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Volvos neuer V60 Schicker Schwedensportler

Schicker Auftritt: Mit dem V60 will Volvo die Ecke der eher biederen Lademeister verlassen und sportlich orientierte Kundschaft anlocken.

Schicker Auftritt: Mit dem V60 will Volvo die Ecke der eher biederen Lademeister verlassen und sportlich orientierte Kundschaft anlocken.

(Foto: Klaus Niedzwiedz)

Schwedische Autos an sich stehen für solide und sichere Fahrzeuge. Bei Volvo versucht man aber nun mit dem V60, auch sportlich ambitionierte Kunden der Mittelklasse zu gewinnen. Ein Schönling mit Nutzwert will der Neue von Volvo sein. Gelingt der Spagat?

Wer an Volvo denkt, der denkt in der Regel an Architekten und wohlsituierte Kleinfamilien, an Ecken und Kanten, an Sicherheit und Kombis. Im Grunde vor allem an den Evergreen V70, beziehungsweise die Vorgänger 740 und 850, die Kombis aller Kombis, über die Jahre immer wieder verfeinert und modernisiert, für die Volvos schlechthin stehen. Dass dieses Image durchaus eine hohes Gut ist, dessen ist man sich in Göteborg durchaus bewusst. Das positive Image sorgt bis heute für einen konstanten Absatz bei derjenigen Kundschaft, denen ein Mercedes zu schick, ein BMW zu sportlich und VW zu langweilig ist.

Dennoch will sich Volvo auch, zumindest ein Stück, von diesem Image lösen und versucht neue Kundschaft zu generieren. Und das liegt nicht nur am neuen Besitzer aus Fernost. Früher als der andere schwedische Autobauer Saab hat man bei Volvo erkannt, dass sich die Kundschaft im oberen Preissegment immer mehr ausdifferenziert. Allein Kombis mit ordentlicher Leistung, sehr guter Sicherheit und hohem Nutzwert zu verkaufen reicht da nicht mehr. Die Kundschaft will heute SUVs, sie will Kleinwagen als Zweitgefährt und dazu am besten noch eine Premium-Limousine oder einen Mittelklasse-Kombi mit viel Platz und gehobener Ausstattung für die Fahrt in die Ferien.

Dieses Bedürfnis soll nun der V60 bedienen. Allerdings wird mit dem Neuling eher die Kleinfamilie mit ästhetischen und sportlichen Ambitionen angesprochen. Er will nicht einfach ein weiterer Volvo-Kombi sein, er soll Papi Spaß machen, Mutti mit gelungener Optik verzücken und den Kindern angenehmes Reisen ermöglichen.

Schluss mit der Kante

Beginnen wir mit der Optik, die sich wohltuend deutlich von der Kantenphilosophie früherer Jahre verabschiedet. Geschwungene runde Formen beherrschen den Auftritt und eine coupéhafte Dachlinie schwingt sich leicht abwärts zur Heckklappe. Ungewöhnlich für einen Lademeister der Mittelklasse, aber optisch sehr schön gelungen. Die Fahrzeugfront mit zwei vertikalen Tagfahr-LED-Lichtern wirkt kompakter und weniger wuchtig als beim großen Bruder, dem V70. Keine Frage, der V60 ist mehr Coupé, weniger Kombi, mehr Sportsmann und weniger schwedischer Biedermeier als jedes andere Modell von Volvo. Bestimmt einer der schönsten Kombis auf dem Markt.

Die Optik des Kombis macht schon was her. Eine Coupéhafte Dachlinie und rundliche Formen waren bisher nicht unbedingt Volvo-typisch.

Die Optik des Kombis macht schon was her. Eine Coupéhafte Dachlinie und rundliche Formen waren bisher nicht unbedingt Volvo-typisch.

(Foto: Markus Mechnich)

Wird der Preis für den Beau von außen im Inneren bezahlt? Teils ja, teils nein. Auf den beiden vorderen Plätzen gibt es am Raumangebot nichts auszusetzen. Für seine Klasse bietet er dort alle Freiheit, die üblich ist. Und selbst im Heck können Großgewachsene noch Platz finden, müssen sich aber damit abfinden, ab und zu mit dem Fahrzeughimmel in Berührung zu kommen. Da kommt die Dachlinie zurück auf die Insassen.

Kleiner Kofferraum

Die Kniefreiheit ist überschaubar, aber ausreichend. Das schöne Äußere kostet aber Kofferraumvolumen. 380 Liter sind es im Normalfall und da muss gegenüber der Konkurrenz aus Ingolstadt und München schon zurückgesteckt werden. Noch deutlicher wird es bei umgeklappter Rückbank, wo 1241 Liter zur Verfügung stehen. Schon ein nicht als Raumwunder bekannter BMW 3er Touring bietet hier mit 1385 Litern gleich 140 Milchtüten mehr an Platz. Audis A4 Avant (1430 Liter) und Mercedes C-Klasse (1500 Liter) sind vollends enteilt. Alles hat eben seinen Preis.

So will es der Schwede in der Mittelklasse mit der Konkurrenz von BMW, Audi und Mercedes aufnehmen.

So will es der Schwede in der Mittelklasse mit der Konkurrenz von BMW, Audi und Mercedes aufnehmen.

(Foto: Markus Mechnich)

Im Cockpit geht es aufgeräumt zur Sache. Nett anzusehen sind die beiden Rundinstrumente, die in der Mitte Digitalanzeigen beherbergen und am Rand mit chromfarbenen Ringen unterlegt sind. Das Lenkrad birgt recht viele Schalter, mit denen sich aber immerhin alle Funktionen der Multimediaeinheit steuern lassen, wie Volvo angibt. Das könnte aber manche Fahrer auch leicht überfordern. Die Mittelkonsole hingegen ist optisch und funktionell wieder fast optimal gestaltet.

Viele Neues bei den Benzinern

Vielfältig ist das Angebot, was die Motoren angeht. Vier Vierzylinder und einen Motor mit sechs Töpfen schicken die Schweden auf der Benzinerseite ins Rennen, zwei Antriebe sind es in der Dieselfraktion. Der kleinste Motor namens T3 ist ein 150 PS Vierzylinder mit 150 PS. In der leistungsgesteigerten Version bietet er 180 Pferdestärken und genauso 240 Newtonmeter Drehmoment. Dazu gibt es einen Zwei-Liter-Benziner mit Overboost-Funktion und 203 PS sowie einen weiteren Reihen-Vierzylinder mit 240 PS und 340 Newtonmetern Drehmoment. Alle vier Aggregate wurden neu entwickelt und werden auch in anderen Volvo-Modellen Einzug halten.

Große Klappe: Der Kofferraum ist allerdings mit maximal 1241 Liter recht überschaubar.

Große Klappe: Der Kofferraum ist allerdings mit maximal 1241 Liter recht überschaubar.

(Foto: Markus Mechnich)

Die Spitze an Leistung stellt der Motor T6 dar, der aus drei Litern 304 PS zaubert und auf stolze 440 Newtonmeter verweisen kann. Dieser Antrieb ist nur in Verbindung mit Allradantrieb zu haben. Auf der Diesel-Seite stehen zwei Fünfzylinder mit zwei (D3) und 2,4 Liter Hubraum (D5). Der kleinere leistet 163, der größere 203 PS. Der D3 ist eine ebenfalls eine Neuentwicklung. Im kommenden Frühjahr soll das Motorenangebot noch um eine DRIVE-Variante auf Basis des kleineren Diesels ergänzt werden, die mit ihren 115 PS nur 4,3 Liter Sprit konsumieren soll.

Starker Motor, schwierige Automatik

Für erste Testfahrten standen der 180-PS-Benziner und der kleine Diesel zur Verfügung. Der Benziner zeigte sich dabei mit seiner Leistung sehr gut motorisiert. Allerdings bereitete das Automatik-Getriebe namens Geartronic noch so einige Probleme. Nicht nachvollziehbare Schaltvorgänge oder ausbleibendes Schalten dämpften die sonst durchaus vorhandene Fahrfreude mit dem spritzigen Antrieb. Volvo verspricht Nachbesserung bis zum Verkaufsstart Mitte November. Das Fahrwerk hingegen konnte überzeugen und genügt den dynamischen Ansprüchen des Schweden-Kombis.

Das Cockpit und die Mittelkonsole zeigen sich optisch ansprechend und aufgeräumt.

Das Cockpit und die Mittelkonsole zeigen sich optisch ansprechend und aufgeräumt.

(Foto: Markus Mechnich)

Preislich liegt der Einstieg beim Volvo V60 bei 28.000 Euro für den kleinsten Benziner. Das sind lediglich 1000 Euro Aufpreis gegenüber dem Benziner S60, was ein ganz ordentliches Angebot im Vergleich zur Konkurrenz ist. Der günstigste Diesel liegt bei einem Basispreis von 32.650 Euro und das Spitzenmodell kostet mindestens 50.100 Euro. Neben den bekannten Ausstattungslinien bietet Volvo noch ein Sicherheitspaket an, die bewährten Systeme BLIS (Toter-Winkel-Assistent), Driver Alert (Müdigkeitswarner) und ein Abstandsregelsystem mit Fußgängererkennung für 1950 Euro. Das preisgekrönte City-Safety, das bis 30 km/h einen Auffahrunfall vermeiden kann, ist serienmäßig an Bord.

Schönling mit Kompromissen

Alles in allem hinterließ der Volvo V60 beim ersten Kennenlernen einen guten Eindruck. Die äußere Form ist sehr ansprechend und der Innenraum gefällt ebenso. Problematisch ist hier nur das für einen Kombi doch sehr geringe Platzangebot. Auf der Motorenseite gibt es reichlich Auswahl, aber beim Automatikgetriebe bedarf es auf jeden Fall noch einer Feinjustierung.

Der Volvo V60 ist jedenfalls ein schönes Angebot, auch wenn er nicht in allen Belangen überzeugen kann.

Der Volvo V60 ist jedenfalls ein schönes Angebot, auch wenn er nicht in allen Belangen überzeugen kann.

(Foto: Markus Mechnich)

In der Summe aber bietet Volvo seinen einen sehr schmucken und preislich moderat angesiedelten Kombi, der durchaus in der Lage sein dürfte, den ein oder anderen Kunden von der Konkurrenz wegzulocken. Gestandene Volvo-Kunden werden zwar wohl immer noch lieber zum bewährten, aber deutlich teureren V70 oder zum kleinen Bruder, dem V50 greifen. Die Dynamiker unter den Mittelklassefahrern dürfte aber durchaus mal beim Volvo-Händler einen Blick riskieren.

Quelle: ntv.de

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