One-Man-Show im Kölner "Tatort" Der Teufel trägt Panna Cotta
19.04.2015, 21:55 Uhr
Vater und Sohn sind sich nicht einig: Ralf Trimborn (Armin Rohde, r.) tyrannisiert seinen Sohn Erik (Ludwig Trempte).
(Foto: WDR/Uwe Stratmann)
In Köln wird ein Jazzclubbesitzer ermordet und Ballauf und Schenk ermitteln uninspiriert vor sich hin. Das guckt sich fast noch langweiliger, als es sich liest - wäre da nicht Armin Rohde und seine fatale Vorliebe für Süßspeisen.
Das Drohpotenzial italienischer Süßspeisen wird allgemein als nicht besonders hoch eingestuft: Der gemeine Gangster greift im Regelfall dann doch lieber zu Messer, Pistole oder gleich zur Kettensäge. Ralf Trimborn ist aber alles andere als ein 08/15-Ganove, sondern der irrste "Tatort"-Schurke seit Langem - und ein ausgezeichneter Koch. Da steht er nun vor der Freundin seines Sohnes, einen Dessertteller vor sich ausgestreckt wie eine Maschinenpistole. "Was ist das?", fragt das arme Mädchen mit zitternder Stimme. "Panna Cotta, selbstgemacht", antwortet Trimborn. Es klingt wie: "Du bist die Nächste". Wer hätte gedacht, dass gekochte Sahne so viel Angst und Schrecken verbreiten kann?
Zu verdanken ist die neue Sicht auf Süßes einem Armin Rohde, der im neuen Kölner "Tatort" über sich hinauswächst: Es ist, als hätte der Schauspieler sein ganzes Leben lang darauf gewartet, endlich einen kontrolliert Wahnsinnigen spielen zu dürfen, der für eine Lebensversicherung seine Frau um die Ecke bringt und eine ganz spezielle Form von Vaterliebe für seinen Sohn Erik empfindet. "Dicker als Wasser" heißt die Folge dann auch passenderweise - und jede Szene, in der Trimborn Senior vorkommt, verspricht dem Zuschauer ein Wechselbad der Gefühle zwischen Faszination und purem Entsetzen.
Ballauf und Schenk ermitteln so vor sich hin
Der Gangster mit der Kodderschnauze kommt dabei fast ohne echte Drohungen und sehr lange ohne Gewalt aus - schlicht und einfach, weil seine Präsenz Drohung genug ist. Wenn Trimborn die ausstehende Rechnung über eine gebaute Mauer eintreibt und dem Besitzer des zugehörigen Hauses im Garten zur Hand geht, braucht nicht nur der Schuldner selbst wenig Fantasie, um an Stelle des Zaunpfahles seinen Kopf unter dem Hammer zu sehen. Und das Haifischlächeln des Irren würde wahrscheinlich sogar Tony Montana aus "Scarface" in die Flucht schlagen.
Neben Rohdes Glanzleistung könnte man fast vergessen, dass der Rest des "Tatorts" erschreckend uninspiriert daherkommt: Die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) ermitteln lustlos vor sich hin, woran vielleicht der langweilig erzählte Mord an einem Jazzclubbesitzer schuld ist, vielleicht aber auch die akute Lebenskrise von Kollege Schenk oder die schablonenhaften Charaktere, Trimborn ausgenommen. Weil den beiden Bullen aber alles egal zu sein scheint, ist es irgendwann auch den Zuschauern egal, was sie machen - zumal die ja ohnehin vollauf damit beschäftigt sind, Rohdes Killerblick zu fürchten.
"Dicker als Wasser" ist eine klassische One-Man-Show, von der nur Armin Rohde im Gedächtnis bleiben wird - der dafür aber umso intensiver: als der Mann, der selbst Panna Cotta verderben kann.
Quelle: ntv.de