Vier gewinnt Plus eins für BMWs 3er-Coupé
20.07.2013, 01:30 Uhr
Mit der neuen Coupé will BMW einen weiteren Akzent für mehr Fahrfreude setzen.
(Foto: Axel F. Busse)
Wer an seinem BMW-Mittelklasse-Coupé unbedingt eine "3" haben möchte, sollte sich sputen. Der Nachfolger bekommt einen Zähler mehr. Was das künftige Spitzenmodell 435i auszeichnet, offenbarten ein paar schnelle Runden auf dem Ex-Formel-1-Kurs in Estoril.
BMWs 3er-Familie der Zukunft wird Limousine, Touring und GT umfassen. Die neu aufgelegte Vierer-Kette soll die sportlich orientierten Kunden auffangen. Zum Start am 5. Oktober gibt es die beiden Benziner 428i und 435i (245 und 306 PS) sowie den Volumen-Diesel 420d mit 184 PS. Wenn im November der Basis-Benziner 420i mit der gleicher Leistung antritt, beginnen die Preise in der Baureihe bei 35.750 Euro. Allen Varianten gemein ist eine optische Verwandtschaft mit dem 6er-Coupé sowie ein streng auf Dynamik-Erlebnis getrimmtes Fahrwerk.
Die Preisliste der Benziner reicht bis zum 435i mit Allradantrieb, für den ebenfalls ab Jahresende mindestens 50.300 Euro zu veranschlagen sind. Für das Frühjahr 2014 wird dann mit dem Cabrio gerechnet. Was aus Sicht von BMW zur Differenzierung gegenüber dem Vorgänger beiträgt, sind nicht nur die zusätzlichen Sicherheits- und Informationssysteme, so etwa das Head-Up-Display, sondern auch der vergrößerte Radstand und die reichlich verbreiterte Spur. Im Heckbereich kamen satte 80 Millimeter dazu, was zusammen mit den kürzeren Überhängen sowie der breiteren und 67 mm flacheren Karosserie einen ebenso eleganten wie kraftvollen Auftritt schafft.
Zwar ist von Kundenbeschwerden über eine etwaige Trägheit des 3er Coupés nichts bekannt, jedoch waren die BMW-Entwickler nicht recht zufrieden mit der Gewichtsverteilung. Etwa zwei Prozent der Fahrzeugmasse lasteten mehr auf der Vorderachse als hinten, was sich auf Fahr- und Lenkdynamik negativ auswirken kann. Das 50:50-Prinzip ist laut Projektleiter Martin Schweinhuber beim neuen Auto nun verwirklicht. Durch 50 Millimeter mehr Radstand (jetzt 2,81 Meter) sei die Beinfreiheit für die Gäste der rückwärtigen Einzelplätze gewachsen. Aber mal ehrlich: Wer will in einem Coupé schon hinten sitzen?
Kofferraum schafft Nutzwert
Für Schweinhuber aber zählt Beinfreiheit zum "erhöhten Kundennutzen", wozu er auch den auf 445 Liter Volumen gewachsenen Kofferraum zählt. Der Klappendeckel ist zwischen den Rückleuchten weit herunter gezogen, woraus sich eine Ladekante von 65 Zentimetern ergibt. Mit der neuen 3er-Reihe teilt sich das Coupé nicht nur den Radstand, sondern auch den so genannten Air-Breather, jene sichelförmigen Auslass-Öffnungen an den vorderen Kotflügeln, die eingeströmte Luft von der Bugschürze wieder kontrolliert ins Freie befördern sollen und am 3er-GT Premiere hatten. Die vorderen "Augen" funkeln serienmäßig als Xenon-Scheinwerfer, wer 1900 Euro extra locker macht, kann adaptive LED-Scheinwerfer bekommen.
Knallrot muss das Leder im Innenraum vielleicht nicht unbedingt sein, aber eine zweifarbige Ausstattung sieht immer lebendig und frisch aus, was viele Kunden mögen. Die Architektur ist um den Fahrer herum gebaut, bei den jetzt vorgestellten Testwagen schufen gebürstete Alu-Verkleidungen einen edlen Akzent. Der zentrale iDrive-Regler hat einen größeren Durchmesser bekommen, so groß, dass viele Fahrer die Aufschrift der daneben liegenden Funktionstaste "Navi" gar nicht mehr sehen können. Aber es gibt ja noch die programmierbare Tastenleiste im Zentrum der Mittelkonsole und nach einiger Gewöhnung wird die Kommandozentrale zwischen den Sitzen sowieso intuitiv bedient.
Mit dem Dreiliter-Sechszylinder wiegt das Coupé nur 1510 Kilogramm, mit dem 8-Gang-Automatik-Getriebe 15 Kilo mehr. Das bedeutet, jede Pferdestärke hat nur rund fünf Kilo Masse zu bewegen. Das klingt nach reichlich Temperament und so fährt sich das Coupé auch. Spritzig im Antritt, sanft und genügsam bei geringer Last, mit der sehr feinfühligen Lenkung werden auch schnelle Manöver präzise und zielgenau umgesetzt. Selbst bei ausgeschaltetem ESP bleibt der Wagen gutmütig, lässt sich in langen schnellen Kurven behutsam an die Haftungsgrenze manövrieren, bleibt auch bei bewusst hektisch betriebenen Lastwechseln souverän beherrschbar. Im Sportmodus des Automatikgetriebes (es kostet für alle Modelle 2150 Euro Aufpreis) stellt der Motor seine unbändige Drehfreude unter Beweis, holt aber dank Twinturbo-Aufladung schon aus dem Keller von 1200 Umdrehungen die maximale Durchzugskraft von 400 Newtonmetern.
Vorderachse auf mehr Dynamik getrimmt
Dass der 4er so satt und sicher auf dem Asphalt liegt, hat nicht zuletzt mit dem Fahrzeugschwerpunkt zu tun, der mit unter 50 Zentimetern so tief liegt, wie bei keinem anderen BMW-Modell. Die straffe Fahrwerkabstimmung fordert immer wieder zu einer forschen Gangart heraus. Um die Abgrenzung von der Limousine besser erleb- und erfahrbar zu machen, erfuhr die Vorderachse eine substanzielle Überarbeitung. Die Doppelgelenkachse bekam einen zusätzlichen Stabilisator. Eine weitere Strebe zwischen Vorderachsträger und Schweller versteift die Verbindung zwischen Vorderrädern und Fahrzeug. Das so genannte Rollzentrum dieser Konstruktion liegt damit 19 Millimeter tiefer als bei der Limousine, was der Fahrer durch unmittelbares und zielgenaues Einlenken wahrnimmt.
Da der Wagen nicht nur vergnüglich fahren, sondern auch gut aussehen soll, bietet BMW drei Ausstattungslinien an, die äußerlich verschiedene Akzente setzen. Die Modern Line ist als Basisvariante anzusehen und an der matten Chromeinfassung der Kühler-Niere, den Alurahmen der Seitenfenster und 18 Zoll Felgen zu erkennen. Die Sport Line unterstreicht ihren Namen mit einer schwarz hochglänzenden B-Säule, veränderten Lufteinlässen an der Front sowie einem ebenfalls schwarz glänzenden Air-Breather an den Kotflügeln. Die Freunde edlen Ambientes sollen bei der Luxury Line auf ihre Kosten kommen, wo mit Chrom nicht gespart wird. Die Fenstereinfassungen weisen diese Optik auf wie auch die Doppelstege an den Lufteinlässen der Frontschürze. Dass diese Merkmale lediglich Appetithäppchen für weitere kostenpflichtige Individualisierung sein sollen, versteht sich von selbst.
Ein Ausflug auf die Rundstrecke spiegelt natürlich kein realistisches Bild vom Spritkonsum eines neuen Autos wider. Auf dem Prüfstand schaffte der Dreiliter-Benziner einen Mittelwert von 7,6 Litern je 100 Kilometer. Näher an der Realität ist da schon der Wert aus dem Bordcomputer einer Testfahrt über rund 150 Kilometer bergiger Landstraße sowie Autobahn. Die gemessenen 9,6 Liter erscheinen angesichts von Fahrspaß und Leistungspotenzial angemessen. Zum Marktstart wird das Modell 320d für 39.200 Euro angeboten, der Benziner 328i für 41.100 und der gefahrene 435i für 47.800 Euro (jeweils mit Handschaltung). Nur mit Automatikgetriebe und Allradantrieb gibt es später den 313 PS starken 6-Zylinder-Diesel, für den 54.300 Euro aufzubringen sind.
Quelle: ntv.de