Praxistest

Range Rover TDV 8 Bärenstarker Dieselmotor

Von Axel F. Busse

Gut, dass man sich auf manche Sachen doch noch verlassen kann: Die Erde ist rund, ein Football oval und ein Range Rover eckig. Gut auch, dass der Lord unter den Geländewagen endlich einen bullenstarken Achtzylinder-Diesel unter der Haube hat, der bisherige V6 war alles andere als von herrschaftlicher Leistungsentfaltung.

Schließlich ist der Range in der mittlerweile dritten Generation ein Hüne von 1,86 Metern Größe, ein Schwergewichtler von 2,7 Tonnen und um ihm eine gewisse Beweglichkeit zu verleihen, braucht es ein Herz, das ordentlich Drehmoment auf die vier permanent angetriebenen Räder pumpt. Nach der letzten Überarbeitung hat das Spitzenmodell der britischen Traditionsmarke auch das Fahrwerks-System Terrain Response bekommen, das die im Angebot unterhalb angesiedelten Modelle Range Rover Sport und Discovery schon längst hatten.

Der Range ist also auf der Höhe der Zeit und repräsentiert wieder das, was die erste Generation im Jahr 1970 als technisches Statement markierte: Gehobener Komfort verbunden mit uneingeschränkter Geländetauglichkeit und der Möglichkeit, im Gespannbetrieb drei Tonnen und mehr zu ziehen.

Vorbild an Laufkultur und Durchzugskraft

Der Motor entstammt einer gemeinsamen Entwicklung mit dem französischen PSA-Konzern, ist aber derzeit nur im Range Rover und im Range Rover Sport zu haben. Obwohl er mit 3,6 Litern Hubraum und 272 PS deutlich hinter den Diesel-Aggregaten rangiert, die zum Beispiel Mercedes (im GL-Modell) oder Audi (im Q7) anbieten, ist das Triebwerk den Anforderungen an Laufkultur und Durchzugskraft absolut gewachsen. Lediglich eine leichte Anfahrschwäche leistet sich der Range, dessen komfortable Auslegung die minimale Verzögerung im Vorwärtspreschen aber verzeihlich erscheinen lässt.

Unter zehn Sekunden von null auf Hundert und 200 km/h Endgeschwindigkeit sind allemal genug, um im Konzert der Großen überzeugend vernehmbare Soli zu spielen. Die elektronische Begrenzung des Höchsttempos begründet Land Rover mit der Rücksicht auf die Reifen. Ist der Range voll beladen, müssen sie nämlich die kinetische Energie von mehr als drei Tonnen sicher im Zaum halten.

Der exzellent gekapselte Motor benimmt sich so, wie in englischen Adelskreisen üblich: In vornehmer Zurückhaltung. Knapp oberhalb der Leerlaufdrehzahl liegen schon fast zwei Drittel des verfügbaren Drehmoments von maximal 640 Newtonmetern an. Es geht zügig, aber sehr kultiviert vorwärts. Die Soundtechniker haben alle Register gezogen, das Dieseltypische Nageln weitgehend zu eliminieren und stattdessen akustische Assoziationen nach Freiheit und Abenteuer zu wecken. Tatsächlich ist nach Erreichen der Betriebstemperatur vom Motor nur ein sanftes Grummeln vernehmbar, so wie man es ähnlich von den amerikanischen Small-Block-Benzinern her kennt. 12,6 Liter Testverbrauch je 100 Kilometer mögen durstig klingen, angesichts der bewegten Massen und der Windschlüpfrigkeit einer Schrankwand ist das aber mehr als moderat.

Hat der Fahrer sich erstmal auf den in gut einem Meter Höhe montierten Sessel gehievt, ist das stattliche Raumgefühl ebenso beeindruckend wie die Fülle der Annehmlichkeiten, die ihn umgeben. Lediglich die Gestaltung des Cockpits erscheint ein wenig am Nutzfahrzeug orientiert, wenngleich man einräumen muss, dass die vielen Fugen und Winkel nur die konsequente Fortsetzung des kantigen Außendesign sind. Ein bisschen mehr von dem Holz, dessen matte Oberflächen eine edle Ausstrahlung haben, hätte die Atmosphäre sicher noch aufgewertet. Für die Nüchternheit entschädigt das erhabene Gefühl, allen Premium-Limousinen mit vergleichbarem Komfort aufs Dach gucken zu können.

Das Leder der Bestuhlung ist strapazierfähig, hinten herrscht ebenso viel Platz wie vorn und die geteilt umklappbare Rückbank macht den Innenraum flexibel. Es fehlt weder an reichlich Ablagen, zwei Handschuhfächern und einer Klimaautomatik wie an Leseleuchten für die Fondpassagiere. Die schiere Größe des Ranges dokumentiert auch der Wert von mehr als zwei Kubikmetern Stauraum, den man erhält, wenn man die Rücksitze umklappt. Das sind gut 500 Liter mehr, als bei den meisten Autos, die sich Kombi nennen. Bedingt durch die hochbeinige Bauart des Geländewagens muss man aber auch in Kauf nehmen, dass die Lasten zum Verladen etwas höher gehoben werden müssen, als bei einem Kombi.

Keine Angst vor steilen Hängen

Kraft, Komfort, Platz? Da war doch noch was? Ach ja, die Kletterei. Obwohl eigentlich viel zu schade für harten Gelände-Einsatz, gibt es kaum ein Hindernis, für das der Range nicht gerüstet wäre. Das Terrain Response System verlangt vom Fahrer lediglich, die Art des Untergrundes zu erkennen und mittels Drehknopf die Antwort des Fahrwerks darauf zu wählen. Bis auf 310 Millimeter Bodenfreiheit lässt sich die Karosse hochpumpen, 50 Zentimeter tiefe Furten durchwaten. Sand oder Schlamm, die feuchte Wiese, der Geröllpfad oder der Hang von 45 Grad Steigungswinkel alles verliert seinen Schrecken.

Zugegeben, auch wenn wie von Land Rover erwartet mehr als drei Viertel der Käufer den Range mit dem TDV8-Motor ordern, wird doch nur ein winzig kleiner Teil davon die Chance nutzen, die vorbildliche Geländetauglichkeit des Fahrzeugs zu nutzen. Mag sein, dass eine natürliche Hemmschwelle besteht, ein fast 75.000 Euro teures Auto in unwirtliches Terrain zu bewegen. Es reicht ja zu wissen, dass man könnte, wenn man wollte.

Quelle: ntv.de

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