"Tatort" mit Wotan Wilke-Möhring Homeland in Oldenburg
30.11.2014, 21:43 Uhr
Die Kommissare Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) in "Tatort - Feigheit der Löwen" - die Szene wurde auf dem Fliegerhorst in Oldenburg gedreht.
(Foto: dpa)
Passfälscher und Menschenschmuggler, syrische Folteropfer und traumatisierte Kinder, ein Racheengel mit verschmiertem Lippenstift: viele lose Enden. Falke und ein schlimmer Finger aus dem US-Serienkosmos retten den Fall dennoch.
Die Polizisten sind fix und fertig. Eigentlich wollten sie nur den Streit eines Paares schlichten, das sich in seinem Wagen in die Haare bekommen hat. Der Mann steigt jedoch plötzlich aus, zieht völlig panisch ein Messer, nimmt zunächst den einen Polizist als Geisel, greift den anderen schließlich mit gestreckter Klinge an. Und liegt Sekundenbruchteile später, getroffen von einer Kugel aus der Waffe des Jungpolizisten, tot in seinem eigenen Blut auf dem Asphalt. Im Auto eine weinende Frau, im Kofferraum ihr kleiner Sohn, der seine tote Schwester im Arm hält. Und so finster geht es weiter.

Wotan Wilke-Möhring ermittelt seit 2013 als Kriminalhauptkommissar Thorsten Falke in Hamburg und Umgebung.
(Foto: dpa)
Denn es sind nicht die einzigen Toten, mit denen sich Thorsten Falke (Wotan Wilke-Möhring) und Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) in "Die Feigheit der Löwen" auseinandersetzen müssen. In einem Park in Oldenburg, dem herrlich trüben Schauplatz des Geschehens, wird zudem ein Deutsch-Syrer tot aufgefunden. Der Mann hatte Kontakt zu jenem Schleuserring, gegen den ausgerechnet Falke und sein Team zeitgleich von einer verrottenen Fabrik-Etage aus ermitteln. Als schließlich das Wort "Zugriff" ertönt, finden sie im Bett des hauptverdächtigen Passfälschers und Menschenschmugglers eine junge Syrerin, die kurze Zeit später auf der Couch von Nagib sitzt, der wiederum der Bruder von Harun ist, der einen Pass von …
… puh …was so verquer klingt, braucht eine ganze Weile, bis es sich entknotet. Das mag auf der einen Seite eine Qualität der Story sein, auf der anderen Seite bleiben auch Regisseur Marvin Kren halt nicht mehr Zeit und Raum als diese 90 Minuten. Da trifft es sich, dass in jeder dritten Szene ein Fernseher zu sehen oder zumindest ein Radio zu hören ist. Stimmengewirr, Nachrichtensprecher, Schüsse, Schreie, Blut unter dem Wischfeudel. Der Hintergrund schreibt die Geschichte: Der Krieg hat den Weg von Syrien nach Deutschland, ins schläfrige Oldenburg gefunden.
Deplatzierte Seitenschauplätze
Was in Teilen zwar unterhaltsam sein mag, aber dem komplexen Plot kostbaren Raum nimmt, sind die latent deplatzierten Seitenschauplätze: Das chronische Angemaule zwischen Falke und seinem alten Jugendkumpel Jan Katz von der Kripo wirkt völlig willkürlich. Die zugegeben höchst amüsante Solo-Gala - Hallo Münster! - von Pathologin Dr. Evers (herrlich exaltiert: Brigitte Kren, die Mutter des Regisseurs) ist mit etwas grober Schere geschnitten. Und auch der von Korn mit Milch und Wodka pur befeuerte Balztanz zwischen Falke und Lorenz kommt doch ein wenig aus der kalten Küche. Gut, dass der wenigstens nicht vollends ausformuliert wird und so einen lockeren Cliffhanger für kommende Folgen bereit hält.
Bei all den leidgebückten Männern mit den grauen Bärten, den Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs und den traumatisierten Kindern wird schließlich deutlich, dass Drehbuch-Autor Friedrich Ani, wie Millionen anderer TV-Gucker auch, Fan der US-Serie "Homeland" ist und sich hier hat inspirieren lassen. Klar, dass der "Tatort" - Stichwort Dauer noch einmal - an dieser Stelle scheitern muss, aber die Casting-Crew hat einen Trumpf in der Tasche, mit dem Falkes Fall schlussendlich punktet: Bösewicht Harun wird von Navid Negahban gespielt, der wiederum Abu Nasir - Homeland-Fans haben den Namen zig Mal gehört - den Top-Terroristen in der zweiten Staffel der US-Serie gespielt hat. So schließt sich der Kreis zum Referenzmaterial, auch wenn nur ein Bruchteil an Sendeminuten zur Verfügung steht.
Nimmt sich der Fall zunächst also reichlich Zeit, läuft sie ihm gen Finale davon. Gelungen dennoch, wie Regisseur Kren am Ende dieses hochverdichteten Dramas Falke und den syrischen Steppke zaghaft lächelnd im Gras liegen lässt. "Wolltest du das Fahrrad klauen?" fragt Falke nach der Verfolgungsjagd. Der Junge nickt. "Lass das mal, ich besorg dir eins". Versöhnliches "Happy End" in homöpathischer Dosis.
Quelle: ntv.de