Unterhaltung

Elsner und Fellner im Paradies Breaking Bad in Lederhosen

Phantombilder sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Phantombilder sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

(Foto: dpa)

Was tun, wenn die Rente nicht reicht? Am besten etwas Taschengeld dazuverdienen. Im ersten "Tatort" nach der Sommerpause verschlägt es die Wiener Ermittler in ein Bergkaff, wo die gebuckelten Altenstift-Insassen auf den Spuren Walter Whites wandeln.

Zu den eisernen Regeln des Sonntagabend-Krimis gehören unter anderem zwei Theoreme: Wo "Paradies" draufsteht, ist garantiert keines drin. Und wenn die Kriminalen endlich einmal in den Urlaub fahren wollen, dann kommt immer irgend etwas, zumeist nicht mehr allzu Lebendiges, dazwischen. So auch diesmal im neuesten, dem mittlerweile zehnten Fall des österreichischen Tandems Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser), der am Sonntag die überlange Sommerpause der Krimireihe beendete.

Gerade will Frau Fellner ihren wohlverdienten Urlaub auf Kreta antreten, da erhält sie die Nachricht vom nahenden Ableben ihres Vaters. Kontakt gab es kaum noch, das Verhältnis ist stark zerrüttet, dennoch fährt sie zusammen mit Kollege Eisner ins abgelegene Dörfchen. Dort dämmert Vater Fellner in einem abgewirtschafteten Altersheim dem Tod entgegen und haucht denn auch prompt nach einem letzten Händedruck der Tochter das Lebenslichtlein aus.

Wo ist Nachtschwester Ingeborg, wenn man sie braucht?

Die Trauer hält sich zunächst in Grenzen, dafür wird schnell klar, dass in diesem komischen Kaff etwas nicht stimmt. Ein weiterer Todesfall gibt Rätsel auf, Pfleger und Führung wirken mehr als wunderlich und auch die Alten benehmen sich suspekt.

Ein Wiedersehen mit Peter Weck!

Ein Wiedersehen mit Peter Weck!

(Foto: dpa)

Das Thema Altersarmut hatte sich der neueste Fall des Austro-Duos auf die Fahnen geschrieben und dafür mit beiden Armen bis zum Ellbogen in die Töpfe mit der Aufschrift "Atmo" gegriffen. Das morbide Dörfchen ist Twin Peaks à la Allgäu, Heimleiterin Judith (erstklassig: Dagmar Kutzenberger) verbindet das Unnachgiebige von Schwester Ratched aus "Kuckucksnest" mit dem trutschigen Charme einer Gisela Schneeberger, und dass Pfleger Robert nun so gar nichts vom Mischa aus der Schwarzwaldklinik hat, wird auch schnell klar.

Als Schlüsselfigur entpuppt sich schließlich Paul Ransmayer (Peter Weck). Der ehemalige Firmenchef ist mittlerweile pleite und betreibt zur Taschengeldaufbesserung ein reges Schmuggelunternehmen zwischen Ungarn und Österreich.

Und hier wird das Gefüge des Falls brüchig: Im Reisebus tuckern die Pensionäre einmal die Woche gen Ungarn, lassen sich in einer Apotheke ein Plastiktütchen mit Medikamenten füllen und fahren wieder brav nach Haus zum Abliefern. Die Pillen entpuppen sich schließlich als das ach so modern gewordene Crystal Meth.

Drogenschieberei im Allgäu? Dealer im Dörfchen? Omma und Oppa in Filzpuschen auf den Spuren von Walter White? Wirklich stimmig ist das nicht, hätte dieser Fall seine Gesellschaftskritik in Sachen Armut im Alter und Rentenfiasko ernst gemeint. Die Wände im Heim sind von feuchtem Schimmel überzogen, die Zimmer düster, das Gemäuer brüchig. Hier hat das letzte Hemd nicht nur keine Taschen, es hat auch Löcher im Ärmel und Mottenfraß überall. Paradies? Von wegen. Dies ist der Vorhof zur Hölle.

Doch letztlich ist das hier gar nicht das Sujet. Dafür verliebt sich Autor Uli Brée viel zu sehr in seine Version vom in die Alpen verlegten, tolldreisten Stück um geriatrische Drogenkuriere, tölpelige Senioren auf Taschengeldjagd und böse Buben mit Gel im Haar. Eisner und Fellner halten sich dabei wacker zwischen den Aggregatzuständen augenzwinkernd und betroffen, sieht man einmal von der absurden Beschattung ausgerechnet in einem an Hasselhoffs "K.I.T.T." gemahnenden Hochglanz-PS-Monstrum ab. Lothar Bredes Musik, mit seinen jazzigen Anklängen an alte "Der Kommissar"-Folgen, setzt einen stimmungsvollen Akzent und kippt so das Ganze vollends von der ernsthaften auf die schlicht unterhaltsame Seite. Unübersehbar auch, dass es dem familienfreundlichen Peter Weck einen, ja, mörderischen Spaß macht, dem Enkel mittels Bronzestatue den Scheitel nachzuziehen und für den blutigen Schlusspunkt dieser "Tatort"-Folge zu sorgen. Nicht vollends stimmig, aber bis zum finalen Bauchklatscher eine äußerst kurzweilige Ausgabe des ARD-Dauerbrenners.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen