Praxistest

Audi Q7 V12 TDI Bärenstark und einzigartig

Ein Zucken fährt durch die gewaltige Karosse, der Anlasser hat das Sechsliter-Kraftwerk geweckt. Das mehr als 300 Kilo schwere Aggregat faucht kurz auf, um anschließend in bedrohlich klingendes Grollen zu verfallen. Kein Zweifel, hier ist die automobile Urgewalt am Werk.

Audi habe mit dem Q7 V12 TDI "den Mut zu einem faszinierenden Nischenmodell bewiesen", sagt Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler. "Wir hätten ihn nicht bauen müssen, aber es ist halt ein Statement", sagt einer seiner Mitarbeiter. Das Projekt war einfach zu weit gediehen, als das es zu vertretbaren Kosten noch hätte eingestellt werden können, lautet eine These, für die eine offizielle Bestätigung nicht zu haben ist. So oder so: Der Diesel-Riese ist einzigartig, ungefähr so selten wie ein überlebender Dinosaurier nach dem großen Meteoriteneinschlag.

Ungereimtheiten Mangelware

Für die stolze Summe von 130.600 Euro bekommt der Kunde mehr als 2600 Kilo Luxusauto und ein Leistungspotenzial, für das es kein Vorbild gibt: 500 PS, 1000 Newtonmeter Drehmoment, dazu ein Beschleunigungsvermögen, das mancher halb so schwere Sportwagen gerne hätte. Unwiderstehlich im Antritt, souverän in der Kraftentfaltung, auf Wunsch auch leise und bequem - die Vorzüge des neuen Autos sind schwer zu bestreiten. Der großzügige Innenraum verströmt die bekannte Audi-Wohlfühlatmosphäre und man muss lange suchen, um auf Ungereimtheiten zu stoßen. Eine davon ist die schicke, aber unpraktische Alueinfassung der äußeren Lüftungsklappen. Der edle Glanz führt zu Reflexionen in der Seitenscheiben, was beim Blick in den Außenspiegel als störend empfunden werden kann.

Doch seine Einzigartigkeit macht den Q7 V12 TDI auch einsam. BMW und Mercedes haben dem Wettrüsten unter den Selbstzünder-Geländewagen bereits eine Absage erteilt. Sie werden für ihre aktuellen V8-Dieselaggregate keine Nachfolger konstruieren.

Motor zu groß für den A8

Einsam wird es für den Zwölfender auch in der Audi-Modellfamilie. In die aktuelle Luxuslimousine A8 passt der Motor nicht hinein, ob dem R8 V12-Prototypen eine Serienfertigung folgt, ist nicht entschieden. Allenfalls die nächste A8-Generation könnte auf eine Verwendung des mit dem Le-Mans-Siegermotor eng verwandten Triebwerks hin konstruiert werden. Wo Dieselpreis und Klimadiskussion angekommen sind, wenn ein neuer A8 fällig ist, steht dahin.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Q7 den Audi-Verantwortlichen schon mit den bisher verfügbaren Motorisierungen nur noch wenig Grund zur Freude bietet. In den USA ging der Absatz der großen SUV dramatisch zurück. In Deutschland ist der Schwund zwar nicht alarmierend, doch liegt Audi mit den Neuzulassungen auch hierzulande knapp zehn Prozent hinter den Halbjahresergebnissen von 2007. In den Vereinigten Staaten soll das Auto vorerst gar nicht angeboten werden, was nicht weiter verwundert, denn mit der jetzt präsentierten Motorabstimmung sind die US-Abgasnormen nicht zu erfüllen.

"Russland und Osteuropa, aber auch Westeuropa" nennt Rupert Stadler deshalb als Markt für das Dickschiff. Eine Debatte um Stickoxide findet in Russland allenfalls im Chemie-Unterricht der Oberstufe statt, weshalb der Q7 V12 TDI dort mit Rücksicht auf die schwankende Kraftstoffqualität auch ohne seine beiden Partikelfilter an den Start geht. "Mit dem Auto zeigen wir Kompetenz und Technologieführerschaft", ist Rupert Stadler überzeugt.

Optimismus für den US-Markt

Und das Diesel-Projekt für Amerika hat der Audi-Vormann keinesfalls schon ad acta gelegt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass der Markt sich dort verändert", wiederholt er auf Befragen seine bekannte Position. "Die Amerikaner wollen zwei Dinge: Drehmoment und High-Tech - beides haben wir zu bieten". Auf dem "Milage Marathon", einem groß angelegten Praxistest mit 23 TDI-Modellen verschiedener Baureihen quer durch die USA, will Audi vom 5. Oktober an auf 13 Tagesetappen zwischen New York und Los Angeles Stimmung für den Selbstzünder machen.

Am Rande der Präsentation des Q7 V12 TDI verriet Stadler noch eine Neuigkeit: Audi will sich mit drei Dieselsiegen beim 24-Stunden-Rennen nicht zufrieden geben. Es wird an einem komplett neuen Rennwagen gearbeitet, "nächstes Jahr in Le Mans können Sie ihn sehen", so der Audi-Chef in kleiner Runde. Bei letzten Aufeinandertreffen mit dem Hauptkonkurrenten Peugeot im August am Nürburgring waren die Audis ohne Chance auf den Sieg hinterher gefahren.

Quelle: ntv.de

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