Praxistest

Die Suche nach dem Erfolg Mégane wie einst R19?

Schnittig ist er schon geworden, der Renault Mégane.

Schnittig ist er schon geworden, der Renault Mégane.

Im Kompaktwagensegment sind die Claims abgesteckt. Am Golf kommt keiner vorbei. Doch das war nicht immer so. Mit dem Renault 19 konnten die Franzosen den Wolfsburgern für einen Augenblick den Rang ablaufen. Doch das ist lange her. Inzwischen hat sich viel getan und Renault versucht mit dem Mégane erneut Raum zu gewinnen.

Dynamisch gibt sich der Mégane auch von hinten.

Dynamisch gibt sich der Mégane auch von hinten.

(Foto: Holger Preiss)

Können Sie sich noch an den Renault 19 erinnern? Der Wagen war ein Knaller. Jedenfalls, was die Absatzzahlen betrifft. Das im Windkanal konzipierte und von Giorgio Giugiaro designte Auto rollte erstmals 1988 zu den Händlern. Der schnittige Franzose kam nach der Wende vor allen bei den Ostdeutschen rasend gut an. Die trugen wohl letztlich auch dazu bei, dass der R19 von 1990 bis 1994 das meistverkaufte Importauto in Deutschland wurde und im Osten sogar den Golf hinter sich ließ. In den Jahren 1991 und 1992 wurden fast 100.000 Fahrzeuge verkauft. Ein Ergebnis, das erst 2009 – dank der Abwrackprämie – der Skoda Fabia mit 103.000 Einheiten übertreffen konnte. Absatzzahlen, von denen Hersteller heute nur noch träumen können.

Das Design ist stimmig

Im Herbst 1995 wurde der R19 durch den Renault Mégane abgelöst. Nicht nur, dass sich der französische Staatskonzern von der Ziffer trennte, er verabschiedete sich mit dem Nachfolger auch von den exorbitanten Verkaufszahlen. Der Name Mégane stammt übrigens aus einer bereits 1988 für den R19 gefertigten Studie. Inzwischen ist er in der dritten Generation auf den Straßen unterwegs. Viel hat sich seitdem geändert. Für das Design zeichnet seit 2009 Laurens van Acker verantwortlich. Die wichtigste Neuerung für den 2012 überarbeiteten Mégane ist wohl, dass der Holländer auch die letzten Design-Eskapaden seines Vorgängers, Patrick de Quément, konsequent weggebügelt hat.

Die große digitale Tachoanzeige muss man mögen.

Die große digitale Tachoanzeige muss man mögen.

(Foto: Holger Preiss)

Eine coupéhafte Dachlinie verleiht dem Kompakten ein sportliches Äußeres. Das Ganze wird unterstützt von der ansteigenden Tornado- und Schulterlinie. Front und Heckscheinwerfer ziehen sich weit in die Kotflügel hinein. Der Mittelteil des Stoßfängers ist tiefschwarz lackiert und wird mit Chromspangen gerahmt. Am Auslauf der Motorhaube prangt die Renault-Rune. LED-Tagfahrlicht und Blinker in den Seitenspiegeln sind Serie. Der Testwagen steht auf 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, die Renault Black Sari getauft hat und die laut Hersteller einen Diamanteffekt haben. Alles wirklich sehr schick. Selbst den Türkantenschutz, den man auf Massenparkplätzen an vielen Autos heutzutage schmerzlich vermisst, haben die Franzosen nicht vergessen. Er ist kurz über den Schweller gerutscht, in Wagenfarbe lackiert und verleiht dem Mégane etwas Wuchtiges. Ergo: Beim Außendesign gibt es am kompakten Franzosen nichts auszusetzen.

Trotz eco2 kein Sparkünstler

Das Gesicht des Mégane wirkt fast fröhlich.

Das Gesicht des Mégane wirkt fast fröhlich.

(Foto: Holger Preiss)

Doch wichtiger war Renault bei der Überarbeitung ihres Kompakten, mit neuen sparsamen Motoren gegen die Konkurrenz anzurennen. Ein solches Triebwerk beseelt auch den Test-Mégane in der Sonderausstattung Bose Edition ENERGY TCe 115 Start&Stop eco2. Im Klartext: Es handelt sich um einen 1,2-Liter-Turbobenziner mit Direkteinspritzung. Der kleine Sauger leistet 115 PS und soll vor allem Kunden ansprechen, deren jährliche Fahrleistungen so gering sind, dass sich ein Selbstzünder nicht lohnt. Und tatsächlich legt sich der kleine Turbo mächtig ins Zeug. Allerdings muss der Fuß schon kräftig zutreten, um die Pferde auf die Bahn zu bringen und den Wagen in 10,9 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen.

Ohne Verkleidung bietet der 1,2-Liter-Benziner offenen Einblick in die Technik.

Ohne Verkleidung bietet der 1,2-Liter-Benziner offenen Einblick in die Technik.

(Foto: Holger Preiss)

Ab 2000 Umdrehungen geht der Kleine richtig ab. Dann ermöglichen die 190 Newtonmeter ausreichend Durchzugskraft für eine spritzige Fahrweise. Hält man sich aber an die Schaltempfehlungen, die das kleine Kraftwerk zu einem ökologischen Sparkünstler machen sollen, stellt man schnell fest, dass aus dem Renner eine lahme Ente wird. Nur mühsam quält sich das Triebwerk aus dem Drehzahlkeller nach oben. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Renault mit 185 km/h an. Ambitioniert, denn ab 160 km/h will die Tachonadel nur noch sehr gemächlich weiter. Die größte Diskrepanz tut sich aber beim Verbrauch auf. Während der Hersteller im Drittelmix 5,3 Liter auf 100 Kilometer angibt, zog der Eco-Brenner im Test ordentliche 7,9 Liter aus dem 60 Liter fassenden Tank. Selbst die gut arbeitende Start-Stopp-Automatik konnte das Ergebnis nicht nachhaltig beeinflussen. Was den Motor aber wirklich auszeichnet, ist seine absolute Laufruhe. Selbst im hohen Drehzahlbereich wirkt das Triebwerk nicht angestrengt. Das Sechsganggetriebe lässt sich sauber schalten und zeigt keine Neigung zum Hakeln, wie man es aus früheren Modellreihen kennt.

Französisches Weichbrot

Die Anordnung von Knöpfen und Tasten bleibt ein Renault-Geheimnis.

Die Anordnung von Knöpfen und Tasten bleibt ein Renault-Geheimnis.

(Foto: Holger Preiss)

Das Fahrwerk des Mégane ist komfortabel, neigt aber bei schnellen Kurvenfahrten zum Untersteuern. Dank der im Testwagen verbauten Untersteuerungskontrolle (USC) kommt es hier aber zu keinen nennenswerten Verwerfungen. Auch die Sitze, deren Design eher an Sessel aus den 1960er Jahren erinnert, sind einen Tick zu weich geraten und wie schon bei den Vorgängermodellen ist die Sitzauflage etwas zu kurz. Im Gegensatz dazu ist die Rückenlehne erfreulich straff. Im Innenraum haben die Franzosen versucht, ein wertiges Ambiente zu schaffen, Raum gibt es sowieso. Schwarze Klavierlack-Intarsien um die Lüftungsauslässe und in der Armatur sorgen für eine gefällige Optik, wobei die geschäumte Plastik etwas weicher und besser strukturiert sein könnte. Angenehm griffig ist hingegen das Lederlenkrad.

Ein ewiges Renault-Geheimnis wird die Anordnung der Bedienelemente bleiben. Nach einigem Suchen findet man den Schalter für Tempomat und Speedlimiter in der Mittelkonsole. Die Steuerung erfolgt aber über zwei Lenkradtasten, die nicht hinterleuchtet sind und im Dunkeln einiges an Tastsinn erfordern. Das Sondermodell Bose ist mit einer entsprechenden Soundanlage aufgewertet. Neun Hochleistungslautsprecher sorgen für einen entsprechenden Klang. Wer will, kann dank Bass-Booster das Chassis unter den Füßen der Reisenden in Fußsohlen kitzelnde Schwingungen versetzen.

Dröhnendes Soundvergnügen

Natürlich lässt sich die Soundmaschine via Bluetooth ansteuern, so dass neben MP3 und CD den eigenen Musikfreuden keine Grenzen gesetzt sind. Schade nur, dass das im Bose-Mégane verbaute Radio nicht mal ansatzweise der tonalen Größe folgen kann. Der Lautstärkeregler ist fummelig und die Anordnung der Tasten gewöhnungsbedürftig. Auch die hinter dem Lenkrad angebrachte Steuerung in Blockform ist nicht zeitgemäß. Zumal die Speichen des Steuerrades sie ungeschickt verdecken.

Ebenfalls im Testwagen enthalten ist ein Navi von TomTom. Über die Routenführung gibt es nichts zu klagen. Bei der Steuerung wollte Renault an die ganz Großen ran. Die Einheit sitzt hinter dem Schalthebel in der Mittelkonsole. Im Zentrum findet sich eine Art Joystick, der auch als Scroll-Rädchen fungiert. Darum herum platzieren sich die Druckschalter für eine 3D-Darstellung, die Vor- und Zurück-Navigation, Menü etc. Eine super Idee, nur warum müssen es tausend Tasten sein, die nur das Navigationssystem steuern und warum ist der Joystick so popelig? Schade, denn in Gänze sind die im Mégane angebotenen Funktionen in der Kompaktklasse ganz bestimmt kein Standard.

Außerhalb des Standards liegen auch der Licht- und Regensensor, die stark getönten Seiten- und Heckscheiben, die beheizbaren Vordersitze, der schlüssellose Zugang, die Einparkhilfe hinten, die elektrische Parkbremse und der schon erwähnte Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer. Das alles gibt es für 22.650 Euro. Wer Rückfahrkamera und Xenonlicht haben will, bekommt das für 1690 Euro zusätzlich. Auch das Gepäckabteil sucht mit 405 Litern Stauraum in der Kompaktklasse seinesgleichen.

Fazit: Renault hat viel getan, um den Mégane in die Erfolgsspur des Urgroßvaters R19 zurückzuführen. Prinzipiell scheint das auch gelungen, dennoch bleiben einige Ecken und Kanten. Wer ein Auto sucht, das viel Raum und Ausstattung zu einem relativ kleinen Preis bietet, der kann mit dem Mégane nicht viel verkehrt machen. Wer allerdings einen Spritsparmeister oder die sportliche Attitüde wünscht, der sollte ernsthaft über ein anderes Antriebsaggregat nachdenken.

DATENBLATTRenault Mégane TCe 115 eco2
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,29/ 1,80/ 1,47 m
Radstand2,64 m
Leergewicht (DIN)1280 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen405/1162 Liter
EmissionsklasseEU 5
Motor/Hubraum1,2-Liter-Turbobenziner mit Direkteinspritzung
GetriebeSechsgang-Schaltgetriebe
Leistung115 PS (85 kW) bei 4500 U/min
KraftstoffartBenzin
AntriebVoiderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit185 km/h
max. Drehmoment190 Nm ab 2000 U/min
Tankinhalt60 l
Beschleunigung 0-100 km/h10,9 s
Normverbrauch NEFTZ gesamt4,6 - 6,4 l
Testverbrauch7,9 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
119 g/km
Grundpreis22.650,00 Euro
Preis des Testwagens24.340,00 Euro

Quelle: ntv.de

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