Unterhaltung

Leipziger "Tatort"-Team im Sog der Gefühle Hokus Pokus Koitus

Wenn Eva Saalfelds chronisch geschürzte Lippen plötzlich Sinn machen ...

Wenn Eva Saalfelds chronisch geschürzte Lippen plötzlich Sinn machen ...

(Foto: dpa)

Manchmal haben Frauen ein bisschen Haue gern - auch in Mockau-Ost: Julia Marschner flachst, flirtet auf Teufel komm raus und muss das schließlich mit dem Leben bezahlen. Bei so viel Leidenschaft britzelt es sogar beim Leipziger Ermittlerduo.

Sado! Maso! Mächtig was los in Leipzig! Es tanzen die Hormone beim Flirtalarm auf dem Polizeirevier: "Ich hätte auf ganz was anderes Lust", erwidert da Keppler eindeutig-zweideutig auf das Kaffee-Angebot seiner Kollegin und Ex-Gattin Saalfeld. Die zeigt dem Mann mit dem hohen Scheitel in retour, was ein Schlafzimmerblick ist. Es knistert an allen Ecken und Enden im 19. Fall der Leipziger, der sich um die Ermordung der lebenslustigen Julia Marschner dreht. Die steht zwar kurz vor der Menopause, tanzt aber auf Ü40-Partys, als würde es am nächsten Tag verboten. Bis sie eines Morgens, statt im Bett einer ihrer zahlreichen Partyeroberungen, mit starrem Blick und Würgemalen am Hals tot im Gras liegt.

Hat der berüchtigte "Würger von Mockau Ost" wieder zugeschlagen? Die Hauptkommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) erinnert die Situation am Tatort an einen zurückliegenden Fall. Oder ist die Ermordete, die auch an Händen und Füßen Fesselspuren aufweist, bei SM-Spielchen ums Leben gekommen? Julias Freundinnen, die Physiotherapeutin Karmen Slowinski und die Rechtsanwältin Silvie Stein, berichten von einem Mann, der Julia am Abend zuvor auf der Tanzfläche bedrängt und möglicherweise abgeschleppt hat.

Fast jeder ist verdächtig

Es entspinnt sich in der Folge ein kaprizöses Kabinettsstück, bei dem so ziemlich jeder im Umfeld der passionierten Partygängerin verdächtig ist: Flirttrainer Tom Römer (Slogan: "Hokus Pokus Koitus"), der schüchterne Kassenbrillenträger auf alleinstehende Damen loslässt. Oder wahlweise auch umgekehrt. Mike Sartorius, der Freund von Marschners Tochter, mit dem auch die Mama bereits Körperflüssigkeiten ausgetauscht hat. Der Bartender, dessen Flirtsucht selbst vor der Kommissarin kaum Halt macht. Und nicht zuletzt Peter Hauptmann, der silbern gelockte Sado-Doktor, der nicht nur das Skalpell, sondern auch die neunschwänzige Katze kompetent führt.

Zugegeben - der Grat ist schmal, auf dem die Leipziger hier durch die Reihen von zu vielen oder zu wenigen Sexualhormonen gebeutelten Ü40-Damen und -Herren tänzeln. Immer wieder werden dramatische Rückblenden ins Spiel gebracht. Verhallt sind da die Stimmen, Faithless' "Insomnia" pumpt die Beats in der Best-Ager-Disco, vogelwild dreht sich Julia Marschner immer wieder um sich selbst und schüttelt ihr Haupthaar für die Verehrer. Und der Mann an der Zeitlupen-Maschine scheint pro Knopfdruck bezahlt zu werden - ein ums andere Mal verlangsamt sich das Geschehen, soll das Gefrieren der Zeit das Drama verstärken. Apropos verstärken - auch das Ensemble der potenziellen Täter agiert wie vom Durchlauferhitzer auf Touren gebracht.

Die späten Mädels aus Mockau

Da ist Marc Hosemann, der als Tom Krömer immer etwas zu laut brüllt. Oder Franz Dinda als multipler Loverboy, dessen Sächseln einfach nicht locker klingen will. Auch Filipp Peter als Dottore Hauptmann nimmt man den Spaß am Hinternversohlen so wenig ab wie Dr. Hasenbein den hippokratischen Eid. Und überhaupt - sind Damen jenseits der 40 wirklich so hysterisch-zerfahren wie die späten Mädels aus Mockau? Dennoch - wer etwas überzeichnete Charaktere mag, über Klischees und Overacting zugunsten des Entertainments milde hinwegsieht, der verbringt mit dieser Old-School-Schnurre einen durchaus unterhaltsamen Sonntagabend. Und das ist nicht zuletzt Saalfeld und Keppler geschuldet.

Die halten sich vornehmlich zurück. Lassen die Dinge für sich sprechen und öffnen sogar der gemeinsamen Vergangenheit noch einmal ein Türchen. Ein Flirt hier, eine Liebesbekundung dort, selbst der chronisch geschürzte Mund von Eva Saalfeld ergibt da plötzlich Sinn. Sollte sich hier auf der Zielgeraden des Leipziger Duos, das im nächsten Jahr in den Ruhestand geht, etwa ein Liebes-Comeback, gar ein Happy-End ankündigen?

Quelle: ntv.de

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