Leben

In Schönheit sterben? Was Mode alles kann

An manche Dinge in der Mode muss man sich einfach nur gewöhnen.

An manche Dinge in der Mode muss man sich einfach nur gewöhnen.

(Foto: dpa)

Vier Menschen, ein Gesprächsthema: Mode. Aber jeder geht anders an diese vielfältigste Sache der Welt heran. n-tv.de trifft Modemacher Guido Maria Kretschmer, den Mann, dem die Frauen vertrauen. Eva Padberg, das Model, das vor allem Musikerin ist. Alexandra Maria Lara, die Schauspielerin, deren Nachbarn bemerken, dass sie besonders schön angezogen ist, denn sie liebt sonst Jeans und T-Shirt. Und Lena Hoschek, die Designerin aus Österreich, die jedes Jahr mit Garantie eine der schönsten Laufstegshows und die fröhlichste Mode präsentiert.

n-tv.de: Sind Sie noch immer aufgeregt, Herr Kretschmer?

Guido Maria Kretschmer: Nein, ich freue mich immer auf meine Show. Dann kann man eh nichts mehr ändern und die Models sind dran (lacht). Ich komme nur zum Schluss einmal winken.

Und dann?

Dann habe ich am nächsten Tag immer ein bisschen das Problem, dass ich in ein Loch falle. "War das gut, ist alles gelaufen?" Ich zweifele dann immer. Aber das ist kein Drama.

Tragbares bei Guido Maria Kretschmer.

Tragbares bei Guido Maria Kretschmer.

(Foto: imago/Pacific Press Agency)

Lassen Sie dann noch einmal alles Revue passieren?

Ja, schon. Ich glaube, das ist wie bei Schauspielern: Man arbeitet hart, man freut sich sehr auf die Premiere, dann wird hoffentlich alles gut angenommen, und dann - ist alles vorbei. Das ist der Tag, den ich mir am liebsten immer unbedingt ganz freihalte, wo ich zu Hause bin, lese, und da bin ich dann auch echt erschöpft. Und auch nervös.

Was passiert dann?

Es geht gleich weiter (lacht). Wenn ich mit OTTO fertig bin, dann kommt wieder die Deutsche Bahn ran, dann arbeite ich an meinen eigenen Entwürfen, und Urlaub kommt erst im August. Ach ja, und meine Mutter wird noch 80, das wird natürlich richtig gefeiert.

Was entgegnen Sie, wenn man Ihnen vorwirft, Sie seien zu kommerziell?

Ach, das war ich schon mein ganzes Leben, das nehme ich eher als Kompliment. Kommerziell zu sein heißt auch erfolgreich zu sein und dass man seine Sachen auf den Weg bekommt. Als junger Designer war es immer mein Traum, so zu leben und zu arbeiten. Und ich kann mit Stolz behaupten, dass ich von dem, was ich mache, leben kann, das kann leider nicht jeder Designer. Für mich ist es das Wichtigste, dass die Menschen meine Sachen mögen und tragen. Bei OTTO bewege ich mich in einer Preisspanne, die sich ganz normale Menschen leisten können, das ist großartig. Früher war meine Mode eher elitär. Das ist schwerer zu verkaufen. Aber ich war mein ganzes Leben als Designer unabhängig, das gibt es in Deutschland doch kaum.

Guido Maria Kretschmer und Partner Frank Mutters heiraten im September.

Guido Maria Kretschmer und Partner Frank Mutters heiraten im September.

(Foto: dpa)

Viele benötigen Sponsoren für die Umsetzung ihrer Träume …

… und ich bin frei (lacht). Das ist ein Glück. Was hätte ich davon, wenn ich elitär in einer Ecke sitzen würde und irgendwann in Schönheit sterbe? Das kann sich doch keiner leisten! Je älter ich werde, desto mehr spüre ich, dass mir das Freude macht.

Haben wir zu viele Klamotten?

Textil ist leider ein bisschen verkommen. Die Menschen haben zu viel, das stimmt. Und die Menschen vergessen, dass sie Dinge tragen, die von Menschen gemacht werden. Das schreibe ich auch in meinem Buch "Das rote Kleid": Da geht es um Textilien, die quasi laut rufen können, dass sie etwas bedeuten, dass sie wertvoll sind. Kleidung hat eine Geschichte, ist von Hand gemacht. Es gibt keine Maschine - noch nicht - wo man oben Stoff reinwirft und unten kommt etwas Fertiges raus. Wir alle haben Lieblingsteile und an vielen Dingen hängt man, man vererbt sie.

Aber die Qualität geht oftmals verloren, oder?

Ja, weil die Leute gar nicht mehr wissen, was für einen Stoff sie da zum Beispiel tragen. Wo das gute Stück herkommt. Und sie wissen auch nicht, dass man Klamotten wiederverwenden oder gar upcyceln, also aufwerten kann mit ein bisschen Eigeninitiative. Aber das ist nicht nur bei Kleidung so, das ist auch bei Möbeln so. Und in Beziehungen (lacht).

Die könnte man auch "upcyceln"?

Man lässt sich auf nichts mehr ein, den Eindruck habe ich. Es wird langweilig? Dann weg damit, etwas Neues muss her. Genauso mit Büchern: Kaum einer liest mehr, alles muss schnell gehen, wird hastig durchblättert.

Was ist für Sie das größte Glück?

Geliebt zu werden, gesund zu sein, dass man das machen kann, was man will. Dass wir in Frieden leben, denn ohne Frieden ist alles gar nichts.

Schauspielerin Alexandra Maria Lara und Model und Musikerin Eva Padberg treffen wir backstage bei Riani.

Alexandra Maria Lara und Eva Padberg bei Riani in der ersten Reihe.

Alexandra Maria Lara und Eva Padberg bei Riani in der ersten Reihe.

(Foto: imago/Gartner)

n-tv.de: Waren Sie schon oft Gast in der Frontrow?

Alexandra Maria Lara: Tatsächlich nicht, ich bin mit Riani übers Kostümbild in Berührung gekommen, das war einfach ein wahnsinnig schöner Stoff. Und jetzt bin ich zum ersten Mal hier, das freut mich sehr.

Eva Padberg: Bei Riani ist richtig viel dabei, was ich richtig gut finde! Die Marke hat eine große Bandbreite für verschiedene Frauentypen, das finde ich cool. Mutige Designs!

Was bedeutet "mutig sein" für Sie in der Mode?

EP: Ein bisschen unkonventionell sein, die Muster und Farben, das Material, zum Beispiel Federn, verspielt zu sein. Ich denke, dass viele Frauen ein bisschen mutig sein wollen, zumindest mit Mut zur Farbe oder zu außergewöhnliche Schnitten. Frauenmode ist lebendiger geworden.

Gehen Sie gerne shoppen?

AML: Geht so (lacht). Wenn, dann am liebsten ganz früh morgens, auf keinen Fall am Wochenende. Und ganz ehrlich - ich zieh immer wieder dieselben Sachen an. Ich bin ein Wiederholungstäter. Ich nehme gern das, was über dem Badewannenrand hängt (lacht). Wenn ich so angezogen bin wie heute, dann ist das auf jeden Fall auffällig - da gucken sogar meine Nachbarn.

Kreation des Labels Riani.

Kreation des Labels Riani.

(Foto: dpa)

Wenn man mittags schon so sexy, aber trotzdem anständig aussieht, dann muss man da schon hingucken … Das Motto der Riani Show ist dieses Mal "The American Way of Life" im Old Hollywood Style. Momentan ist es ja gar nicht so einfach mit Amerika - kann Mode da helfen? Ausgleichen? Wiedergutmachen?

AML: (lacht) Auf jeden Fall, unbedingt! Ich war gerade in Los Angeles und habe wieder gedacht, wie wunderschön es dort doch ist. Und ich glaube tatsächlich daran, dass alles im künstlerischen Bereich dafür sorgen kann, ein besseres Bild zu vermitteln, wenn es nötig ist. Sei es Film, Musik oder Mode. 

Eva Padberg: (lacht) Das wäre schön, wenn die Mode das könnte! Wir müssen zeigen, dass Amerika liebenswert ist, das finde ich schon, ja! Und den Ansatz haben viel Schauspieler ja auch, dass es da mehr gibt als Verbitterung und diesen - ich sage mal, ein bisschen "hängen gebliebenen" Amerikaner da im Weißen Haus, da muss man offen bleiben! Man darf doch nie alle verteufeln, nur weil einer doof ist.

Sie haben beide gut zu tun …

AML: … zum Glück (lacht) ….

… bei Amazon läuft die zweite Staffel "You Are Wanted" …

AML: ... ja, Matthias (Anm.: Schweighöfer) hat zwar noch gar nichts von einer dritten Staffel erzählt (lacht). Aber ich kann mir gut vorstellen, dass wir da weitermachen werden.

Sehen wir Sie bald wieder im Kino?

AML: Ja, nächstes Jahr. Ich habe gerade mit meinem Mann (Anm.: Sam Riley) gedreht. Wir lieben es, zusammen zu drehen (lacht). Dieses Mal spielen wir auch noch ein Pärchen. Dann drehe ich jetzt einen Kinderfilm. Ich kann mich wirklich nicht beklagen!

Sie sind bald wieder auf Tour, Frau Padberg …

EP: Ja, erstmal Festivals und die Aftershow-Party von CSD! Das wird sicher sehr lustig. Aber mein Mann tritt auch oft ohne mich auf.

Riani bei der Fashion Week.

Riani bei der Fashion Week.

(Foto: imago/Pacific Press Agency)

Mehr Model oder mehr Musikerin?

EP: Immer noch sehr gemischt. Ich habe ja auch eine Interieur-Collection, viele Überschneidungen, und ich mag das auch, mich nicht entscheiden zu müssen.

Frau Lara, Sie sind Mutter, welche Rolle spielt Kleidung da im Alltag? Zwischen Spielplatz und Kinopremiere?

AML: Ich bewundere andere Frauen wirklich, wenn es sie es noch schaffen, sich irgendwie zu stylen, obwohl sie Kinder haben. Ich gehöre leider zur Jeans- und T-Shirt-Fraktion.

Was meinen Sie, warum das so ist?

AML: Ich denke, es liegt an meinem Beruf, da muss ich mich so oft verkleiden, dass ich privat lieber natürlich bleiben möchte.

EP: Ich denke, dass wir alle ja in verschieden Rollen schlüpfen. Mal im Sommerkleidchen, mal im Kostüm, mal strenger, mal lustig und nicht so ernsthaft, das ist schon toll, dass es so eine große Bandbreite gibt. Ich kleide mich auch immer ein bisschen nach der Umgebung, in der ich mich befinde. Das macht doch Spaß!

Haben Sie eine "Uniform", wenn Sie einfach mal so vor die Tür gehen, ohne Anlass?

EP: Das waren früher Jeans und T-Shirt. Aber inzwischen habe ich ein echtes Faible für Röcke und weite Hosen. Und ich besitze unglaublich viele Shirts, aber nie das richtige (lacht). Für den Sommer liebe ich Hippiekleider, weit und lässig.

Wenn Sie Musik machen, was tragen Sie da?

EP: Es hängt immer davon ab, wo und wann wir spielen. Nachts sind es Turnschuhe, Skinny Jeans und ein Glitzer- oder Tanktop. Aber tagsüber auch mal einen Kimono, oder etwas, das zur Location und zum Anlass passt. Aber fast immer flache Schuhe!

Lena Hoschek gibt gerade Anweisungen, wie die Models gucken sollen, als wir sie zum Interview treffen. Sie möchte nicht "zu viel Grinsen", aber auch keine Trauerklöße. Aber erst einmal reden wir über Stoff: über Viskose zum Beispiel, die auf dem Vormarsch ist.

Vitamine! Lecker und lustig - wenn man sie wie Lena Hoschek interpretiert.

Vitamine! Lecker und lustig - wenn man sie wie Lena Hoschek interpretiert.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Lena Hoschek: Ich liebe Viskose, das ist so herrlich leicht auf der Haut.

n-tv.de: Ich habe bei Ihnen eben aber auch einen ungewöhnlichen Stoff auf dem Bügel gesehen, Chiffon?

Nein, das war Taft. Das ist auch so ein "buh"-Material aus den Neunzigern. Aber man kann damit so genial arbeiten. Das ist so ein Material, das ganz von allein steht und hält. Für meinen einen Rock, den mit der Schleppe, habe ich kilometerweise Stoff verbraucht.

Wo kamen die Ideen für die diesjährige Kollektion her?

Zuallererst aus dem unerschöpflichen Musikpool, den die portugiesische und brasilianische Musik so bietet. Aber auch einfach alle Länder, wo Obst herkommt (lacht). Ich mag es ja direkt, auch bei Einkauf, deshalb gibt es auch einen Apfelprint aus meiner steirischen Heimat.

Lena Hoschek schwelgt in Stoff.

Lena Hoschek schwelgt in Stoff.

(Foto: imago/Pacific Press Agency)

Frisches Obst ist sicher wichtig für Sie?

Oh ja, unbedingt, ich liebe es auf den Markt zu gehen, die Farben, der Geruch. Wenn der Tag mit frischen Früchten startet, dann fängt er schon mal gut an, oder?

Ja, und wenn man das Obst dann noch auf der Kleidung hat …

Mein Obst- und Gemüsehändler in Wien ist für mich wie eine Boutique - so schön ist es da, traumhaft. Und die Qualität ist auch großartig. Ich habe mich letztes Jahr während meiner Schwangerschaft auch fast nur von Obst ernährt.  

Mode von Lena Hoschek bedeutet Lebensfreude, dazu gehört das Essen.

Ja natürlich, das ist mir ganz wichtig.  

Die Models sind aber alle ganz schön dünn. Und der andere Trend ist dann gleich wieder Plussize …

Mir wären auch die Models aus den Neunzigern am liebsten: Schlank und sportlich, das ist ideal. Saftig statt dürr. Das ist gut in der Natur, das ist auch besser für den Menschen.

Was machen Sie nach der Show, nach der Fashion Week?

Erstmal feiern, auf die Schneider und alle Mitarbeiter anstoßen, und dann an der nächsten Kollektion arbeiten (lacht).

Wann sind Sie am produktivsten?

Wenn ich unter Druck stehe. Leider, aber so funktioniere ich nun mal. Kurz vor einer Show passiert am meisten.

Mit Lena Hoschek, Alexandra Maria Lara, Eva Padberg und Guido Maria Kretschmer sprach Sabine Oelmann

Quelle: ntv.de

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