtechnisch haben sich die Ingenieure etwas einfallen lassen. Natürlich ist es nicht die wuchtige Geräuschkulisse, die den Fahrer und auf Wunsch auch die Umwelt in einem V8 erwartet, aber "es ist ein Ford-typischer Klang, der auch V8-Fans begeistern kann", so Rolf Deges, leitender Ingenieur für die großen Baugruppen bei Ford in Köln. Und er hat nicht ganz unrecht. Der künstlich in den Innenraum getragene Ton hat schon etwas sportlich Treibendes, bleibt aber den Umstehenden verwehrt.

Das Flugzeug stand Pate

Viel wertiger und sportlich modern wirkt der Innenraum des Mustang heute.

Viel wertiger und sportlich modern wirkt der Innenraum des Mustang heute.

(Foto: Holger Preiss)

Ansonsten unterscheidet sich der "kleine" Mustang kaum von seinem brachialen V8-Bruder. Bis auf die Sitze, die der Dicke von Recaro bekommt, ist im Innenraum eigentlich alles gleich. Und das erfreut umso mehr, als dass die Qualität enorm hinzugewonnen hat. Da sind neben den liebevoll in Gravur festgehaltenen Geburtsdaten des Ponys 1964 auch noch die mit Leder bespannten Armaturen, die in der Struktur von gebürstetem Alu gehaltenen Applikationen oder ein 8 Zoll großer Touchscreen mit allem Bedienkomfort, wie man ihn inzwischen aus hiesigen Neufahrzeugen dieser Größenordnung kennt.

Ebenfalls in der Mittelkonsole ruhen die Fahrmodischalter, die den Kippschaltern eines Flugzeuges nachempfunden sind. Leider lassen sie sich nur in eine Richtung, nämlich nach oben, bewegen - wie in einem Jet -, was zur Folge hat, dass die Wahl der Fahreinstellungen von Normal, Sport +, Gelände, Eis und Schnee immer der Reihe nach durchgeklickt werden muss. Das ist nicht besonders elegant gelöst. Außerdem tut sich für den aufmerksamen Leser eine weitere Frage auf: Was verbirgt sich hinter der Einstellung "Gelände"? Nun, hier ist die Übersetzung aus dem Amerikanischen ein wenig unglücklich geraten. Eigentlich steht an dieser Stelle Track, was nichts anderes als die Rennstrecke meint. Gelände ist also die Einstellung, in der Könner oder Wahnsinnige das ESP deaktivieren können, die Gaskennlinie wird noch einen Tick spitzer und das Fahrwerk entsprechend hart. Mit Blick auf den Durchlauf der Fahrmodi bedeutet das, dass der Pilot aus dem Modus Sport + immer über ein für Sekunden deaktivierter ESP in die Normal-Einstellung zurückkehren muss.

Wankbewegungen wie früher

Auch als Cabrio macht der Mustang eine gute Figur, kostet dann aber 5000 Euro mehr als der Fastback.

Auch als Cabrio macht der Mustang eine gute Figur, kostet dann aber 5000 Euro mehr als der Fastback.

(Foto: Holger Preiss)

Das führt zu keinen Verwerfungen. Wenn man nicht gerade wie blöde beim Umschalten aufs Gas tritt, bleibt alles beim Alten. Genauso wie das ganz eigene Fahrverhalten eines Muscle Cars. Das hat der Mustang nämlich bei allen Neuerungen, zu denen auch der Abschied von der Starrachse hin zu einer Einzelradaufhängung hinten gehört, beibehalten. Besonders spürbar ist das im großen 5.0-Liter-V8, dem nicht zu Unrecht das Kürzel GT angeheftet wurde und der mit knapp 100 Kilogramm mehr Kampfgewicht noch einen Hauch satter auf dem Asphalt liegt. Dennoch hat der amerikanische Kraftprotz diese so typischen Wankbewegungen in schnell aufeinanderfolgenden Kurven. Da spürt man, wie das Heck angenehm ungestüm, ja fast leidenschaftlich schiebt, während der Achtzylinder sein unnachahmliches Lied zwischen Böllern, Husten und einem jeden Petrolhead verzückenden Grollen singt.

Das ist natürlich kein Wunder, denn schließlich werden bei dem Dicken ordentliche 530 Newtonmetern auf die Hinterachse gekickt, die aus der Kraft von 421 Pferden erwachsen. Führt man die Rechenaufgabe für die Sportfreunde weiter, bedeutet das, dass der Mustang GT in 4,9 Sekunden auf 100 km/h sprintet und in der Endgeschwindigkeit die magischen 250 km/h erreicht. Um wieder zum Stehen zu kommen, wurden dem V8 kräftige Brembo Bremsen angeheftet, die in 38 Zentimeter breite und sechs Zentimeter dicke Scheiben beißen. Das reicht, um das Pony ohne Probleme aus vollem Lauf wieder an die Kandare zu nehmen.

Die Qual der Wahl?

Wer jetzt glaubt zwischen dem Vierzylinder und dem V8 die Qual der Wahl zu haben, sollte sich von seinem Herzen leiten lassen, denn letztlich sollte der Preisunterschied von 5000 Euro mehr für den GT die Entscheidung nicht beeinflussen. Auch die knapp 15 Liter, die der große Bolzer im Schnitt verbrennt, dürften bei lediglich 45.000 Euro für ein solches Auto zu verschmerzen sein. Zudem hat Ford sein bestes Pferd im Stall großzügig ausgestattet: Da sind die schon erwähnten ledergepolsterten Sportsitze, Klimaautomatik, Rückfahrkamera, Audio-System und 19-Zoll-Felgen. Wer es richtig üppig haben will, der investiert nochmal 2500 Euro für das sogenannte Premium-Paket. Dann sind auch Navi, das Konnektivitätssystem Snyc 2, ein höherwertiges Sound-System und klimatisierte Vordersitze im Lieferumfang dabei. Selbst wer den Mustang in seiner potentesten Form offen fahren will, muss keine 50.000 Euro bezahlen. Allerdings müssen sich Schnäppchenjäger mit dem Gedanken anfreunden, dass es keine Rabatte geben wird. Zumindest nicht von Ford-Seite und die meisten Händler werden es auch nicht nötig haben Nachlässe zu gewähren.

Denn im Augenblick sieht es eher so aus, als müsste der Mustang verteilt und nicht verkauft werden. Bereits jetzt sind allein in Deutschland 1800 Kontrakte unterzeichnet, 3500 werden es in diesem Jahr wohl noch werden, im nächsten Jahr über 4000. Wer keinen der von Ford vorbestellten Mustangs will, sondern sich das Fahrzeug individuell zusammenstellen möchte, muss mit rund drei Monaten Wartezeit rechnen. Das ist nicht lange und dem Käufer kommt hier zugute, dass das Pony in den USA ein echter "Volkswagen" mit entsprechend hoher Produktionsstückzahl ist.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen