Unterhaltung

"Tatort: Der Fall Reinhardt" Ballauf und Schenk im Mittelstandssumpf

Klaus J. Behrendt (l) als Kommissar Max Ballauf und Dietmar Bär als Kommissar Freddy Schenk im Kölner "Tatort".

Klaus J. Behrendt (l) als Kommissar Max Ballauf und Dietmar Bär als Kommissar Freddy Schenk im Kölner "Tatort".

(Foto: dpa)

Der Kölner "Tatort" erzählt in kaltgrauen Bildern vom Absturz einer Mittelstandsfamilie - und bietet einen richtig guten Krimi-Abend. Ob der neue Assistent bleiben darf, ist noch nicht entschieden.

Der Kölner "Tatort" hat 2014 einen tollen Lauf. Zum Jahresanfang ermittelten Ballauf und Schenk in der hochdramatischen Episode "Franziska", nun folgt eine Geschichte, die viel weniger spektakulär daherkommt als der brutale Gefängnisthriller - aber wieder einen außergewöhnlich guten "Tatort"-Abend beschert. Die Episode mit dem Titel "Der Fall Reinhardt" verzichtet auf Verfolgungsjagden, Schießereien oder andere Action-Einlagen, trotzdem bleibt sie spannend bis zum Schluss. Das liegt an starken Darstellern - und einer stimmigen Geschichte um den Absturz einer Mittelstandsfamilie.

Die Herren Bär und Behrend halten sich dieses Mal vornehm zurück.

Die Herren Bär und Behrend halten sich dieses Mal vornehm zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Schon früh im Film stellt sich heraus, dass das bürgerliche Traumleben dieser Familie namens Reinhardt längst nur noch Fassade war, auch wenn die Mutter dies standhaft bestritt. Herr Reinhardt hatte seinen Job als Luftfahrtingenieur vor längerer Zeit verloren. Wenn die Nachbarn ihn auf Dienstreise wähnten, soff er sich in Wahrheit durch die Stadt. Nun sind die drei Kinder der Reinhardts ermordet worden. Auf den ersten Blick sieht es danach aus, als seien sie das Opfer eines Feuerteufels geworden, der seit Wochen in Köln sein Unwesen treibt. Allerdings zeigt sich schnell, dass hier alles ganz anders ist, als es das Tatmuster des Brandstifters erlaubt. Die Mutter hat überlebt, kann sich aber an nichts erinnern. Und wo ist eigentlich ihr Mann?

Mutter in seelischem Ausnahmezustand

Der Film erzählt in nüchternen, kaltgrauen Bildern von den kleinen und großen Lebenslügen seiner Figuren. Geschickt verzichtet er auf ausschweifende Rückblenden und lässt nur einzelne Bilder aus der Vergangenheit aufblitzen, wenn Frau Reinhardt doch noch ein Detail in ihrem Gedächtnis wiederfindet. Susanne Wolff spielt die Mutter im seelischen Ausnahmezustand. Es gelingt ihr mit erstaunlich kleinen Gesten, diese Figur zwischen Schockstarre und Realitätsverlust zu verkörpern. Mit verwuschelten Haaren und großen Augen sieht Frau Reinhardt ihr Leben davonziehen und der Zuschauer sieht dabei ihr ganzes Leid - eine tolle Leistung.

Irgendwann taucht auch ihr Ehemann auf. Der wird gespielt von Ben Becker, was auf den ersten Blick wie eine äußert gewagte Besetzung wirkt - den Luftfahrtingenieur und Familienvater Gerald Reinhardt hatte man sich nicht als den wilden Lebemann vorgestellt, den Becker verkörpert. Kaum denkbar, dass dieser Kerl einst als Ingenieur über technischen Zeichnungen gebrütet und ein bürgerliches Bilderbuchleben angestrebt haben soll. Aber irgendwie passt die Besetzung dann doch, denn inzwischen ist Herr Reinhardt ein verlebter und gebrochener Mann. Und auf solche Typen, von denen man nicht weiß, ob man sie bemitleiden oder hassen soll, versteht sich Becker hervorragend.

Die neue Franziska heißt Tobias

Die beiden Kommissare überlassen diesmal ganz den stark aufspielenden Verdächtigen die Bühne, Neuigkeiten aus dem Privatleben der Ermittler gibt es nicht. Ganz nebenbei führt der Film aber "die neue Franziska" ein, die männlich ist und Tobias heißt. Der dienstbeflissene und fremdsprachenkundige Neuling im Kommissariat taucht in erstaunlich vielen Szenen auf, allerdings ohne schon wirklich große Auftritte zu haben.

Einmal erdreistet der Assistent sich, den Vorgesetzten Ballauf zu bitten, ihm seine Jacke auszuhändigen: "Die riecht!" Ob Tobias trotz dieser Kühnheit bleiben darf, ist unklar. Vom WDR heißt es, nach dem Ausscheiden der langjährigen Assistentin Franziska (Schauspielerin Tessa Mittelstaedt wollte nicht mehr) sei der Job noch nicht wieder fest besetzt.

Quelle: ntv.de

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