Praxistest

Mit Laguna GT in die Kurve Agil auf allen vieren

Wenn jemand auf allen vieren unterwegs ist, deutet das selten auf besondere Agilität und Beweglichkeit hin. Bei Autos ist das anders. Nicht nur, dass sie möglichst permanent alle viere auf dem Boden haben sollten, der Antrieb aller Räder verspricht auch noch ein Plus an Haftung und Sicherheit. Renault setzt noch einen drauf: Beim neuen Laguna GT wird zusätzlich mit allen vier Rädern gelenkt.

Die Idee, damit einen Zuwachs an Wendigkeit und Fahrstabilität zu erzielen, hatten freilich schon andere, und das lange vor dem französischen Hersteller. Das Honda-Modell Prelude gilt als weltweit erster Großserien-Pkw, der über vier lenkbare Räder verfügte. Gut 20 Jahre ist das her, später versuchten sich auch andere japanische Marken wie Mitsubishi (mit dem Spotcoupé 3000 GT), Mazda (mit dem Mittelklässler 626) und Nissan (mit dem 300 ZX) an dieser Technik.

Zwischen 1992 und 1996 stattete BMW als einziger deutscher Hersteller eine Modellreihe mit diesem Zusatzangebot aus. Die sogenannte "aktive Hinterachs Kinematik" (AHK) war zum Beispiel in dem Luxuscoupé 850 CSi serienmäßig.

Verbesserte Steuerungselektronik

Um Aktivität geht es jetzt auch beim Laguna. "Active Drive"-Fahrwerk nennt Renault die Technik, die der alten Idee zu neuer Popularität verhelfen soll. Dass andere Marken selbst bald wieder von der Allradlenkung abließen, ficht den verantwortlichen Programm-Manager des Herstellers nicht an. So wie neue Techniken wie mitlenkende Scheinwerfer aufkamen und vorübergehend wieder verschwanden, so brauche jede Technik ihre Zeit, sagt Frédéric Boret. Dank der heute reiferen Regelelektronik sei der Aufwand besser vertretbar und der Nutzen groß.

Renault bezieht das System von einem Zulieferer aus Japan. Es sei aber, so der deutsche Marketingchef Marc Osseux, "eine reine Eigen-Entwicklung". Die Hinterräder des Laguna GT sind dazu mit einer durchgehenden Lenkstange verbunden, die sich elektrisch nach links oder rechts schieben lassen. So können die Räder bis jeweils 3,5 Grad aus der Mittellage bewegt werden. Steuertechnik und Bewegungsmechanik wiegen zusammen 19 Kilogramm.

Der Effekt ist verblüffend. Schon bislang war der Laguna GT ein Auto, das keinen Anspruch auf das Label "typisch französisch" erheben konnte. Mit straffem Fahrwerk und ebensolchen Polstern, mit kräftigen Motoren und griffigem Handling zählt er zu den fahraktivsten Erzeugnissen aus Frankreich. Daran hat sich nichts geändert. Die Allradlenkung steigert jedoch diesen Eindruck, denn die gesteigerten dynamischen Qualitäten kann man sowohl beim Rangieren in der Stadt als auch beim zügigen Kurven im Gebirge spüren.

Die Wendigkeit beim Ein- und Ausparken oder in engen Gassen kommt dadurch zustande, dass die Räder an der Hinterachse unterhalb von 60 km/h entgegen dem Einschlagwinkel der Vorderräder angestellt werden. Sichtbar wird der Effekt durch einen um mehr als einen Meter reduzierten Wendekreis des GT gegenüber dem normalen Laguna. Bei schnellerer Fahrt steuern die Hinterräder in dieselbe Richtung wie die Vorderräder. Dadurch wirken sie der Fliehkraft entgegen, die sonst das Heck des Autos zum Kurvenaußenrand zieht.

Die Metapher "wie auf Schienen" zu fahren ist leider schon viel zu oft bemüht worden, als dass sie zur Beschreibung der Laguna-GT-Eigenschaften herangezogen werden sollte. Tatsache ist aber, dass der vom Fahrer durch Armbewegung initiierte Lenkbefehl unmittelbar und direkt durch das Fahrzeug umgesetzt wird.

Durchtrainierter, energieintensiver Auftritt

Exzellente Spurtreue bei Ausweichmanövern, aber auch angenehme Fahrstabilität in Kurvenkombinationen sind die Folge. Die Motoren des Laguna GT tun ein Übriges, die Vorteile der Allradlenkung auszukosten. 204 PS in der Benzin- und 178 PS in der Dieselversion sorgen ausreichend für Temperament. Beides sind turbo-aufgeladene Aggregate mit zwei Litern Hubraum. Deren Durchzugkraft mit 300 Newtonmetern bzw. 400 im Diesel ist so enorm, dass das erhöhte Fahrvergnügen den gelegentlichen Blick auf die Verbrauchsanzeige vergessen lässt. Dort müsste man zerknirscht feststellen, dass bei Ausnutzung des Spaßpotenzials die Normwerte von 6,7 Liter für den Selbstzünder und 8,6 Liter für den Ottomotor schnell mal um zwei bis drei Liter überschritten werden.

Wer das in Kauf nimmt, findet Freude am Laguna GT, zumal es der passende Renault für Leute ist, denen alles Französische bisher zu weich und sänftenartig vorkam. In den Händen das wulstige, nach unten abgeflachte Lederlenkrad, sucht der Fahrer nach Halt gegen die zu erwartende Querbeschleunigung. Er findet ihn, denn das durchtrainierte Fahrwerk hat im Innenraum seine Ergänzung in bequemen Sitzen mit seitenstabilen Polstern.

Manchem mag die Sitzfläche etwas schmal vorkommen, die Seiten- und Schulterbereiche bieten genügend Platz. Die übrige Ausstattung folgt der sportlichen Attitüde, die blanken Aluminium-Pedale sind gelocht und exklusiv dem GT-Modell vorbehalten. Das gilt auch für den Schaltknauf, der chromglänzend den optischen Akzent auf der Mittelkonsole setzt. Das Sechsganggetriebe zeichnet sich durch knackiges Schaltgefühl und kurze Wege aus. Eine Automatik bietet der Hersteller nicht an. Dagegen sprechen die zu erwartenden geringen Stückzahlen Renault geht von fünf bis acht Prozent Anteil am Baureihen-Volumen aus und der wenig sportliche Charakter der in den anderen Lagunas verbauten Fünfgang-Automatik.

Dezent verchromt

Zurückhaltend sind die Veränderungen, die den Laguna zum GT machen. Ein schwarzer Gittergrill und schwarze Außenspiegel mit integrierten Blinkern sowie verchromte Endrohre überfordern auf Dezenz bedachte Kunden nicht, sondern sorgen für Abgrenzung zu weniger sportlichen Modellen.

In dem Grundpreis von 30.500 Euro für die Benzin-Version sind außer 18-Zoll-Alufelgen, Leder-Alcantara-Polsterung und elektrisch verstellbaren Vordersitzen auch noch Xenon-Scheinwerfer nebst Kurvenlicht und ein CD-Radio enthalten. Ein Vergleich mit der rund 2000 Euro preisgünstigeren "Dynamique"-Ausstattung der Normal-Limousine ist nur bedingt tauglich, weil der dort eingebaute Zweiliter-Turbo lediglich 170 PS bereitstellt. Die blaue Lackierung gibt es nur für den GT.

Quelle: ntv.de

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