Hola, Chicas! Auf High Heels in die Welt
10.06.2011, 15:15 Uhr
Drei Augenweiden ...
(Foto: obs)
Germany hat ein neues "Next TopModel". Segen oder Fluch? Kommt drauf an, denn eigentlich wollte das hübsche Fräulein Jana etwas Schlaues studieren, jetzt muss sie sich erstmal anpassen, wandeln, leiden, strahlen, einzigartig sein und doch die Massen bedienen.
Wenn meine Tochter mich fragen würde: "Darf ich nächstes Mal bei GNTM" mitmachen?“, würde ich natürlich nein sagen! Ohne Frage: Sie ist schön, am ehesten der Rebecca-Typ (sie findet die Blonden aber viel toller), und ich möchte noch nicht darüber nachdenken, wohin das mal führen soll. Ja, klar, die 100.000 Euro, die sie da am Schluss gewinnen kann, könnte sie natürlich supersuperklasse in ihr von mir geplantes Medizinstudium stecken (das würde mich irgendwo entlasten), und sie kann ja auch schon ohne das Lauftraining von Jorge (sprich: Hoch-he) ganz prima in meinen hohen Schuhen laufen (aber nicht mehr lange, dann sind ihre Füße größer als meine), jedoch: Ist es das wert?
Sie rollen jetzt mit den Augen, tun so, als ob Sie das nichts angeht, aber: Wenn mir die Mutter einer kurz vor oder mitten in der Pubertät befindlichen Tochter sagt, dass sie noch nie "Germany's Next TopModel" gesehen hat, ja vielleicht noch nicht einmal etwas davon gehört haben will ("Ist das die Sendung mit Bruce Darnell und Sylvie van der Vaart?", scheinheilig-heuchelnder Blick inklusive), dann lügt sie! Probieren Sie es mal aus! So finden Sie ganz einfach heraus, welche Mütter in Ihrer Umgebung vertrauenswürdig sind und welche nicht!
Ungestümes Gären
Egal, es wird nicht dazu kommen, ich werde das Studium, welches auch immer, selbst finanzieren müssen (oder sie geht kellnern, oder modeln, oder escorten), und bald wird diese Model-Phase ja auch vorüber sein. Aber so lange Formate wie "GNTM" laufen, sollte man sich damit auch auseinandersetzen. Man versteht seine Kinder einfach besser. Warum sie plötzlich Rilke ("Eins lernt man in dem Leben doch: entbehren, und ganz gewiss – ob früher oder spät – des jungen Herzens ungestümes Gähren vergeht") lieben zum Beispiel. "Weil Lady Gaga den toll findet", kommt dann als Antwort. Bitte? Haben wir nicht gerade gelesen, dass die Dame auch vor zu schnellem (im Sinne von "zu frühem" Sex warnt, zu schneller Sex ist ja auch wieder missverständlich, und darüber wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden, obwohl …) also jedenfalls scheint dieses Fräulein Gaga gar nicht mal so gaga zu sein.
Wir haben uns das schon gedacht, uns dann aber doch über das Kotelett-Kleid GEwundert, sie dann wieder BEwundert, weil es doch ein unglaublicher Aufriss sein muss, jeden Tag so aufgebrezelt das Haus zu verlassen - und wir scheitern schließlich schon am Lidstrich. Anyway (kreisch), Lady Gaga war beim GNTM-Finale so ziemlich der einzige Star. Und das ist zu wenig für so eine riesige Kölner Arena. Das ist aber auch zu viel für vollkommen überforderte Moderatorinnen - die am Ende der Show, wenn eigentlich alle schon raus sind aus der Halle, weil ja am nächsten Tag Schule ist und die Mütter ihre Töchter nun wirklich anherrschen müssen, sich vom Gral des Glamours zu entfernen - die Gaga-Dame noch immer mit einem "Interview" belästigen: "Das ist doch unheimlich toll, wenn so viele einen toll finden - it is so great that you are so great"? Große Fragezeichen in Lady Gagas Augen wechseln sich ab mit einem flehentlichen Blick wahrscheinlich in Richtung Management, was sie denn nun auf diese Nicht-Frage antworten soll, und so sagt sie brav, was sie an diesem Tag schon zehn Mal gesagt hat, nämlich dass sie ihre Fans liebt und sie ihr den Halt geben, den man als so greater Artist besser haben sollte.
Wie Claudia? Oder wie Naomi?
Zurück zum Laufsteg: Die "Mädchen", wie Heidi und ihre Thomasse ("Du, Thomas" Rath und "Du, Thomas" Hayo, einer Designer, einer Art-Director) die jungen Frauen nennen, sind schön, das waren die anderen, die ausgeschieden sind, ja auch alle. Wir wollen uns jetzt auch eigentlich gar nicht mehr so groß mit Amelie, Jana und Rebecca befassen, denn leider leider – wir wissen es bereits jetzt – wird dieser Abend der letzte gewesen sein, an dem wir die "Mädchen" so richtig wahrgenommen haben. Klar, sollten Sie Cosmopolitan-Abonnentin sein, sich (hoffentlich) die Beine rasieren oder auf andere Werbe-Produkte abfahren, dann wird Ihnen das eine oder andere "Mädchen" mal wieder begegnen. Aber in der "Vogue" (und nicht einmal in der "Elle"), geschweige denn auf den wirklich großen Laufstegen der Welt, werden uns dieses "bezaubernde Lächeln" und dieser "Gang wie Naomi Campbell" leider nicht mehr begegnen. Und das ist auch schon des Rätsels Lösung: Zu Lächeln wie Claudia Schiffer, zu laufen wie Naomi Campbell, eine Stimme zu haben wie Heidi Klum … soll das alles sein? Werden wir uns später an "La Jana“ wie an "La Schiffer" erinnern, wie sie uns mit aufreizenden Posen und deutscher Gründlichkeit um den (Mittags-)Schlaf gebracht hat? Werden wir Jana dabei beobachten, wie sie Naomi-mäßig Sozialstunden im Knast schieben muss und dabei auf mörderisch hohen Highheels in Santa Fu oder ähnlichen Orten einmarschiert? Nee, ne, eher nicht. Supersuperschade eigentlich, denn das Lächeln von Jana ist – trotz der bereits vorhandenen Reife in ihrem Gesicht – vielleicht nicht ganz vergleichbar mit Mona Lisas (Häh, die hat doch gar nicht mitgemacht?), aber natürlich wirklich reizend.

Jana hat gewonnen. Alles Gute für die Zukunft!
(Foto: REUTERS)
Was lernen wir aus diesem und ähnlichen öffentlichen Wettbewerben nun? Also erstmal, dass auch Jungs das gucken, wenn sie ein Alibi-Mädchen am Donnerstagabend haben, dass Vorvorjahressiegerin Sara Nuru neuerdings auch moderiert, dass Schönheit vergänglich ist (das wusste Oma auch schon ohne Competition) und dass Heidi Klum 'ne Brille braucht. Und zwar nicht wegen der von ihr getroffenen Entscheidung bezüglich Jana, sondern weil sie anscheinend nicht mehr in den Spiegel geguckt hat, bevor sie in ihrem Anzug im Weihnachtsgeschenkpapier-Look vor die Kameras getreten ist. Heidi, ich habe heute leider kein Foto für dich. Aber du bist ein ganz ganz tolles "Mädchen" ...
Quelle: ntv.de