Druck? Welcher Druck? Hohe Erwartungen an Robbie
06.11.2009, 14:09 UhrDie Erwartungen an die neue Platte von Robbie Williams sind hochgesteckt. Schon lange ist nicht mehr so viel Hysterie und Spannung um eine Neuerscheinung geschürt worden.
"Reality Killed The Video Star" setzt auf die seichte Musik der wieder aufblühenden 80er Jahre und Musicalstücke. Die Energie scheint dem 35-Jährigen, der graue Haare entdeckt haben will, aber abhandengekommen zu sein - findet so mancher Überkritischer.
Vogelgezwitscher und bluesiges Mundharmonika-Gepfeife starten das achte Studioalbum. Auch das Tempo aller Lieder lädt zum Schunkeln und Hüftenschwingen ein. Williams und seine Fans sind älter geworden. Im ersten Lied "Morning Sun" hinterfragt sich der exzentrische Star selbst: "Wer bin ich, um die Morgensonne zu bewerten?". Der Hall seiner Stimme gibt ihm Überirdisches, wie auch die gregorianischen Gesänge in der Hit-Single "Bodies". Die Pophymne widmete er Michael Jackson, der im Juni starb. "Ich dachte, es geht um Michael Jackson, aber es geht um mich mal wieder", sagte Williams ironisch bei der Vorstellung seines neuen Werkes in London. Der Aufenthalt in einer Entzugsklinik wegen einer starken Medikamentensucht hatte ihn nach eigenen Angaben vor dem Tod bewahrt.
Heißer Musikherbst
Fans aus Deutschland sind neben Österreich, der Schweiz und Mexiko weltweit die ersten gewesen, die das Album kaufen konnten. Angesichts der harten Konkurrenz in den deutschen Charts dürfte es aber schwer werden, wie sonst direkt auf Platz eins zu schießen. Der Musikmarkt erlebt einen heißen Herbst - neues Material von Rammstein, Westernhagen und Tokio Hotel lässt vielen Musikern im Vorweihnachtsgeschäft kaum Platz.
"Robbie" ist ein großer Entertainer, aber nur ein mittelmäßiger Sänger, wird ihm oft vorgeworfen. Da denken die einen so, die anderen so. Sein musikalischer Erfolg steht und fällt mit dem Produzenten. Dank Guy Chambers führte seine Solokarriere nach dem Austritt aus Take That mit dem Debütalbum "Life Thru A Lens" 1997 zum Popgipfel. Nachdem "Escapology" 2002 erschien und Williams und Chambers ihre Zusammenarbeit beendeten, ging es bergab.
Evergreens von Robbie
Diesmal nahm sich der Engländer Landsmann Trevor Horn zur Seite. Der mehrfach ausgezeichnete Komponist und Sänger lässt das klassische Orchester von der modernen Band und einem breiten Akustik-Set begleiten - und feierte so schon Erfolge mit den Pet Shop Boys, Seal und der New-Wave-Band Yes ("Owner Of A Lonely Heart"). Auch der 30 Jahre alte Hit seiner Band The Buggles, "Video Killed The Radio Star", ist ein Evergreen. Wie sehr Williams ihm zu Dank verpflichtet ist, zeigt auch der Albumtitel "Reality Killed The Video Star". Williams gesteht damit ein, welche optischen statt akustischen Qualitäten einen Star im Musikgeschäft mittlerweile auszeichnen.
Horns Erfolge färben auf Robbies Musik ab. Die Lieder klingen stark nach den Stars der 80er. Die Groove-Nummer "Starstruck" hätte auch von George Michael kommen können, der ein Duett ausschlug, das sich Williams wünschte. "Last Days Of Disco" kommt im Stil von Erasure daher, während die Pet Shop Boys bei "Difficult For The Weirdos" durchklingen. Das Lied "You Know Me" erinnert dagegen an den Ausflug des Popsängers in die Swingwelt. Mit "Deceptacon" und "Won't Do That" dürfte auch der Synthesizer nun wieder beliebter werden - denn Williams' Musik bestimmt den Trend.
Es hängt alles davon ab
Robert Peter Williams ist nach drei Jahren Pause - von der Plattenfirma als "Comeback" verkauft - wieder am Popgipfel, wenn es nach dem Wirbel um ihn geht. Bei allen Sendern läuft er rauf und runter, seinen Auftritt bei den MTV Europe Music Awards sagte er allerdings ab, obwohl er in Kategorie Bester Sänger nominiert war. Allerdings war er vor eine Woche gerade erst in Berlin, zu einem Gratiskonzert - viel PR-Rummel also.
Es steht aber auch viel auf dem Spiel: Denn der Erfolg dieses "Comebacks" entscheide über seine weitere Karriere, sagte Williams vor der Veröffentlichung.
Quelle: ntv.de, soe/dpa