Praxistest

Opel Corsa im Praxistest Flottes Spiel auf drei Zylindern

Der Opel Corsa ist ein schnittiger Kleinwagen - ob man ihn in "Apfel Grün" fahren muss, ist einfach Geschmackssache.

Der Opel Corsa ist ein schnittiger Kleinwagen - ob man ihn in "Apfel Grün" fahren muss, ist einfach Geschmackssache.

(Foto: Holger Preiss)

Seit gut einem Jahr ist der neue Corsa mit dem Kürzel E im Handel. Und im Kampf um die Gunst der Kundschaft schlägt sich der Rüsselsheimer wie seine Vorgänger erstaunlich gut. Warum das so ist, will der n-tv.de Praxistest herausfinden.

Hinter der Heckklappe des Corsa verschwinden 280 Liter.

Hinter der Heckklappe des Corsa verschwinden 280 Liter.

(Foto: Holger Preiss)

Der Corsa ordnet sich bei Opel von der Idee zwischen dem Stadtzwerg Karl und dem stylischen Adam ein. Während der Karl das praktikable Stadtauto ist, gibt sich der Adam als sportlicher City-Flitzer. Der Corsa kann eigentlich beides. Oder doch nicht? Für den Praxistest wurde der Dreizylinder in der Ausstattungslinie "drive" zu einem Grundpreis von 16.810 Euro bestellt. Das potentere der 1,0-Liter-Aggregate leistet 115 PS und bedient von der Idee genau das, was der Corsa verkörpern soll: ein Auto, das mit seinen 4,0 Metern Länge in der Stadt flink vorankommt, mit dem man aber auch gut und gerne mal einen Ausflug an die Ostsee oder zum Starnberger See machen kann. Und tatsächlich, nach anfänglich kernigem Knurren gibt sich der Dreizylinder erstaunlich kultiviert. Sein tonaler Aufruhr beschränkt sich auf die wenigen Momente, wenn er hart am Gas geführt wird und die Fuhre in 10,3 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt.

Was das Triebwerk gar nicht mag, ist eine schaltfaule Fahrweise. Denn bereits ab knapp 2000 Umdrehungen der Kurbelwelle verlangt es nach einem niedrigeren Gang, um das maximale Drehmoment von 170 Newtonmetern bereithalten zu können. Nun ist das Schalten im Corsa keine Strafarbeit. Die Wege, die man über das manuelle Sechsganggetriebe zurücklegen muss, sind kurz und rasten sauber ein. Das gilt für den Lauf nach oben ebenso wie für den nach unten. Wobei die Kraft ausreicht, um den knapp 1200 Kilogramm schweren Corsa mit etwas Anlauf auf Tempo 180 zu bringen. Im Datenblatt sind 195 km/h angezeigt. Die zu erreichen, waren die freien Strecken auf den Autobahnen aber nicht lang genug.

Grenzbereich in die Kurve gelegt

Das Lenkrad wirkt im Corsa proportional recht groß.

Das Lenkrad wirkt im Corsa proportional recht groß.

(Foto: Holger Preiss)

An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass der Wagen bei etwa 180 km/h an seine Grenzen stößt. Im Gegensatz zum Adam, den ein Sportfahrwerk trägt, ist der Corsa sehr ausgewogen und recht komfortabel ausgelegt. Das hilft bei schlechten Wegen, wobei vor allem Fahrten über Kopfsteinpflaster ausgezeichnet ausgefedert werden, hat aber seine Tücken bei zu schnellen Kurvenfahrten. Wer sich mit zu hoher Geschwindigkeit in langgestreckte Kehren wagt, deren Belag nicht ganz eben ist, erlebt eine gewisse Unruhe des Wagens auf dem Asphalt. Nun ist der Corsa per se kein Rennwagen. Wer es in diesem Segment und mit einem Corsa darauf anlegen will neue Rundenzeiten zu erfahren, der sollte ohnehin auf den OPC setzen.

Seine wirkliche Stärke zeigt der Opel bei der alltäglichen Arbeit. Dank der Servolenkung mit neuer Geometrie und veränderter Konfiguration bleibt der Kleine sauber in der Spur und kann in der Stadt präzise ums Eck gezirkelt werden. Als störend wird der eine oder andere das proportional zum Fahrzeug recht große Lenkrad empfinden. Der Verbrauch des Dreizylinders liegt im Stadtverkehr bei ausgezeichneten 6,8 Litern, was sicher auch der Start-Stopp-Automatik geschuldet ist. Wenn der Rüsselsheimer den Ausdauerlauf antritt, genügen ihm sogar 6,4 Liter über eine Distanz von 100 Kilometer. In seinem Gepäckabteil verschwinden 285 Liter, was in dieser Klasse ein guter Wert ist.

Erstaunlich viel Raum

Die zweite Reihe lässt sich im dreitürigen Corsa nicht so leicht erklimmen, bietet aber erstaunlich viel Platz.

Die zweite Reihe lässt sich im dreitürigen Corsa nicht so leicht erklimmen, bietet aber erstaunlich viel Platz.

(Foto: Holger Preiss)

Erstaunlich ist das Platzangebot im Fond. Wer den beim Dreitürer erklommen hat, darf sich fröhlich räkeln, wobei er - normal gewachsen - nicht Gefahr läuft, sich die Knie an den Vordersitzen oder den Kopf am Wagenhimmel zu stoßen. Allerdings sollte, wer die zweite Reihe häufiger besetzen will, ernsthaft darüber nachdenken, ob es nicht eine lohnenswerte Investition ist, für knapp 800 Euro zwei zusätzliche Türen zu erwerben. Denn bei aller Gelenkigkeit: Der Ein- und Ausstieg macht so auf Dauer keinen Spaß.

Fahrer und Beifahrer können diese akrobatischen Übungen natürlich völlig egal sein. Sie besetzen in der ersten Reihe auf Wunsch Sitze, die das Gütesiegel der "Aktion gesunder Rücken" tragen. Das ist bequem und spricht erneut auch für die Langstreckenqualitäten des Corsa. Nicht so überzeugend ist der Klang der Türen beim Schließen. Der Ton ist recht blechern und widerspricht der Gesamtanmutung des Wagens. Die ist nämlich gerade im Innenraum recht wertig. Da erfreut die Armatur mit weich geschäumter Plastik, ab der Ausstattung "drive" wird das Lenkrad mit Leder überzogen und zwischen den klassisch schönen Rundinstrumenten erfreut eine monochrome Punktmatrix, die die wichtigsten Informationen wie momentaner Verbrauch, Distanz bis zum nächsten Tankstopp et cetera ins direkte Blickfeld des Fahrers rückt.

Selbst auf intelligente Assistenzsysteme muss man im Corsa nicht mehr verzichten. Wer will, kann für 580 Euro eine Einparkautomatik ordern. Im Praxistest reichten aber die Sensoren an Bug und Heck - die es im Paket mit dem Tempomat für 510 Euro gibt - durchaus aus, um den Rüsselsheimer sauber in die Lücken zu schieben. Empfehlenswerter ist hier das Paket mit Kollisionswarner, Spurhalte-Alarm und kamerabasierter Verkehrszeichen-Erkennung für 700 Euro. Auch das Xenonlicht ist – gerade in der dunklen Jahreszeit – für 750 Euro eine gute Investition. Gut investieren könnte man auch in autonome Bremsen oder einen aktiven Tempomat, aber diese Features gibt es für den Moment im Corsa noch nicht.

Gesäßröster und WLAN

Dafür gibt es im Paket mit den Parkpiepsern auch ein beheizbares Lenkrad und beheizbare Sitze. Leider gilt für beide: entweder an oder aus. In erster Position neigt die Sitzheizung dazu, die rückwärtigen Dienste binnen kürzester Zeit zu grillen statt zu wärmen. Es gilt also, die Position des Schalters auswendig zu lernen, denn das Knöpfchen wird vom Lenkrad verdeckt, so dass man schnell daneben tippen kann. Doch lösen wir uns an dieser Stelle mal vom Hinterteil und richten unsere Aufmerksamkeit auf eine Innovation, die schon im Opel Astra größtes Lob erfuhr: die Konnektivität mit OnStar. Wie beim großen Bruder ist es auch hier möglich, den Wagen zu einem rollenden Hotspot zu machen, der bis zu sieben Endgeräten Zugriff auf schnelles LTE gewährt. Wie im Astra kostet es auch hier 490 Euro extra und gilt vorerst ein Jahr.

Im Paket enthalten sind der 24-Stunden-Notfall-Service, die Diebstahlerfassung sowie die Fernsteuerung der Türen, des Lichts und der Hupe per App von jedem beliebigen Punkt der Welt, an dem man Netz hat. Wer die volle Packung von OnStar möchte, der sollte über den Kauf des IntelliLink für 300 Euro nachdenken. (Nur für die Basisversion Selection kostet es 975 Euro). Darin enthalten ist eine Radio-Einheit mit einem 7-Zoll-Touchscreen, Bluetooth-Freisprechanlage, Navigation mit BringGo-App und der Möglichkeit, über USB oder Aux-In Videos auf den Bildschirm zu übertragen. Neben den technischen Möglichkeiten modernisiert diese Investition den Innenraum kolossal. Nicht, dass das normale Radio mit bernsteinfarbener Digitalanzeige nicht alle Funktionen erfüllen würde, aber es sieht gemessen an der anderen Option doch ein wenig retro aus. Klar, dass alles auch ohne OnStar funzt. Wer also auf WLAN in einem Kleinwagen verzichten kann – und das dürfte die Masse sein – der kann hier 490 Euro sparen.

Fazit: Opel hat viel in seinen kleinen Liebling investiert. Dabei sind Dinge, die es so noch bei keinem anderen Hersteller in dieser Klasse gibt, zu bekommen. Ob das in diesem Segment gewünscht ist, wird sich zeigen. Auch, ob es unbedingt der potente Dreizylinder mit 115 PS sein muss. Der Wagen hat in vielen Belangen seine Vorzüge, aber auch seinen Preis. Nimmt man den nicht ganz neuen 1,4 Liter Turbo mit 100 PS zum Vergleich, so ist der je nach Ausstattungslinie immerhin fast 2600 Euro preiswerter. Beide Modelle in einer Probefahrt zu messen, scheint also durchaus angeraten. Auch der Vergleich mit der Wolfsburger Konkurrenz muss nicht gescheut werden. Wer sich dort in der 100 PS-Klasse umsieht, muss rund 2500 Euro mehr auf den Tisch legen. Im preissensiblen Kleinwagen-Segment durchaus eine Stange Geld.

DATENBLATTOpel Corsa 1.0 Ecotec
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,02 / 1,94 / 1,48 m
Leergewicht (DIN)1120 - 1199 kg
Ladevolumen280 - 1090 Liter
Sitzplätze5
MotorDreizylinder mit Turboaufladung und 999 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang-Handschalter
Systemleistung85 kW/ 115 PS / 5000 - 6000 U/min
KraftstoffartBenzin
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit195 km/h
max. Drehmoment170 Nm bei 1800 - 4500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h10,3 s
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km6,2 / 4,3 / 4,9 l
Testverbrauch6,8 l
Tankinhalt45 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
114 g/km
EmissionsklasseEU 6
Grundpreis16.895 Euro
Preis des Testwagens19.695 Euro

Quelle: ntv.de

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