Praxistest

Neue Automatik bei Range Rover Evoque als neunmalkluger Salon-Offroader

Mit etwas gößerer Bodenfreiheit ginge der Evoque noch souveräner durchs Gelände.

Mit etwas gößerer Bodenfreiheit ginge der Evoque noch souveräner durchs Gelände.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Ältere Autofahrer können sich noch an ihre 3-Gang-Automatik erinnern, inzwischen sind Fahrzeuge mit dreimal so vielen Fahrstufen unterwegs. Eines davon ist der Range Rover Evoque. Aber ist der Zugewinn an Effizienz tatsächlich so groß?

Sieben oder acht Übersetzungen in einem automatischen Getriebe sind heute schon fast die Regel. Allerdings konnten davon zunächst nur die Kunden profitieren, sie sich für ein Fahrzeug mit längs eingebauten Motor entschieden. Daher waren die Erwartungen groß, als ZF die erste Neungang-Automatik für quer zur Fahrtrichtung eingebaute Motoren präsentierte. Im Range Rover Evoque ist sie als Alternative zur Sechsgang-Handschaltung im Angebot. Für einen Aufpreis von 2350 Euro bietet sie eine deutlich breitere Spreizung der Übersetzungen als die Standard-Schaltbox.

20-Zoll-Leichtmetallfelgen kosten mindestens 1200 Euro Aufpreis.

20-Zoll-Leichtmetallfelgen kosten mindestens 1200 Euro Aufpreis.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Vom Range Rover Evoque wurden zuletzt in Deutschland fast 94 Prozent aller Kundenautos mit Dieselmotor zugelassen. Deshalb fiel auch für diesen Test die Wahl auf den 2,2-Liter-Selbstzünder, und zwar in der stärkeren Version mit 190 PS. Mit 420 Newtonmeter maximalem Drehmoment bringt er 20 Newtonmeter mehr Durchzugskraft an die vier Antriebsräder als der 150-PS-Basismotor. Laut Datenblatt des Herstellers soll sich der Wagen im kombinierten Verbrauch mit sechs Litern Diesel je 100 Kilometer zufrieden geben. Das ist für ein Allrad-SUV ein sehr ambitionierter Wert, denn einen etwa gleichen Verbrauch kann man auch für einen gut ausgestatteten Kompakten mit Ein-Achs-Antrieb veranschlagen.

Agiles Anfahren und sanftes Gleiten

Für die adäquate Zuteilung der Motorkraft möglichst viele Übersetzungen vorzusehen, ist deshalb sinnvoll, weil der Motor so für die gewünschte Geschwindigkeit leichter in dem für ihn optimalen Drehzahlbereich gehalten werden kann. Beim Anfahren wird die meiste Kraft gebraucht, also ist eine kurze Übersetzung günstig. Ist die Fuhre erst in Bewegung, kann man längere Übersetzungen wählen, weil nicht mehr so viel Leistung vonnöten ist, um das Tempo zu halten.

Mit der eng abgestuften 9-Gang-Automatik ist der Evoque etwas sparsamer geworden.

Mit der eng abgestuften 9-Gang-Automatik ist der Evoque etwas sparsamer geworden.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Angefahren wird beim Evoque SD4 mit einer Übersetzung von 4,71 : 1, was bedeutet, dass in der kürzesten Übersetzung das antreibende Zahnrad fast fünf Umdrehungen vollführt, bis der weiter leitende Zahnkranz eine volle Umdrehung erreicht. Bei der Handschaltung ist das Verhältnis im 1. Gang 3,75 : 1. Der praktische Effekt: Bei der Handschaltung muss mehr Motorkraft aufgewendet werden, um einen gleich starken Antriebsimpuls an die Räder zu leiten. Am anderen Ende der Schaltstufenskala geht es ebenfalls zugunsten der Automatik aus, denn die längste Übersetzung beträgt 0,48 : 1 (Handschaltung 0,54 : 1).

Diese Theorie der Mechanik wirkt sich in der Praxis so aus, dass die Insassen des Evoque einen kräftigen Startschub und enorme Agilität wahrnehmen. Auf der Autobahn im 9. Gang liegt die Motordrehzahl nur wenig über dem Leerlaufwert. Beschleunigungsmanöver, etwa zum Überholen, werden ebenfalls als unmittelbar und sehr spontan registriert, da die enge Abstufung des Getriebes schnelle und bedarfsgerechte Gangwechsel ermöglicht. Überdies kann der Fahrer per Lenkradpaddel eingreifen, wenn er nicht auf die Reaktion der Automatik warten will. Das alles geht sehr harmonisch und komfortabel vonstatten, so dass die Neungang-Automatik durchaus als Gewinn für den kleinen Range Rover angesehen werden kann.

Hüftspeck treibt den Verbrauch

Die Bergabfahrhilfe gehört zur serienmäßigen Ausstattung des Evoque.

Die Bergabfahrhilfe gehört zur serienmäßigen Ausstattung des Evoque.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Auch wenn der Evoque auf diesen Testfahrten die Erwartungen an eine spürbare Verbrauchsminderung nicht in dem Maße erfüllte, wie es die Herstellerangaben nahe legen, so ist doch ein Fortschritt erkennbar. Den ersten n-tv.de-Praxistest von Ende 2012 schloss der Testwagen mit einem Verbrauchswert von 9,8 Litern je 100 Kilometer ab, was 3,3 Liter über dem Normwert lag. Diesmal betrug der Praxiszuschlag nur 2,5 Liter, was in der Endabrechnung 8,5 Liter auf der gleichen Strecke bedeutete. Außer häufigem Gebrauch von elektrischen Nebenaggregaten könnte auch ein erhöhtes Gewicht des Testwagens ausschlaggebend gewesen sein. Laut Hersteller wiegt der Range Rover Evoque SD4 Automatik "je nach Ausstattung" 1685 Kilogramm. Der Testwagen brachte mit einem zu drei Vierteln gefüllten Tank und ohne Fahrer 1880 Kilogramm auf die Waage.

Auf der Kurzstrecke wie auf Überlandfahrten hinterlässt der Evoque SD4 einen soliden und unkomplizierten Eindruck. Der Federungskomfort ist kommod, gelegentliche Ausflüge ins Gelände meistert er souverän und in einer Manier, wie es sich für die Marke geziemt. Überfordern sollte man den Salon-Offroader aber nicht, denn im Unterschied zu seinen großen Brüdern gibt es keine Möglichkeit, die Bodenfreiheit zu erhöhen und so Hindernissen aus dem Weg zu gehen. Die Fahrprogramme des Allradsystems dienen lediglich dazu, optimale Traktion auf unterschiedlichen Belägen zu gewährleisten. Das Vergnügen am Steuer ließe sich noch vergrößern, wäre die Lenkung etwas feinfühliger und rückmeldefreudiger.

Reichlich Leder, gediegene Verarbeitung - so punktet der Range Rover im Innenraum.

Reichlich Leder, gediegene Verarbeitung - so punktet der Range Rover im Innenraum.

(Foto: Range Rover)

Zu den Vorzügen des Reisens im Evoque gehören zweifellos die hohe Sitzposition, das hochwertige Ambiente des komfortabel eingerichteten Innenraums und die gute Funktionalität. Zum Beispiel ist die Ladekante mit 70 Zentimetern für ein SUV nicht zu hoch, der 420 Liter große Laderaum kann auf 1445 Liter (beim 5-Türer) erweitert werden. Leider lassen sich die hinteren Sitze nicht von der Laderaumseite entriegeln, aber dafür ist die nutzbare Fläche bis zu 1,70 Meter tief. In der Ausstattungslinie Dynamic verfügt der Evoque serienmäßig über 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, verchromte Einstiegsleisten, Park Distance Control hinten, Berganfahr- und Anhängerstabilitätshilfe, Xenon-Haupt- und Nebelscheinwerfer sowie elektrische Außenspiegel mit Umfeldausleuchtung.

Billig war gestern

Empfehlenswert ist das Winterkomfortpaket für 510 Euro, das mit einem beheizbaren Lenkrad aufwartet – die Touchscreen des Zentralmonitors lässt sich nämlich mit Handschuhen nicht bedienen. Der Testwagen war zusätzlich mit Spurhalteassistent (+520 Euro), Kollisionswarner (+650 Euro), Verkehrsschilderkennung (+270 Euro), Rückfahrkamera (+420 Euro), Panoramadach (+1200 Euro) sowie einem schlüssellosen Zugangs- und Startsystem (+650 Euro) ausgestattet. 300 Euro verlangt Range Rover für den schwarzen Dachhimmel rund um das obere Panoramafenster. Ein besonderes Soundsystem und weitere Design- und Technik-Schmankerln können den Basispreis von 46.670 Euro leicht um 20.000 Euro in die Höhe treiben.

Fazit: Schick sein und vielseitig, souverän im Gelände und komfortabel auf Reisen – so hat sich der Evoque zum Bestseller der Marke entwickelt. Dank bis zu 1800 Kilo Anhängelast kommt er auch als Zufahrzeug für mittelgroße Freizeitgeräte in Betracht. Die neue Automatik ist ein Fortschritt, doch den großen Durchbruch in Sachen Effizienz bringt sie bei diesem Auto nicht. Doch die Kunden von Land-/Range Rover haben noch nie so sehr auf den Cent geschaut.

DATENBLATTRange Rover Evoque 2.2 SD4
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,37 / 1,90 / 1,64 m
Leergewicht (DIN)1880 Kg
Radstand2,66 m
Sitzplätze5
Ladevolumen420 / 1445 Liter
Maximale Zuladung665 kg
Motor4-Zylinder Turbodiesel-Motor mit 2179 ccm Hubraum
Getriebe9-Gang automatisch
Wattiefe500 mm
Böschungswinkel (v/h)25 / 33 Grad
Leistung140 kW/ 190 PS
KraftstoffartDiesel
AntriebAllrad permanent
Höchstgeschwindigkeit195 km/h
max. Drehmoment420 Nm  bei 1750 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h8,5 Sekunden
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)7,2 / 5,3 / 6,0 Liter
Testverbrauch8,5 l
Tankinhalt60 Liter
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
159 g/km
Grundpreis46.670 Euro
Preis des Testwagens65.630 Euro

Quelle: ntv.de

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