Familienlaster mit vielen Extras Kia Carens - Eine Überraschung zu viel
14.10.2013, 11:43 Uhr
Elegant und sportlich: der Kia Carens.
(Foto: Holger Preiss)
Vans können durch ihre Praktikabilität begeistern. Doch irgendwie sind sie aus der Mode gekommen. SUVs sind auf dem besten Weg, sie abzulösen. Dabei ist die Vielfältigkeit der Familienlaster größer als die der Dickschiffe. So auch beim Kia Carens 1,6 GDI. Doch etwas stört das angenehme Gesamtbild.
Es gibt ja Leute, die haben bereits den frühen Tod der Familien-Vans prophezeit. Und tatsächlich belegt die Verkaufsstatistik, dass auch mehrköpfige Haushalte immer häufiger zu den beliebten SUVs greifen. Um den Liebhabern wuchtiger Familientransporter etwas entgegenzusetzen, müssen sich die Hersteller einiges einfallen lassen. Wie zum Beispiel Kia.
Die Südkoreaner haben ihrem Van Carens in der dritten Generation nicht nur eine neue Optik unter der Regie von Chefdesigner Peter Schreyer verpasst. Nein, sie haben auch die bei Kia schon üblichen sieben Jahre Garantie draufgepackt, eine Vielzahl praktischer Goodies in dem Auto verbaut und für insgesamt 26.740 Euro eine so umfängliche Ausstattung in den Testwagen gepackt, dass es eigentlich aussichtslos ist, etwas Gleichwertiges zu finden.
Dynamik für innen und außen
Doch der Reihe nach: Für den Carens hatte sich Schreyer vorgenommen, einen Van zu zeichnen, der sowohl elegant als auch sportlich wirkt. Beides ist gelungen. Die Front wird vom Kühlergrill mit der Tigernase geprägt. In der Seitenansicht sorgen eine weit heruntergezogene Frontscheibe und eine nach hinten abfallende Dachlinie für Dynamik. Das Heck prägen die elegant gesetzten LED-Leuchten.

Die Bedienung im Cockpit erschließt sich leicht, manch ein Schalter allerdings ist ungünstig angebracht.
(Foto: Holger Preiss)
Wer sich auf den Pilotensitz schwingt, wird von einem bequem ausgeformten Sitz mit exzellenter Oberschenkelauflage empfangen, der den Fahrer in eine angenehm hohe Position über den anderen Verkehrsteilnehmern thronen lässt und ihn auf Augenhöhe zu den SUVs bringt. Die Armatur ist tief positioniert und kühn geschwungen. Die Anordnung der Schalter und Drehsteller erschließt sich ohne Studium des Handbuchs und das mit Nappa bespannte Lenkrad liegt ausgesprochen satt in den Händen.
Lediglich die Vielzahl der Knöpfe am Volant ist etwas üppig. Vor allem die an der unteren Speiche befindlichen Tasten für das über Bluetooth zu koppelnde Telefon und die Sprachsteuerung sind unglücklich angebracht. Wer hier lässig das Lenkrad greift, um den Carens ums Eck zu kurbeln, der kann schon mal unabsichtlich Schalter touchieren, die er eigentlich gar nicht bedienen wollte. Hier wäre weniger mehr gewesen. Auffällig ist bei allen Handgriffen im Carens die ausgesprochen angenehme Haptik. Weich geschäumte Plastik dominiert die Armatur, wobei insgesamt auf billigen Klapperkunststoff verzichtet wurde, was auch der Anmutung des Kia etwas Wertiges gibt und das Wohlbefinden der Insassen deutlich erhöht.
Ohne Platzmangel
Auch an Platz mangelt es im Koreaner nicht. Zwar ist der 4,53 Meter lange Carens kürzer als sein Vorgänger, bietet aber deutlich mehr Raum. Das ist vor allem dem verlängerten Radstand von 2,75 Meter geschuldet. Die zweite Sitzreihe besteht aus drei Einzelsitzen, die sich separat in Längsrichtung verschieben oder auch umklappen lassen. Auch die Rückenlehnen können einzeln im Neigungswinkel verstellt werden. Um kleinen Geistern lange Fahrten erträglich zu machen, gibt es ab der Ausstattungslinie Vision auch Klapptische an den Rückenlehnen der Vordersitze.
Absolut praktisch sind die zwei Unterflurfächer im Fußraum der zweiten Sitzreihe und die großen Flaschenhalter in den Seitenfächern aller Türen. Im Dachhimmel sind ein Brillenfach und ein Innenraumspiegel untergebracht. Wobei der Letztgenannte viel zu schmal ist und wegen seiner ungünstigen Wölbung eher den Blick auf die erste statt auf die zweite Reihe ermöglicht. Wenn auch nicht alle durchaus sinnvollen Ideen ihren Zweck erfüllen, so sind es doch die kleinen Features, die im Carens begeistern. Zum Beispiel die portable LED-Taschenlampe im Kofferraum. Fest in die Seitenwand integriert, erhellt sie von dieser Stelle aus das Gepäckabteil. Auf Knopfdruck lässt sie sich aus der Verankerung lösen und strahlt, wohin man will.
Insgesamt fasst der Gepäckraum 536 Liter. Klappen die drei Einzelsitze der zweiten Reihe um, sind es 1694 Liter Stauraum. Wer die Rücklehne des Beifahrersitzes nach vorn umklappt, kann Gegenstände von bis zu 2,15 Metern Länge im Kia verschwinden lassen. Für Ordnung sorgen im Kofferraum kleine Seitenfächer und ein doppelter Ladeboden. Das alles ist praktisch und erfreut die Fahrgemeinde des Familien-Vans.
Überraschend durstig
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Beim Testwagen liegt die dunkle Seite eindeutig in der Motorisierung. Aus einem überarbeiteten 1,6 Liter GDI werden 136 PS mobilisiert, was sich für den Moment gut anhört, es in der Praxis aber nicht ist. In 11,3 Sekunden beschleunigt der Koreaner im Zusammenspiel mit einem sauber geführten Sechsgang-Schaltgetriebe auf 100 km/h. Die Spitze liegt bei Tempo 180. Diese Geschwindigkeit wird mit anhaltendem Druck aufs Gaspedal und etwas Geduld erreicht. Doch genau dazwischen liegt das Ungemach. Auf langen Autobahnfahrten erweist sich der wunderbar leise arbeitende 1,6 GDI als ein echter Schluckspecht. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 150 km/h saugt er genüsslich bis zu 9,8 Liter Super aus dem Tank. Auch in der Stadt ist er mit 8,4 Litern im Schnitt kein Kostverächter und im Drittelmix genehmigte sich der Koreaner immer noch 7,8 Liter.
Dem großen Durst des kleinen Aggregats schafft auch die Start-Stopp-Automatik keine Abhilfe, die es ab der Ausstattungslinie Vision in Serie gibt. Und noch etwas macht den 1,6 GDI nicht zur ersten Wahl: Ist der Familienlaster wirklich mal gut beladen, wird die Fahrt in den Bergen je nach Steigungswinkel zur Qual und ist nur durch behändes Schalten zu ertragen. Wer sparsam und dennoch kraftvoll unterwegs sein will, der sollte sich entweder für den 2,0 GDI mit 166 PS entscheiden oder aber für den 1,7-Liter-Turbodiesel, der ebenfalls 136 PS generiert, aber durch sein maximalen Drehmoments von 320 Newtonmetern wesentlich kraftvoller an die Arbeit geht.
Viel hat Kia beim Fahrwerk getan. Durch die Aufhängung der Vorderräder an einem Hilfsrahmen werden Vibrationen kaum mehr in den Innenraum übertragen. Anders ist es bei einzelnen Querfugen. Die sind immer noch mehr als deutlich zu spüren. Zur Standardausstattung des Carens gehört auch die variable Servolenkung. Kia nennt sie Flex Steer und meint damit die drei unterschiedlichen Einstellungsmöglichkeiten: Comfort, Normal und Sport. Die sind gut gemeint, im Einzelnen aber nicht spürbar. Die Lenkung bleibt, egal welcher Modi gewählt wird, zu indirekt und wirkt bei schnellem Einschlag sogar etwas spitz. Dabei sind 2,7 Lenkradumdrehungen von Anschlagpunkt zu Anschlagpunkt absolut in Ordnung.
Fazit: Der Kia Carans 1,6 GDI Vision bietet für knapp 27.000 Euro eine Ausstattungsliste, wie sie bei anderen Herstellern erst jenseits der 35.000 Euro zu finden ist. Neben 17-Zoll-Leichtmetallfelgen gibt es eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Rückfahrkamera, Sitzheizung vorn und hinten, einen Parkassistenten, der den Carens parallel zur Fahrbahn in jede passende Lücke lenkt, und ein Navi, mit einem sieben Jahre währenden kostenlosen Karten-Update. Ebensolange ist die Herstellergarantie für das ganze Auto. Wer jetzt noch 2000 Euro für ein anderes Triebwerk drauflegt, muss auch nicht mehr mit der Gesamtperformance hadern.
DATENBLATT | Kia Carens 1,6 GDI Vision |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,52 / 1,80 / 1,60 m |
Leergewicht (DIN) | 1458 kg |
Zuladung | 542 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 536/1694 l |
Motor | Reihen-Vierzylinder mit 1591 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Handschalter |
Leistung | 99 kW/135 PS bei 6300 U/min |
Kraftstoffart | Super |
Antrieb | Vorderradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 185 km/h |
max. Drehmoment | 165 Nm bei 4850 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 11,3 Sek |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/Duchschnitt) | 4,5 / 3,9 / 6,4 l |
Testverbrauch | 8,7 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 159 g/km |
Effizienzklasse | C |
Grundpreis | 23.590 Euro |
Preis des Testwagens | 26.740 Euro |
Quelle: ntv.de