Ferienstimmung in der Nische Chevrolet Malibu wildert
28.04.2013, 09:26 Uhr
		                      Die Variante mit dem Dieselmotor dürfte in Deutschland die Mehrzahl der Verkäufe ausmachen.
(Foto: Axel F. Busse)
Schön muss man nicht unbedingt sein, will man am Strand von Malibu wohnen - aber reich. Als Pkw spricht der Malibu eher Kunden an, die viel Auto für wenig Geld suchen. Ob sie es auch finden, klärte der n-tv.de-Praxistest.
Auch die jüngsten Investitionszusagen für Opel-Produktionsstandorte ändern nicht wirklich etwas daran: Wer die deutsch-amerikanische Freundschaft fördern will, sollte sich die Geschäftspolitik von General Motors nicht zum Vorbild nehmen. Tatsache ist aber auch, dass die GM-Marke Chevrolet seit Jahren zu den in Europa am schnellsten wachsenden Pkw-Anbietern zählt. Die Mittelklasse-Limousine Malibu ist das neunte Chevy-Modell, das in Deutschland angeboten wird und es ist, wie die meisten anderen auch, ein Multikulti-Auto reinsten Wassers: Unter einem amerikanisch-selbstbewussten Karoseriedesign versteckt sich viel deutsches (Opel)-Know-how, das in Korea zusammengeschraubt wird.
  Das Heck wirkt wuchtig, dafür kann man unter der Klappe aber auch 545 Liter Gepäckraum nutzen.
(Foto: Axel F. Busse)
Mit grimmiger Miene verfolgt deshalb so mancher Opel-Entwickler, wie ein als amerikanischer Freund verkleideter Insignia im Mittelklasse-Segment zu wildern beginnt. Der Malibu ist von stattlicher Größe, länger zum Beispiel als ein Audi A5 und nur wenige Millimeter fehlen bis zu einer Mercedes E-Klasse. Und dann ist das ganze Schiff mit sehr ordentlicher Grundausstattung auch noch für unter 30.000 Euro zu haben. Außer dem Zweiliter-Diesel, der den Testwagen antreibt, hat Chevrolet auch noch einen 2,4 Liter großen Benziner im Angebot, der hierzulande aber weitgehend chancenlos sein dürfte.
Geheimfach hinterm Monitor
Wer hinterm Lenkrad Platz nimmt, sieht sich von geschmackvoller Dekoration umgeben. Richtig gemütlich wird's aber erst nächtens, dann sind die eingelegten LED-Bänder wirksam, die zum Beispiel in der Konsole die Veränderung der Audio-Lautstärke visuell nachvollziehen oder als glimmende Linie überm Handschuhfach dem unteren Teil des Armaturenbretts Kontur geben. Ebenso praktisch wie originell ist das "Geheimfach" der Mittelkonsole. Ein Tastendruck lässt den Navigationsmonitor sanft hoch gleiten und ein Versteck für Geldbörse oder Kompaktkamera wird zugänglich.
Es ist aller Ehren wert, wenn ein Hersteller ab Werk ein fest eingebautes Navigationssystem mit Touchscreen-Monitor anbietet. Wenn es aber nach dem Starten des Motors mehr als 40 Sekunden braucht, um Daten auszulesen, den aktuellen Standort des Fahrzeugs zu ermitteln und in eine Kartengrafik einzupassen, kann das die Geduld schon etwas strapazieren. Wer auf unbekanntem Terrain den Hotelparkplatz verlässt, möchte gern schneller wissen, in welche Richtung er sich bewegt. Wenn man sein Unterhaltungsprogramm während der Reise nicht aus der Konserve (USB-Anschluss serienmäßig), sondern vom Rundfunk bezieht, muss man damit rechnen, dass der Lieblingssender nach der Fortsetzung der Fahrt wieder neu eingestellt werden muss.
Seit Pkw in Effizienzklassen eingeteilt sind, ist es leichter, die Vorbildlichen von den Dreckschleudern zu trennen. Das 4,90-Meter-Schiff einer US-Marke würde man nicht unbedingt in der Effizienzklasse A suchen. Doch der Malibu mit Selbstzünder und manueller Schaltung ist dort einsortiert. Der Motor hat 160 PS und bringt 350 Newtonmeter an Durchzugskraft mit, die schon ab 1750 Umdrehungen genutzt werden können. Und tatsächlich: Beim Antritt ist der 1670 Kilo schwere Wagen recht munter, das Drehmoment reicht sogar aus, um im vierten Gang bei Leerlaufdrehzahl City-Tempo zu halten.
Großes Auto, kleiner Durst
Am oberen Ende der Tachoskala wird es etwas mühsam. Laut Datenblatt ist die gefahrene Variante mit 213 km/h zwar die schnellste im Sortiment, jedoch tut sich der Testwagen schwer, mit der Nadel in diese Region vorzustoßen. Viel angenehmer für den Fahrer ist da doch die Tatsache, dass sich der Motor trotz gelegentlicher Ausflüge in höhere Drehzahlen recht genügsam gibt. Bei einem Überlandanteil von etwa 60 Prozent zeigt der Bordcomputer am Ende 6,1 Liter je 100 Kilometer an, was für eine Limousine dieses Kalibers sehr respektabel ist - wenngleich auch einen Liter über dem EU-Normwert.
Von dem etwas robusten Motorklang einmal abgesehen - das Triebwerk stammt aus Kaiserslautern und klingt im Insignia auch nicht viel besser - gibt es für den Antrieb nur einen wirklichen Kritikpunkt: Es fehlt das Start-Stopp-System. Die Schaltempfehlung im Digitaldisplay ist zwar vorhanden, ist aber nicht so wirksam für die Verbrauchsminderung, wie eine Unterbrechung des Motorlaufs beim Ampelstopp. Reisetauglich ist der Malibu allemal, bietet er doch 545 Liter Gepäckraum. Die Taste, die das Gepäckfach öffnet ist in die dritte Bremsleuchte integriert und kann von Malibu-Anfängern leicht übersehen werden. Die Ladekante ist mit 78 Zentimetern für eine Limousine ungewöhnlich hoch.
Umfangreiches Ausstattungspaket
Entspanntes Dahingleiten, die Amerikaner nennen es "cruisen", ist mit dem Malibu eine echte Freude. Die Sessel sind bequem, nur auf der Rückbank gibt es bei Ausnutzung der vorderen Sitzschienen nicht so viel Platz, wie die Dimensionen des Autos es vermuten lassen. Die Lenkung könnte ein bisschen direkter und griffiger sein, doch zum Charakter des Autos passt die Abstimmung. Was leider wenig Freude macht, ist der Federungs- und Abrollkomfort, wenn die Strecke mal nicht topfeben ist. Eine frisch asphaltierte Piste kann diese Schwäche eine Weile kaschieren, doch wehe, es stellen sich Rillen und Fugen, Schlaglöcher und ausgebesserte Dellen ein. Dann kann es gewaltig rumpeln im Fahrwerk. Federn und Dämpfer tun dabei ganz ordentlich ihre Arbeit und die Karosserie gerät kaum in Bewegung, das laute Poltern, das bei der Testfahrt die Schläge von unten begleitete, kann jedoch das Reisevergnügen mindern, ist man in Regionen mit Reparaturstau auf den Straßen unterwegs.
Wer in dieser Hinsicht unempfindlich ist, dem wird das erstaunlich umfangreiche Ausstattungsangebot bestimmt Appetit machen. Außer dem bereits erwähnten Navi-System werden nämlich auch folgende Extras ohne Aufpreis mitgeliefert: aktive Kopfstützen, Einparkhilfe hinten, Isofix-Kindersitzbefestigungen, elektrisch verstellbare Sitze, Lederlenkrad, elektrische Fensterheber hinten, Licht- und Regensensor, Tempomat, Wegfahrsperre, Alufelgen, Klimaautomatik, Bluetooth-Schnittstelle mit Freisprecheinrichtung und Reifendruck-Kontrollanzeige. Nur die Wunschfarbe ist, sofern sie nicht weiß ist, kostenpflichtig.
Fazit: Natürlich wird sich der Malibu auf dem deutschen Markt schwer tun, denn nicht nur die Limousinen der Premium-Marken, sondern auch die Passats, Insignias und Mondeos haben einen guten Ruf. Allerdings kosten sie bei gleicher Ausstattung erheblich mehr als der Malibu und da könnte das Auto, dessen Name nach Urlaub klingt, seine Nische finden. Zum appetitlichen Anschaffungspreis kommt ein moderater Verbrauch. Da ist mancher bereit, sich mit kleinen Schwächen zu arrangieren.
| DATENBLATT | Chevrolet Malibu 2.0 Lt+ | 
| Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,87 / 1,86/ 1,47 m | 
| Radstand | 2,74 m | 
| Leergewicht (DIN) | 1670 kg | 
| Sitzplätze | 5 | 
| Ladevolumen | 545 l | 
| Maximale Zuladung | 590 kg | 
| Motor | Vierzylinder-Dieselmotor mit Abgasturbolader, 1956 ccm Hubraum | 
| Getriebe | 6-Gang manuell | 
| Leistung | 160 PS (118 kW) bei 4000 U/min | 
| Kraftstoffart | Diesel | 
| Antrieb | Vorderradantrieb | 
| Höchstgeschwindigkeit | 213 km/h | 
| max. Drehmoment | 350 Nm bei 1750 U/min | 
| Tankinhalt | 63 l | 
| Beschleunigung 0-100 km/h | 9,7 Sek | 
| Normverbrauch (Innerorts/Außerorts/ Durchschnitt) | 6,6 l / 4,2 l / 5,1 l | 
| Testverbrauch | 6,1 l | 
| CO2-Emissionen (Normverbrauch)  | 134 g/km | 
| Grundpreis | 29.990 Euro | 
| Preis des Testwagens | 30.480 Euro | 
Quelle: ntv.de