Der Dodge Avenger Rächer der Enterbten
27.03.2007, 12:36 UhrVon Axel F. Busse
Kunstworte haben Konjunktur, wenn es um die Namensfindung für neue Automodelle geht. Dodge widersetzt sich diesem Trend. Die neue Limousine, die im dritten Quartal dieses Jahres auf den deutschen Markt kommt, heißt Avenger - zu Deutsch "Rächer". Wen will er rächen, der aggressiv gestaltete Viertürer? Vielleicht die Enterbten?
Schon möglich, denn bei einem Einstiegspreis von 21.990 Euro scheint die Anschaffung auch ohne den Nachlass der Altvorderen möglich. Die Summe ist eine Kampfansage an die ins Auge gefasste Konkurrenz vom Schlage eines Peugeot 407, Mazda 6 oder Toyota Avensis. Doch ungewöhnliches Design allein genügt nicht, es muss auch Qualität her, wenn man schon nicht auf den Wiederverkaufswert setzen kann. Eine Marke, die erst seit dem vergangenen Jahr überhaupt auf dem deutschen Markt antritt, kann auf solides Image und treuen Kundestamm nicht vertrauen.
Eine mächtige Bugwulst bestimmt die Frontpartie, typisch ist der senkrechte Fadenkreuzgrill dahinter. Die Dachlinie erinnert etwas an den Dodge Charger, ein Muscle-Car, das den Mythos Dodge prägte und jüngst wieder zum Leben erweckt wurde. Und weil der in Deutschland nicht erhältlich ist, bleibt für Fans wohl nur der Rächer.
Volkswagen liefert den Dieselmotor
Zwei Motoren gibt es zur Auswahl, jeweils zwei Liter Hubraum, einmal als Otto- und einmal als Dieselmotor. Der Selbstzünder ist eine bekannte Größe, nicht nur weil er aus dem Regal von Volkswagen stammt, sondern auch, weil er schon im Dodge Caliber zum Einsatz kommt. Nicht, dass DaimlerChrysler, der die Marke Dodge bekanntlich gehört, keine gescheiten Dieselmotoren zur Verfügung hätte - nur keine, die sich für Quereinbau und Frontantrieb eignen.
Dieses Konzept spart Platz, und weil der Avenger trotzdem 4,85 Meter lang ist, sagt das allerhand über die Dimensionen des Innenraums. Hinten hat man zum Beispiel nicht nur erstaunlich viel Beinfreiheit, sondern auch die Frisur leidet nicht unter der angeschrägten Dachkuppel. Das liegt an der tief angeordneten Sitzposition, die auch vorn eine sportlich gestreckte Note hat. Das Mobiliar ist zweckmäßig und die Sitze bieten ausreichend Seitenhalt. Dass dennoch keine echte Gemütlichkeit aufkommen mag, liegt daran, dass die Plastikoberflächen langweilig koloriert sind und auch noch billig aussehen. Das ist zwar ernüchternd, aber entschuldbar, denn wer ein bestimmtes Preisniveau nicht überschreiten will, kann auf edle Materialien nicht zurückgreifen.
Komfort für europäischen Geschmack
Zur Kraftübertragung erhalten die deutschen Kunden ein manuelles Sechsganggetriebe, mit dem sich knackig und auf kurzen Wegen die Gänge einlegen lassen. Das macht Spaß, auch wenn der Hebel etwas lang geraten ist und recht weit hinten auf der Mittelkonsole sitzt. Auch die Lenkung weiß zu Gefallen, direkt und griffig; wer da Antriebseinflüsse spüren will, muss schon kräftig Gas geben und die Kupplung springen lassen. Der Fahrkomfort ist auf europäischen Geschmack eingestellt, dieser Ami ist keine Hollywood-Schaukel.
Die vor allem im unteren Tempobereich etwas ruppige und laute Gangart gleicht der Dieselmotor durch vorbildliche Genügsamkeit aus. Man muss sich schon anstrengen, will man den Verbrauch über die Marke von sechseinhalb Litern hieven. Dabei sondert das Aggregat sogar weniger CO2 ab als der gleich große Benzinmotor. Mit einem Spurtvermögen von 10,5 Sekunden (0-100 km/h) und 200 km/h Endgeschwindigkeit gewinnt man zwar keine Rennen, kann sich aber darüber freuen, dass der 16 PS stärkere Benziner auch nicht schneller ist.
Die Ausstattung des Avenger bietet einen soliden Gegenwert für den Preis. Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Außenspiegel und Seitenscheiben, Isofix-Kindersitzbefestigungen, Tempomat und Reifendruckkontrolle gibt es ab Werk. Drei Audio-Systeme stehen zur Wahl, in jedem Falle ist ein CD-Radio an Bord. Wer will, kann den Spaß bis zu einer programmierbaren 20-GB-Festplatte treiben, die es zum Beispiel auch erlaubt, das Familienfoto statt auf dem Schreibtisch als Bildschirmschoner des Navi-Monitors zu platzieren.
Mit dem Dieselmotor kostet die neue Dodge-Limousine 2.000 Euro mehr als der Benziner. Der Partikelfilter gehört freilich nicht zum Lieferumfang, kann aber nachgerüstet werden. Mit dem Modell Caliber hat Dodge auf dem deutschen Markt einen Überraschungserfolg gelandet. Wenn der "Rächer" daran anknüpfen kann, wird der Exotenstatus der Marke womöglich bald der Vergangenheit angehören.
Quelle: ntv.de