SUV will mit nach oben Maserati Levante ärgert Cayenne und Co.
08.09.2016, 09:34 Uhr
Dreizack auf dem Vormarsch: Der Levante soll den Maserati-Absatz erheblich vergrößern.
(Foto: Maserati)
Wer sich in einen vollen Fahrstuhl drängelt, weiß, was auf ihn zukommt: der Kampf um jeden Quadratzentimeter. Ähnlich eng geht es im SUV-Segment zu. Da ist es vielleicht von Vorteil, wenn "Maserati" draufsteht.
Alle wollen nach oben in diesem Aufzug, der seit geraumer Zeit nur eine Richtung kennt. Ausgestiegen ist bisher noch niemand, alle Pkw-Hersteller wollen ihren Anteil an der scheinbar ungebremsten Nachfrage. Als Maserati sein Modell Levante ankündigte, hagelte es sofort Verdächtigungen, da sei ein Jeep im Maserati-Anzug in Vorbereitung. Das ist nicht eingetreten, auch wenn das Italo-SUV natürlich von der Konzern-Kooperation Fiat-Chrysler profitiert. Ein umgelabelter Grand Cherokee ist er jedenfalls nicht, das ist offensichtlich. Mancher mag zum Beispiel Parallelen mit dem Porsche Cayenne entdecken, dessen Heckteil durchaus die Levante-Designer inspiriert haben könnte. Sehr kleidsam sind zweifellos die rahmenlosen Seitenscheiben, die an die sportliche Verwandtschaft aus dem eigenen Hause erinnern.
Aber der italienische Geländegänger kommt spät und braucht solide Qualitäten, um Kunden zu gewinnen. Aufgeladene Dreiliter-V6-Motoren werden mit gediegenem Komfort und einem ordentlichen Platzangebot kombiniert - schließlich misst der Levante auch volle fünf Meter. Wäre die Motorhaube nicht so elend lang und der vordere Überhang etwas kürzer, hätten sich vielleicht noch ein paar Zentimeter mehr Beinfreiheit für die rückwärtigen Passagiere herausschlagen lassen. Die italienische Küche wird ihrer Leichtigkeit wegen geschätzt, das SUV aus Mirafiori kann mit geringem Gewicht aber nicht unbedingt glänzen: 2205 Kilogramm gibt der Hersteller als Leergewicht für die Dieselvariante an, der Zulassung des Testwagens zufolge sind es sogar noch 75 Kilogramm mehr.
Zwei aufgeladene V6-Motoren
Bis auf weiteres sind zwei Varianten im Angebot. Der Selbstzünder bürgt für 275 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment, das Spitzenmodell Levante S profiliert sich mit 430 PS. Diese Leistungsskala sollte Gewähr dafür bieten, dass das Italo-SUV, dessen Name von einem warmen Windstrom stammt, der gewöhnlich in der Straße von Gibraltar seine größte Stärke erreicht, kein laues Lüftchen bleibt. Dank seines hohen Drehmoments fällt der Diesel in Sachen Temperament gegenüber dem Benziner kaum spürbar zurück.
Beiden Autos gemein ist ein herzhafter, sportlicher und markenkonformer Sound, der dem Fahrerlebnis die passende akustische Würze gibt. Erwartungsgemäß wirft sich der Ottomotor, der rund 2500 Umdrehungen mehr braucht als der Diesel, um seine volle Durchzugskraft zu erreichen, noch ein bisschen mehr ins Zeug. Je nach Leistungsabruf, Zug- oder Schubstatus faucht, schnalzt, prustet oder schnaubt das Aggregat durch seine Klappen-Auspuffanlage und fordert Aufmerksamkeit vom Straßenrand. Wem das zu prollig ist, wird das Potenzial des Sechszylinders wohl kaum ausnutzen, der die Fuhre bis auf maximal 264 km/h beschleunigen soll. Saftige Zwischengasstöße beim Herunterschalten inklusive sorgt die Steuerungselektronik zuverlässig für jene Portion Emotionalität, die viele weichgespülte SUV vermissen lassen.
Die ZF-Achtgangautomatik, die nicht nur im Fiat-Konzern große Verbreitung gefunden hat, sondern auch Jaguar-, Land-Rover-, BMW- und Audi-Kunden erfreut, teilt die Kräfte der Brennräume perfekt zu. Wer sich auf automatische Fahrstufenwechsel nicht verlassen will oder meint, es besser zu können, dem stehen formschöne, in Aluminium ausgeführte Schaltpaddel am Lenkrad zur Verfügung. Gegenüber den Kunststoffpaddeln, mit denen beispielsweise Bentley-Fahrer hantieren müssen, ist das sicher ein Gewinn, jedoch stehen sie fest an der Lenksäule und vollziehen die Drehung des Lenkradkranzes nicht mit. Hinzu kommt, dass die linke Schalthilfe den Fingern beim Erreichen des Blinkerhebels im Weg sein kann.
Während die Marke Jeep ihrer militärischen Herkunft wegen eher noch mit olivgrünem Feldanzug assoziiert wird, kann der Levante im Innenraum mit Maß-Couture italienischer Provenienz beeindrucken. Alles ist sehr elegant geformt und harmonisch abgestimmt, mit Leder bezogen und mit Kontrastnähten verziert, so dass es nicht schwer fällt, sich schnell wohl zu fühlen. Die wohnliche Atmosphäre wird auch nicht von den Fensterhebertasten oder anderen Kleinigkeiten beeinträchtigt, die erkennbar vom gleichen Lieferanten stammen, wie Jeep ihn nutzt. Doch als hätte man sicher gehen wollen, dass nicht zu viel Lob über das Interieur ausgeschüttet wird, deckt die Getränkehalter in der Mittelkonsole nur eine dürftige Klappe ab, die weder die in dieser Preisklasse übliche Dämpfung hat, noch mit einem annehmbaren Geräusch öffnet und schließt. Ein Fauxpas, der zügig korrigiert werden sollte, denn Kunden betrachten ihre Autos häufiger von innen als von außen.
Modell Ghibli als Vorbild
Für einen Einstiegspreis von 70.500 Euro bietet der Levante Diesel ein Maximaltempo von 230 km/h und das Versprechen, mit einem Ergebnis von 7,2 Litern je 100 Kilometer den Prüfstand verlassen zu haben. Seine Standardausstattung beinhaltet Bi-Xenon-Haupt- und LED-Nebenscheinwerfer, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, schlüsselloses Zugangs- und Startsystem, automatisch abblendbaren Innenspiegel sowie ein 7-Zoll-Farbdisplay im Instrumententräger, mit dem so verblüffende Informationen abgerufen werden können wie die aktuelle Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse.
Ferner sind Licht- und Regensensor, eine elektrische Heckklappe (Ladekante 76 Zentimeter) und ein Tempomat an Bord. Der Levante S hat für einen Startpreis von 88.000 Euro zwar mehr Pferdestärken (und Verbrauch: 10,9 Liter kombiniert), ein selbstsperrendes Hinterachsdifferenzial und 19-Zoll-Leichtmetallfelgen. Eine erweiterte Lederausstattung ist ebenfalls auf der Habenseite zu verbuchen. Nützliches wie Rückfahrkamera oder Toterwinkel-Assistent sind extra zu bestellen.
Handling und Fahrkomfort sind zuverlässig auf dem Niveau, das die Limousinen-Modelle Ghibli und Quattroporte vorgaben. Viele von dort übernommene Fahrwerkskomponenten sorgen dafür, dass der heckbetonte Allradantrieb die erforderliche Dynamik auf die Karosserie überträgt. Serienmäßige Luftfederung gewährleistet standesgemäße Beförderung für die Fondpassagiere. Muss einmal ein Pferdeanhänger von der Koppel gezogen werden, ist die Bodenfreiheit um 65 Millimeter zu vergrößern und es können bis zu 2700 Kilogramm auf den Haken genommen werden. Nur für den Levante S gibt es Bremsen von Brembo, deren Name allein für Güte steht und die bissig den anrollenden Zweitonner verzögern. Maserati Deutschland geht davon aus, in einem kompletten Jahr wenigstens 1000 der neuen SUV absetzen zu können.
Quelle: ntv.de