Neuer Zungenbrecher zum kleinen Preis Nissan Qashqai will den Thron zurück
23.01.2014, 11:48 Uhr
Dynamischer als sein Vorgänger präsentiert sich der neue Qashqai.
(Foto: Holger Preiss)
Über Jahre führt der Nissan Qashqai im Segment der SUV die Statistik der Neuzulassungen an. Bei der letzten Erhebung wird er auf Platz zwei verdrängt. Doch jetzt tritt ein neuer Qashqai mit überarbeiteten Motoren, einer Vielzahl von Assistenten und einem Premiumhauch an, seinen Platz zurückzuerobern.

Heckleuchten mit LED und 19-Zoll-Felgen gibt es in der Premiumausstattung Tekna.
(Foto: Holger Preiss)
Als der Qashqai im Jahr 2007 vorfuhr war es die Eröffnung eines neuen Segments. Die Japaner hatten mit Hilfe ihrer britischen Dependance das Beste aus Kompaktwagen und Van zusammengerührt und nannten es fortan Crossover. Und tatsächlich wusste niemand so recht, was das ist. Lediglich der Kunde erkannte die Innovation und kaufte den in England gebauten Japaner mit immer weiter wachsender Freude. Weltweit hat Nissan bis heute zwei Millionen Qashqai verkauft. Davon allein in Europa 1,5 Millionen - und in Deutschland 150.000. Erstaunlich für ein Auto, dessen Name sich weder aussprechen, geschweige denn buchstabieren lässt. Aber auf die Nomenklatur kommt es hier wohl nicht an.
Über Jahre führte Nissan mit dem Crossover die Verkaufshitlisten in diesem Segment an. Inzwischen sind auch andere Hersteller auf den Trichter gekommen und haben sich dem offensichtlich großen Verlangen der Kunden angepasst. Dennoch ist der Qashqai erst mit der letzten Statistik des Kraftfahrzeugbundesamts (KBA) vom Thron gestoßen worden. Diesmal machte Hyundais iX35 das Rennen. Allerdings wollen die Japaner diesen Umstand wieder ändern und gehen am 15. Februar mit einem neuen Qashqai an den Start.
Spiel in einer neuen Liga
Der Crossover soll dabei alle Tugenden seines erfolgreichen Vorgängers aufgreifen, ihn aber gleichsam bei Ausstattung, Motorisierung und Anmutung übertreffen. Dafür wurde zu allererst das Design aufgefrischt. Die über die Motorhaube fließenden Sicken münden jetzt als verschärftes V im Kühlergrill. Die Scheinwerfer haben ihre rundliche Form verloren und werden durch LEDs deutlich verschärft. Die Dachlinie fällt jetzt zugunsten einer Coupé-Linie stark ab. Das lässt den Liebling der Frauen - denn vor allem die entschieden sich in den letzten Jahren für den Crossover - auch in der Höhe schrumpfen, macht ihn aber um so dynamischer. Auch weil die Schulterlinie am Auslauf zur C-Säule noch mal einen gegenläufigen Schwung bekommt. Die einzigen Leidtragenden sind an dieser Stelle Kinder in der zweiten Reihe, denn deren Ausblick nach draußen dürfte jetzt schwieriger werden als beim Vorgänger.
Ansonsten hat das Platzangebot zugelegt. Allein der Kofferraum fasst jetzt 430 Liter, 20 Liter mehr als der Vorgänger, und kann mit einem doppelten Ladeboden erweitert werden. In Länge und Breite ist der Qashqai nämlich gewachsen. Das hat aber auch zur Folge, dass es die Langversion, den Qashqai+2 nicht mehr geben wird. Die größere Variante soll jetzt durch den X-Trail abgedeckt werden, der ebenfalls dieses Jahr in überarbeiteter Form seine Premiere feiern wird. Wer im Fond des Qashqai Platz nimmt, sitzt zwar etwas steil, dürfte aber auch hochgewachsen kaum Probleme mit dem Kopf und den Knien bekommen. Auch für die erste Reihe sind Kopf und Schulterfreiheit großzügiger bemessen. Doch bei der Kundschaft will der Qashqai nicht nur mit der Optik punkten. Vor allen die vielen neuen Innovationen sollen den Briten mit japanischen Wurzeln in eine neue Liga katapultieren. Dazu gehört nicht nur die nunmehr hochwertige Ausstattung, sondern auch die Vielzahl an pfiffigen Ablageflächen, die alle Kleinigkeiten wie Flaschen, Becher, Kleingeld und Smartphone verschwinden lassen.
Wirkliche Highlights setzt der Qashqai aber mit seinem üppigen Angebot an Assistenzsystemen. Neben dem autonomen Notbrems-Assistenten, der Müdigkeits- und der Verkehrszeichenerkennung gibt es einen Parkassistenten, der den ungelenkten Schub des Wagens parallel und quer zur Fahrbahn beherrscht. Ein Feature, das nicht nur bei Frauen Freunde finden dürfte. Hinzu kommen eine aktive Spurkontrolle und eine Fahrkomfortkontrolle. Im Innenraum setzen die Japaner auf eine hochwertige Anmutung. Dazu gehören die gut ablesbaren und in Chrome gefassten Rundinstrumente ebenso, wie die Armatur in weich geschäumter Plastik und die Mittelkonsole, die überragt von den mittleren Luftauslässen, je nach Wahl, Navi und Klimaanlage darunter beherbergt.
Alle Triebwerke mit Start-Stopp-Automatik
Auch bei den Motoren hat der Nissan Neues zu bieten. Eröffnet wird der Reigen mit einem 1,2 Liter Benziner. Der leistet 115 PS, drückt 190 Newtonmeter auf die Vorderachse und beschleunigt in 10,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Nissan mit 185 Km/h an. Das für einen Crossover dieser Größe recht kleine Aggregat macht den Qashqai aber nicht zu einer Rennmaschine. Vielmehr ermöglicht es im Verkehr, bei einem angenehmen Verbrauch - auf einer ersten Testfahrt waren es unter sieben Liter - mitzuschwimmen.
Den großen 1,6 Liter Diesel bieten die Japaner jetzt mit einer Leistungsausbeute von 130 PS und einem Automatikgetriebe an. Beide vertragen sich ganz gut. Allerdings beflügeln sie sich in dieser Beziehung nicht. Vielmehr geht viel von der zu erwartenden Kraftausbeute verloren. Mögen die reinen Werte sogar einen VW Touran das Wasser reichen, bleibt die stufenlose CVT-Automatik hinter dem Doppelkupplungsgetriebe der Wolfsburger zurück. Nicht, dass es ruckelige Schaltvorgänge gibt, oder man das Gefühl bekäme, die Schaltpunkte wären falsch gewählt. Nein, es ist schlicht die Dynamik, die fehlt. Wer die sucht, sollte auf den Handschalter zurückgreifen. Die Datenblattwerte versprechen jedenfalls deutlich mehr: unter 10 Sekunden auf Tempo 100 und 190 km/h Spitze. Das richtig dicke Ding, der 1,6 DIG-T mit 150 PS, bereichert ab Sommer die Palette der Benziner.
Beredtes Beispiel für die Dynamik des Handschalters ist der überarbeitete 1,5 Liter Diesel, der mit 110 PS ausgezeichnete Arbeit leistet. Im Vergleich mit dem Benziner schaltet er sich bei weitem nicht so flockig und direkt, schwingt sich aber leise schnurrend zu einer Höchstgeschwindigkeit von 182 Km/h auf. Allerdings werden bereits ab 120 km/h Windgeräusche deutlich wahrnehmbar. Das fällt umso deutlicher auf, weil der Qashqai über alle Triebwerke hinweg eine angenehme Laufruhe zur Schau trägt. Für den Sprint auf Tempo 100 benötigt der kleine Diesel 11,9 Sekunden. Vor allem im Verbrauch scheint der 1,5 dCi aber eine Empfehlung zu sein. Beim ersten Ausritt verbrannte er nicht mehr als sechs Liter. Ganz anders als sein großer Bruder, der es mit Automatikgetriebe auf über sieben Liter schaffte. Nun sind die genannten Verbrauchswerte aber nur Momentaufnahmen - immer abhängig von Gelände und Fahrweise. Nissan spricht im Datenblatt nämlich eine ganz andere Sprache: Zwischen 3,8 und 5,6 Liter sollen Benzin- und Dieseltriebwerke im Drittelmix lediglich konsumieren.
Üppiges ab 19.450 Euro
Daraus resultieren schließlich auch die für die EU-Norm wichtigen CO2-Werte. Hier glänzen die Triebwerke mit 99 (1,5 dCi) - 129 g/km (1,2 DIG-T und 1,6 dCi). Traumhaft, denn damit ist die EU6-Norm, wenigstens für die Diesel, erfüllt. Auch das ist eine Investition in die Zukunft, die dem Umstand noch zugeschlagen werden darf, dass nach Ermittlungen von ... auch der Werterhalt des Qashqai weiter gestiegen ist. Womit wir auch schon beim Preis wären: Einsteigen kann man hier bereits für 19.450 Euro. Dafür gibt es den 1,2-Liter-Benziner in der Ausstattungsvariante Visia. Doch hier lässt sich einiges auflisten, was andernorts zusätzlich erworben werden muss: Bluetooth-Schnittstelle für das Mobiltelefon, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, elektronische Parkbremse, elektrische Fensterheber vorn und hinten, Klimaanlage, Lenkradfernbedienung, Tempomat mit Speed Limiter, LED-Tagfahrlicht, Radio mit CD, USB und MP3, Start-Stopp-System und eine asymmetrische umklappbare Rückbank.
Mehr bieten nur noch die höheren Ausstattungen Acenta und Tekna. Allerdings ist derjenige, der die Premiumvariante und den 1,6-Liter-Diesel mit Automatikgetriebe wählt, bei einem Endpreis von 33.050 Euro angekommen. Mehr kostet nur noch der 4x4, den es dann aber nur mit Sechsgang-Handschaltung gibt. Für ihn ruft Nissan 33.450 Euro auf. Dafür gibt es aber 19-Zöller, einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz, eine beheizbare Frontscheibe, Voll-LED-Scheinwerfer, Panoramaglasdach, den schlüssellosen Zugang und ein Navigationssystem mit 360 Grad Rundumsicht.
Nissan hat viel in den neuen Qashqai investiert und hofft natürlich, alte Fans zu begeistern und die Grenzgänger zu erwischen. Eben jene, die aus Vernunftgründen früher einen Van wählten. Fahrer, die keinen Wert auf Raserei, sondern gepflegtes Cruisen legen und die Autowelt gern aus einer höheren Perspektive betrachten. Denn, und das sei an dieser Stelle noch erwähnt, Nissan weist deutlich darauf hin, dass der Qashqai zwar mit 0,33 bessere cw-Werte als ein Ferrari 430 Scuderia (cw 0,36) hat, er aber deshalb noch lange kein Bolide ist.
Quelle: ntv.de