Rumänisches Raum-Fahrzeug Dacia Dokker - Ein rumpeliger Kumpel
21.06.2013, 15:01 Uhr
Mit dem Dokker will die rumänische Renault-Tochter Dacia preisbewusste Familien, Handwerker oder Kleintransport-Unternehmer ködern.
Wer heute ein geräumiges Auto für die Urlaubsfahrt oder die Arbeit sucht, ist mit einem Hochdachkombi gut bedient. Die preiswerteste Variante in diesem Segment ist der Dacia Dokker. Doch reicht der mit Renault-Genen bestückte Billigheimer aus Rumänien wirklich in allen Belangen aus?
Als der Hochdachkombi erfunden wurde, war er eher als Nutzfahrzeug für Handwerker gedacht, die sperriges Gut in den Großstadtschluchten von A nach B bringen mussten. Bald aber stellte sich heraus, dass diese Art von Fahrzeugen, mit einer zusätzlichen Sitzreihe ausgestattet, auch Familien einige Vorteile bringt. Der Raum für Zuladung bleibt gemessen an jedem Kombi gigantisch, weil sich lichte Höhen auftun, wenn die zwei Hecktüren weit aufschwingen. Ob Kinderwagen, Roller, Fahrräder oder Reisegepäck, alles verschwindet problemlos in einem Hochdachkombi. Insofern muss auch beim Dacia Dokker nicht über den Nutzwert debattiert werden.
Die Ladefläche erstreckt sich in der Länge bis hinter die zweite Sitzreihe über 1,16 Meter und in der Breite über 1,17 Meter. Klappt man die Rückbank um, verschwinden Gegenstände von 1,57 Metern Länge problemlos im Inneren des Wagens. Auf das Volumen gerechnet, schluckt der hohe Rumäne dann auch locker 800 Liter, ohne dass einer der fünf Insassen auf seinen Platz verzichten müsste. Entfernt man die zweite Reihe, sind es sogar 3000 Liter. Für Handwerker umgerechnet bedeutet das, dass sogar eine Europalette in Längsrichtung in den Dokker passt.
Darf es etwas Komfort sein?
Mit dem Nützlichen versuchten die Rumänen, deren Dokker auf derselben Plattform sitzt wie der Renault Kangoo und der Mercedes Citan, das Angenehme zu verbinden. Etwas Komfort sollte in den Transporter einziehen, wobei man selbstverständlich, entsprechend der selbst gewählten Attitüde, versucht ist, den Preis ganz klein zu halten. Das gelingt nur bedingt. Natürlich bekommt man den Platzriesen mit kleinem Benzinmotor (85 PS) und minimaler Ausstattung schon für knapp 10.000 Euro, muss dann aber auf Annehmlichkeiten wie elektrische Fensterheber, einfache Klimaanlage, Einparkhilfe, Navi mit CD-Radio, USB- und AUX-Anschluss und 7-Zoll-TFT-Display sowie auf eine Freisprecheinrichtung und Bluetooth verzichten. Wer die Optik mit 15-Zoll-Leichtmetall-Rädern aufwerten will, zahlt auch extra.
All diese netten Kleinigkeiten in Kombination mit dem stärksten verfügbaren Diesel mit 90 PS kosten dann in der Topausstattung Laureate immerhin 15.720 Euro. Damit bleibt der Wagen aus den Karpaten aber immer noch preiswerter als die Konkurrenz. Der Konzernbruder Renault Kangoo kostet mindestens 15.190 Euro und Marktführer VW Caddy startet bei 17.332 Euro. Wobei bei den beiden die Schiebetür hinten rechts mit Ausstellfenster, umlegbarer Rücksitzbank und Tagfahrlicht im Gegensatz zum Dokker zur Serie gehören.
Bitte keine Kurvenhatz
Wer den Dokker nur für private Zwecke nutzt, muss auch ein klein wenig Handwerker sein. Denn der Franko-Rumäne versucht im Innenraum nichts vorzutäuschen, was er nicht halten kann. Die Sitze sind nicht unbequem, bieten aber in steilen Kurven bei dem sehr stark untersteuernden Dokker kaum Seitenhalt. Dank ESP wirkt der Rumäne aber auch bei der flotten Fahrt um die Kehre nicht unsicher. Allerdings sollte man sich auf das etwas undynamische Fahrverhalten und das sicherheitsbewusst regelnde Stabilitätsprogramm einstellen.
Die Passagiere auf der Rückbank erreichen ihre Plätze durch zwei große Schiebetüren. In die Polster geschmiedet, hadern sie einerseits mit dem spärlichen Sitzkomfort, genießen aber andererseits außergewöhnlich viel Platz für Kopf und Knie. Die Armatureneinheit ist die gleiche, die auch im Lodgy zu finden ist. Fein strukturiert, farblich abgesetzt, aber knochenhart, bietet sie eine annehmbare Optik, aber hat nicht mal im Ansatz einen haptischen Charme.
Was rumpelt und pumpelt in meinem Dokker?
Alle Schalter sind da, wo der Fahrer sie erwartet – vor allem der langjährige Renault-Fahrer wird keine Orientierungsschwierigkeiten haben. Außerdem sind die Plastteile ordentlich verarbeitet, können aber ein Knirschen, Knarzen und Klappern nicht vermeiden, wenn es über Kopfsteinpflaster geht. Im orchestralen Zusammenspiel mit dem unter dem Himmel verbauten Ablagefach und der ohnehin dröhnenden Kulisse eines Hochdachkombis schwillt das Geklapper hier zu einer wahren Kakophonie an.
Unterstützt wird das Rumpeln auch von der stößigen Federung an der Hinterachse. Über tiefe Querfugen hüpft der Dokker wie ein bockiges Zicklein, läuft aber dafür auf planer Strecke recht ruhig. Hier sind Abroll- und Windgeräusche einem Wagen dieser Bauart angemessen. Der 1,5-Liter-Diesel treibt, über ein präzise durch die Gassen zu führendes Fünfganggetriebe, den 1,3 Tonnen schweren Freund von Familien und Handwerkern mit seinen 90 PS in 13,6 Sekunden auf Tempo 100. Wer den Fuß lange genug auf dem Gas ruhen lässt, bringt es in der Endgeschwindigkeit immerhin auf 162 km/h.
So gesehen wird man mit dem Dokker auf der Autobahn wohl eher die rechte als die linke Spur suchen. Dauerhaft schnelle Fahrten verbieten sich aber auch deshalb, weil der sonst zwar kultivierte, aber etwas raue Diesel im hohen Drehzahlbereich recht laut und durstig wird. Dacia gibt den Verbrauch im Drittelmix mit 4,5 Litern an. Im Testzeitraum waren es 6,4 Liter. Der Dokker ist kein Dynamiker. Vielmehr gibt er den Hafenarbeiter, der seine Lasten souverän von A nach B bringt, das aber relativ gemächlich.
Fazit: Wer wenig Geld für einen guten Alltagskumpel ausgeben möchte, mit dem man neben Kind und Kegel auch noch den Zementsack transportieren kann, der ist mit dem Dacia Dokker gut beraten. Allerdings sollte man sich bereits im Vorfeld darüber klar sein, dass Komfort nicht die Stärke des Rumänen ist. Hier beschränkt man sich auf das Wesentliche und das muss dann eben auch reichen.
DATENBLATT | Dacia Dokker dCi 90 Laureate |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,36/ 1,75/ 1,81 m |
Radstand | 2,81 m |
Leergewicht (DIN) | 1280 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 800 - 3000 Liter |
Emissionsklasse | EU 5 |
Motor/Hubraum | Reihen-Vierzylinder mit 1461 ccm Hubraum und Turboaufladung |
Getriebe | 5-Gang-Handschaltgetriebe |
Leistung | 90 PS (66 kW) bei 3750 U/min |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Frontantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 162 km/h |
max. Drehmoment | 200 Nm bei 1750 U/min |
Tankinhalt | 50 l |
Beschleunigung 0-100 km/h | 13,9 s |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert) | 5,2/ 4,1/ 4,5 |
Testverbrauch | 6,4 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 118 g/km |
Grundpreis | 8900 Euro |
Preis des Testwagens | 15.720 Euro |
Quelle: ntv.de