Klamauk ist so 2017... Der Saarbrücker "Tatort" im Schnellcheck
01.01.2018, 21:45 Uhr
Sind sich nicht sonderlich grün: Kommissar Stellbrink (Devid Striesow) und Big-Data-Fan Victor (Steve Windolf)
(Foto: SR/Manuela Meyer)
Autonome Autos, die ihre Insassen umbringen, sind schlecht fürs Geschäft. Natürlich auch für die Insassen selbst, aber egal. Viel wichtiger: Die Zeiten, in denen Stellbrink für Zuschauerleiden stand, sind mit diesem spannenden Tech-Krimi Geschichte.
Das Szenario
Leidet unter ihrem sozialen Gewissen und einem Faible für Arschlöcher: Hackerin Natascha (Julia Koschitz).
(Foto: SR/Manuela Meyer)
Kommissar Stellbrink (Devid Striesow) wird aus der saarländischen Ermittlungsidylle unvermittelt in die Welt des digitalen Verbrechens katapultiert, als der Justiziar eines Tech-Unternehmens tot in seinem völlig zerstörten Auto gefunden wird. Zunächst deutet alles auf Selbstmord hin, dann aber stellt sich heraus, dass der Wagen nicht nur auffallend hässlich lackiert war, sondern auch autonom durch den Verkehr navigieren konnte. Stellbrink glaubt nicht an einen fatalen Defekt des selbstfahrenden (und sehr kurz auch selbstfliegenden) Autos, sondern ist überzeugt: Hier hatte ein Mörder seine Finger im Spiel. Die Liste der Verdächtigen ist lang, Stellbrinks technisches Knowhow mehr als begrenzt und die Chancen, den Mörder zu stellen, deshalb deshalb äußerst gering. Erst als der Kommissar auf Hackerin Natascha (Julia Koschitz) trifft, beginnt sich der Nebel langsam zu lichten. Doch kann er der digitalen Femme fatale vertrauen?
Die eigentliche Botschaft
Wir gehen im Netz viel zu sorglos mit sensiblen Daten um, die wir im analogen Leben noch nicht einmal unseren engsten Vertrauten anvertrauen würden. Dabei braucht es nur einen halbwegs findigen Computerspezialisten (und dazu muss man kein Hacker sein) und genug kriminelle Energie, um all den Kram zu finden, den wir längst vergessen glaubten, gegen uns zu verwenden. Soweit die Botschaft im Kleinen. "Mord Ex Machina" hat für alle, die sie sehen wollen, aber auch noch eine größere parat.
Und die richtet sich an die "Ich habe doch nichts zu verbergen"-Fraktion: Selbst wenn es irgendwo da draußen jemanden gibt, auf den das tatsächlich zutreffen sollte, dann gilt das nur für die Gesellschaft, in der wir heute leben. Was aber heute legal ist, muss es morgen nicht mehr zwangsläufig sein: Sollte eine zukünftige Regierung beispielsweise "Modern Talking" aus welchen Gründen auch immer für illegal erklären, würde Ermittlern ein Blick in die Spotify-Datenbank oder auf Youtube genügen, um die Gefängnisse schneller zu füllen als Thomas Anders Vokuhila sagen kann.
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Vielleicht wird ja tatsächlich in irgendeiner Kantine irgendwo in Deutschland über die erstaunliche Verwandlung des Kommissars geredet. Aber nur vielleicht, denn sind wir mal ganz ehrlich: Die Böllerapokalypse im Nachbarsgarten, außerordentlich interessant geformte Bleigießexperimente oder die Frage, was nach dem ersten Sekt und vor dem Erwachen in diesem fremden Bett (mit einer halben Ananas im Arm) eigentlich passiert ist, das sind so kurz nach Silvester doch auch irgendwie spannende Themen.
Der Plausibilitätsfaktor
Vergleichsweise hoch, vor allem auf technischer Ebene: Die Hacker im Film nutzen gebräuchliche Methoden bei der Verfolgung ihrer Ziele, darüber hinaus haben diverse Fahrzeug-Hacks in den vergangenen Monaten und Jahren gezeigt, dass absolute Sicherheit ein Wunschtraum ist und bleibt. Heftig umstritten ist allerdings die Frage, wie effizient Profiler-Algorithmen tatsächlich arbeiten und ob sie wirklich einen so enormen Einfluss auf den Brexit und die Wahl Trumps hatten, wie im Film insinuiert wird.
Die Bewertung
8 von 10 Punkten. Klamauk ist tot, es lebe der Krimi!
Quelle: ntv.de