Praxistest

Klassenprimus, die Zweite Der "neue" VW Touran ist da

Von Axel F. Busse

Warum klingt in der Popmusik der Nachfolger einer Hitsingle oft genauso wie der erste Chartstürmer? Weil man ohne Not ein Erfolgsrezept nicht ändert. Genauso wie beim VW Touran. Neu soll er sein, "weltweit einzigartige" Technik soll er bieten - aber wenn er erst einmal auf der Straße ist, wird es kaum jemand sehen.

Der Kompaktvan von Volkswagen, der als Nachzügler in seine Klasse versetzt und umgehend zum Primus wurde, ist als aufgefrischte Version seit September zu bestellen. Das Phänomen Touran wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine Neuauflage erleben, nachdem die erste Fassung seit 2003 weltweit bereits 650.000 Mal an den Mann und die Frau gebracht wurde. Gefahren hat ihn allerdings noch keiner der rund 12.000 Kunden, die allein in Deutschland einen Kaufvertrag unterschrieben haben.

Die Retuschen am Nachfolger sind überschaubar. Ähnlich dem gerade vorgestellten Modell Eos V6 hat der "neue" Touran einen chromblitzenden Kühlergrill in Wappenform mit einem blitzenden Schild im unteren Bereich. Die Scheinwerfer sind neu gestaltet, sind optional mit Bi-Xenon-Licht zu haben und auch die Optik der Heckleuchten wurde den anderen aktuellen Modellen der Flotte angepasst. Der Frontstoßfänger ist nun den Auflagen des Fußgängerschutzes angepasst, was ein geringfügig verlängertes Fahrzeug mit sich bringt.

Der Fahrer behält die Aufsicht

Auf genau 4.407 Millimeter bringt es der Touran jetzt, und ab 5.800 wird es richtig interessant. So groß muss nämlich die Parklücke mindestens sein, damit die neue Zusatzausstattung "Park-Assist" zum Einsatz kommen kann. Das ist die von VW als "weltweit einzigartig" gepriesene Hilfe. Ein seitlicher Sensor tastet bei Bedarf die Lücke zwischen den längs aufgestellten Bordsteinparkern ab und lenkt den Touran anschließend selbstständig rückwärts hinein. Soweit die Theorie. In der Praxis ist der Fahrer natürlich weiterhin dafür verantwortlich, dass alles klappt und die Technik nicht etwa durch störende Gegenstände Fehlmessungen produziert, die das Manöver dann mit einem Lackaustausch am Nebenmann enden lassen. Bei den Pressevorführungen des Systems waren zumindest tadelloses Einrangieren und gefährlich nahes Anschmiegen gleichermaßen zu beobachten. Aber der Fahrer kann ja immer noch rechtzeitig bremsen.

Warum VW das System zuerst an einem Fahrzeug anbietet, das dank seiner erstklassigen Übersichtlichkeit kaum Probleme beim Einparken macht, bleibt ebenso das Geheimnis der Entwickler wie die Antwort auf die Frage, warum die Mindestgröße der Parklücke so großzügig definiert ist. Elektronische Hilfe kann man doch vor allem dann gebrauchen, wenn es wirklich eng wird. Für zusätzlich 670 Euro ist der Parkassistent jedenfalls zu haben, billiger wird's bei den Ausstattungslinien, die bereits den piependen Parksensor an Bord haben.

Geräuschvolle Dieselmotoren

Mit sieben Motorvarianten sollten die Wünsche der Kunden abgedeckt sein. Leistungsbasis ist ein 1,6-Liter großer Benziner, dazu kommt die bereits im Golf GT als "TSI" angebotene Variante des aufgeladenen 1,4-Direkteinspritzers in zwei Leistungsstärken. 170 PS leistet die stärkere Variante, die jedoch erst im nächsten Frühjahr zu haben ist. Bei der ersten Ausfahrt überzeugte dieser Motor durch ruhigen, kultivierten Lauf, Drehfreudigkeit und spontane Leistungsentfaltung. Auch der Bordcomputer verhielt sich wie vom Datenblatt vorgesehen: Beim Kurztest zeigte er einen Durchschnittsverbrauch von 7,7 Litern an.

Wer einen Dieselmotor mit 1,9 oder zwei Litern Hubraum zu bewegen das Vergnügen hat, bekommt eine Ahnung davon, warum sich VW bei der Einspritztechnik vom Pumpe-Düse-Konzept verabschieden wird. Beide Aggregate präsentierten sich im Vergleich als durchzugsstark (320 und 350 Newtonmeter) und sparsam (6,5 bzw. 6,7 Liter), jedoch verlangen sie von den Insassen zum genussvollen Reisen auch eine gewisse Lärmunempfindlichkeit. Gleichgültig, ob beim kleinen Diesel mit Direktschaltgetriebe oder beim Zweiliter-Selbstzünder mit manueller Schaltung - an die etwas robuste Geräuschkulisse beim Hochdrehen und jenseits von 3.000 Touren sollte man sich gewöhnen.

An Fahrwerk und Lenkung gibt es hingegen nichts zu kritteln. Das eine ist komfortabel und nicht zu straff für den Betrieb als Minibus, das andere ist direkt und vermittelt guten Kontakt zur Straße. Am bewährten variablen Innenraumkonzept können sich die Nutzer auch künftig erfreuen, wenn sie schnell entschlossen und bereit sind, mindestens 20.460 Euro zu investieren. So viel kostet das Einsteigermodell mit 1.4 Liter-Motor. Am anderen Ende der Skala rangiert der 170 PS starke Diesel mit der Highline-Ausstattung. Er kostet 31.850 Euro.

Quelle: ntv.de

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