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Dritte Cayman-Variante hat 330 PS Porsches Definition von "R-Klasse"

Draufgesattelt: Das "R"-Modell leistet mit 330 PS genau zehn Pferdestärken mehr als der Cayman S.

Draufgesattelt: Das "R"-Modell leistet mit 330 PS genau zehn Pferdestärken mehr als der Cayman S.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Mit dem dritten Cayman-Modell präsentiert Deutschlands bekannteste Sportwagen-Schmiede wieder Porsche pur: schnell, teuer und mit einer Aufpreisliste fast so umfangreich wie ein Tolstoi-Roman.

Das Kopieren fremder Ideen steht gegenwärtig nicht gerade hoch im Kurs. Das Kopieren eigener Ideen ist dagegen ungefährlich und wird von Porsche seit Jahrzehnten mit erstaunlichem Erfolg praktiziert. Der 911er ist mittlerweile in 20 Varianten zu haben, für den Zweisitzer Cayman wird gerade die Basis für eine ähnliche Karriere gelegt.

Allerdings kommt der neue Cayman R dem Einsteiger-Elfer schon gefährlich nahe. Nur noch 25 Pferdestärken trennen den Newcomer von der Sportwagen-Ikone. 330 PS stehen für Porsches "R-Klasse" im Datenblatt, zehn mehr als der Cayman S auf die Strecke zu bringen vermag. Erreicht wird diese Leistungssteigerung durch Änderungen in der Abgasanlage, die nur wenig Abgasgegendruck erzeugt und so den Sechszylinder-Boxermotor freier atmen lässt.

Schwarze Einfassungen für die Scheinwerfer sind nur ein Erkennungsmerkmal des Cayman R.

Schwarze Einfassungen für die Scheinwerfer sind nur ein Erkennungsmerkmal des Cayman R.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Damit die vergleichsweise bescheidene PS-Erhöhung adrenalinausschüttend wirkt, wurde nach Kräften das reduziert, was diese 330 PS zu bewegen haben. Außer den Alutüren, die schon mal 15 Kilogramm Mindergewicht bringen, wurde so ziemlich alles eingespart, was für vergnügliche Runden auf der Rennstrecke entbehrlich ist: Auf Klimaanlage und CD-Radio zu verzichten, bringt weitere 15 Kilo. Um ein rundes Dutzend Kilos leichter als die Standardsitze sind die Karbon-Rennschalen, gewichtsoptimierte Räder sparen weitere zehn Pfund ein. Alles in allem bringt der "R" rund 55 Kilo weniger auf die Waage als der "S", was das Kampfgewicht des Sportlers unter knapp 1300 Kilogramm drückt.

Magersucht auch bei den Bremsen

Noch mehr Leichtigkeit ist möglich, wenn die Geldbörse schwer genug ist: Die Keramik-Bremsanlage, die vor allem Fahrer der Turbomodelle schätzen, ist natürlich auch für den Cayman lieferbar. Für rund 8000 Euro extra wird sie eingebaut, gibt sich Insidern durch ihre knallgelben Bremssättel zu erkennen und soll auch nach diversen Runden Nordschleife fadingfrei maximale Verzögerung gewährleisten. Wer die Magersucht auf die Spitze treiben will, kann sich eine leichtere Lithium-Ionen-Batterie bestellen, die gegenüber dem herkömmlichen Akku weitere bis zu 15 Kilo Mindergewicht erlaubt.

Auf dem Rundkurs zu Hause: Hohe Längs- und Querbeschleunigung sind typische "R"-Fahrungen.

Auf dem Rundkurs zu Hause: Hohe Längs- und Querbeschleunigung sind typische "R"-Fahrungen.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Gut möglich, dass die künftigen "R"-Fahrer auf gewichtsoptimierte Fortbewegung verzichten und sich gewöhnliche Sitze bestellen, denn die Rennschalen sind zwar vorbildlich seitenstabil, es fehlt ihnen aber an individuellen Einstellmöglichkeiten. Auch der Verzicht auf eine Klimaanlage ist keine wirkliche Option, denn bei voller Ausnutzung der längs- und querdynamischen Qualitäten des Autos kann man leicht ins Schwitzen kommen.

Mit einer leicht erhöhten Nenndrehzahl von 7400 U/min (7200 beim Cayman S) wird schließlich ein Leistungsgewicht von 3,9 Kilogramm je PS erreicht. Ein um 22 Millimeter abgesenkter Schwerpunkt und die Neuabstimmung des Fahrwerks sorgen schließlich dafür, dass der Mehrpreis von rund 7200 Euro gegenüber den bisherigen Top-Coupé auch im Fahrerlebnis spürbar wird.

Schlaufen als Türöffner

Sichtbar ist er natürlich auch, denn der 69.830 Euro teure Cayman R läuft serienmäßig auf 19 Zoll großen Felgen, trägt an der Front eine schwarze Einfassung für die Scheinwerfergläser und auf der Heckklappe einen in gleicher Farbe lackierten Spoiler. Im Hochgeschwindigkeitsbereich – der "R" läuft mindestens 280 km/h – sorgt der Heckflügel für 40 Prozent mehr Anpressdruck an der Hinterachse.

Beflügelt: der feste Spoiler auf der Heckklappe sorgt für mehr Antrieb bei hohem Tempo.

Beflügelt: der feste Spoiler auf der Heckklappe sorgt für mehr Antrieb bei hohem Tempo.

(Foto: Achim Hartmann)

Die sportlich-dynamische Attitüde wird im Innenraum nicht nur von den Rennschalen dargestellt, sondern auch von farbigen Stoffschlaufen, die die herkömmlichen Öffnungshebel der Türen ersetzt haben. Schon die sportlichste Ausgabe des Boxsters, der Spyder, griff auf dieses Ausstattungsmerkmal zurück. Originell und auffällig ist die in Außenfarbe lackierte Konsole. Nackt und ohne Schnickschnack, so die Botschaft, wird hier um jedes Zehntel gerungen. Auch der untere Teil des Armaturenbretts glänzt in der Farbe der Außenhaut. In den Hülsen der drei Hauptinstrumente hätte man allerdings besser auf die Farbe verzichtet. Deren serienmäßig metallisch schimmernde Einfassungen spiegeln sich nämlich nicht selten in der Frontscheibe. Wer störende Reflexionen vermeiden will, sollt gleich bei der Fahrzeugbestellung auf schwarze Gehäuse bestehen.

"Karawalltaste" führt in Versuchung

Der Cayman R würde sein Markenlogo zu Unrecht tragen, wäre er nicht die überzeugende Fahrmaschine, die man in ihm erwartet. Gleichgültig ob als Handschalter (Kupplung diesmal nicht knüppelhart) oder mit PDK-Doppelkupplungsgetriebe erfreut er durch hohe Lenkpräzision, ehrliche Durchzugskraft (370 Newtonmeter) und kraftvollen Sound, der durch die Zusatzausstattung einer schaltbaren Auspuffanlage noch intensiviert werden kann (plus 2153,90 Euro) Die "Krawalltaste" ist eine Versuchung, gibt sie doch schon in niederen Drehzahlen der sechszylindrigen Stimme ein grollendes Timbre.

Leichte Rennschalen aus Carbon und Alcantara gehören zur Serienausstattung.

Leichte Rennschalen aus Carbon und Alcantara gehören zur Serienausstattung.

(Foto: Achim Hartmann)

Auch ohne prophetische Gaben ist zuverlässig vorauszusagen, dass ein Erreichen der offiziellen Verbrauchswerte in der Praxis so gut wie ausgeschlossen ist. Mit 9,3 Litern je 100 Kilometer (PDK-Getriebe) soll der Cayman R laut EU-Normtest fahrbar sein, mit 9,7 der Handschalter. Wer den Spaß sucht – und der ist kinderleicht zu finden – der wird bei 12 oder 13 Litern heimkommen. In den Augen mancher ist der Cayman schon lange "der bessere 911er". Das ist sicher Geschmackssache. Zweifellos ist aber das "R"-Modell ein gelungener Auftakt zu einer Derivatstrategie, die auch in der kleinsten Nische noch Platz findet – für einen "RS" zum Beispiel.

Quelle: ntv.de

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