Ein Scout für alle Wege? Wenn der Skoda Octavia zum Pfadfinder wird
01.06.2015, 15:00 Uhr
Dank des Allradantriebs ist der Octavia Scout nicht auf befestigte Straßen angewiesen.
(Foto: Busse/Textfabrik)
Vom Billig-Anhängsel im noblen VW-Konzern hat sich die Marke Skoda längst emanzipiert. Das liegt unter anderem am Modell Octavia, dem Lieblings-Skoda der Deutschen. Doch nur rund fünf Prozent ordern ihn mit Allradantrieb. Warum, will der n-tv.de-Praxistest herausfinden.
Jeden Tag eine gute Tat ist das Motto der Pfadfinder, der Boy-Scouts. Doch der Scout ist im militärischen Sinne auch ein Späher, er geht dahin, wo andere nicht hingehen. Mit dem Octavia Scout von Skoda ist das kein Problem, sieht man einmal davon ab, das der bullig beplankte Kombi kein Geländewagen im eigentlichen Sinne ist. Aber das höhere Fahrwerk (plus 31 Millimeter gegenüber dem Normal-Kombi) eröffnet ihm mit 171 Millimeter Bodenfreiheit so manchen Weg ins Unterholz.
An Kraft mangelt es ihm nicht. Ein zugstarker Vierzylinder-Turbodiesel versorgt den Testwagen mit 184 PS. Es ist der Zweiliter-Konzernmotor, der in mehreren Marken und Modellen zum Einsatz kommt. Da er über stolze 380 Newtonmeter Drehmoment verfügt, kommt das siebengängige DSG-Getriebe als Kraftübertragung nicht in Frage, die Scout-Automatik verfügt über sechs Gänge. Sie ist gut abgestuft und bietet im fünften und sechsten Gang lange Übersetzungen für niedrigere Drehzahlen.
Optisch gibt der Scout ganz den Naturburschen. Die dunklen Beplankungen an Stoßfängern, Radhäusern und Seitenschwellern sind ein untrügliches Zeichen für einen robusten Auftritt, zum "Schlechtwegepaket" (Hersteller) gehören außer der geänderten Dämpferabstimmung noch der Triebwerk- und der Steinschlag-Unterbodenschutz. Die metallisch glänzenden Bug- und Heckschürzen deuten auf die stabilen Schutzeinrichtungen hin. Zur Serienausstattung zählt außerdem die dunkle Dachreling.
Gute Ideen für kleines Geld
Skoda wirbt mit dem Versprechen "simply clever" und manchmal sind es tatsächlich die einfachen Dinge, die Freude machen. Wahrscheinlich weniger als einen Cent kostet im Teileeinkauf der Plastikclip, der am linken Rand der Frontscheibe sitzt. Er kann einen Parkschein, einen Anwohnerausweis oder andere Berechtigungen halten, die auf Abstellflächen oft nötig sind. Der Eiskratzer hinter der Tankklappe ist auch so eine pfiffige Idee, denn was soll er bei zugefrorenen Türen im Handschuhfach? Zur Serienausstattung gehören weitere Merkmale, die mehr als ein paar Cent kosten: Dach-Haltegriffe rundum, Tempomat, getönte Scheiben, Regensensor, Brillenfach am Dachhimmel und Berganfahrhilfe.
Das bedeutet freilich nicht, dass man seinen Scout nicht mit zusätzlichem Einsatz von Barem zu einem richtig kostspieligen Auto machen könnte. Der Testwagen hatte alles in allem für nahezu 10.000 Euro Sonderausstattungen an Bord, zum Beispiel Bi-Xenon-Fahrlicht (965 Euro), Fahrerassistenzpaket (2980 Euro, es enthält auch ein Navigationssystem), Leder-/Alcantara-Polster (1510 Euro), Parkassistent (570 Euro) und ein Canton-Soundsystem (470 Euro). Proaktiver Insassenschutz sollte eigentlich inklusive sein, hier kostet er 140 Euro Aufpreis. Gäbe es ihn zu kaufen, würde sich mancher Besitzer vielleicht noch einen Gasdruckdämpfer für die Motorhaube gönnen, der angesichts des solide gedämmten und deshalb schweren Deckels hilfreich wäre.
Die guten Taten dieses Scouts sind zunächst in der aufgeräumten Inneneinrichtung und der guten Verarbeitung zu sehen, lediglich die aus Hartplastik geformten Türgriffe wollen nicht so recht in die wohnliche Atmosphäre passen. Vielseitig ist der große Gepäckraum nutzbar, mit bis zu 1710 Litern Volumen schafft er mehr weg als die Konkurrenz. Wer den Beifahrersitz auch noch umlegt, kann Gegenstände von bis zu 2,90 Metern Länge auf der leider nicht ganz ebenen Fläche verstauen. Die Ladekante ist mit 65 Zentimetern angenehm niedrig, die Klappe schwingt so weit auf, dass versehentliche Kopfnüsse nur bei Basketballspielern zu befürchten sind. Die Passagiere auf der Rückbank freuen sich über eine in dieser Klasse nicht immer selbstverständliche Beinfreiheit.
Man gibt sich grün
Den Vierzylinder am Morgen zu wecken, führt nur beim ersten Mal zu Irritationen. Dann hat man sich daran gewöhnt, dass nach dem Druck auf den Startknopf einige Sekunden lang gar nichts geschieht. Bei Dieseln ist diese Verzögerung nicht ungewöhnlich, mancher erinnert sich noch an das leidige Vorglühen früherer Diesel-Generationen. Dann aber schnurrt der Zweiliter-Selbstzünder los und man entdeckt, dass der Innenraum gut abgedämmt ist. Die Gasannahme erfolgt verzögerungsfrei, der Motor dreht kultiviert hoch und das Getriebe portioniert bedarfsgerecht, so dass auch spontane Beschleunigungswünsche effektiv und schnell umgesetzt werden. Mit einer Anhängelast von maximal 1800 Kilogramm ist der Scout gut genug aufgestellt, um einen Pferdeanhänger von der nassen Koppel zu ziehen.
Lenkung und Federungskomfort lassen keine Wünsche offen. Obwohl die Dämpferabstimmung für etwaige Ausflüge jenseits der Straße etwas robuster ausgeführt ist. Skoda nutzt für den Octavia mit der Mehrlenker-Hinterachse ebenfalls ein bewährtes Bauteil aus dem Konzernregal. Der Scout führt den Beinamen "Green Tec" in der Modellbezeichnung, was als Hinweis auf die serienmäßige Start-Stopp-Automatik anzusehen ist. Sie konnte allerdings auch nicht verhindern, dass der Verbrauchswert im Praxistest 1,1 Liter über der Herstellerangabe lag. Rund 70 Prozent Langstreckenanteil bei diesen Testfahrten konnten den Diesel-Konsum nicht unter 6,2 Liter/100 km drücken.
Fazit: Skoda-Fahrer sind oft pragmatisch veranlagt, prüfen sorgfältig Preis und Leistung, rechnen spitz und suchen Vielseitigkeit. Beim Octavia Scout finden sie viele gute Eigenschaften versammelt, obendrauf gibt es den Allradantrieb, der den Aktionsradius ins unbefestigte Terrain vergrößert. Emotionales Design ist vielen Kunden ebenso unwichtig wie überragende Fahrleistungen. Statt Eleganz kaufen sie Nüchternheit und fahren gut damit. Verzichten müssen sie auf nichts, jedoch sind Sonderwünsche bei Skoda inzwischen ebenso in harter Währung zu bezahlen wie anderswo.
DATENBLATT | Skoda Octavia Scout 4x4 |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,69 / 1,81 / 1,53 m |
Radstand | 2,68 m |
Leergewicht (DIN) | 1559 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen normal / maximal (Rückbank und mittlere Sitze raus) | 610 / 1710 l |
Anhängelast | 1800 Kilogramm max. |
Maximale Zuladung | 645 kg |
Motor | 4-Zylinder-Turbodiesel mit 1968 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Doppelkupplungsgetriebe |
Systemleistung | 135 kW/184 PS |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 219 km/h |
max. Drehmoment | 380 Nm bei 1750 - 3000 U/Min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 7,8 Sek |
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km | 5,8 / 4,6 / 5,1 l |
Testverbrauch | 6,2 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 134 g/km |
Emissionsklasse | EU 6 |
Grundpreis | 32.650 Euro |
Preis des Testwagens | 42.155 Euro |
Quelle: ntv.de