Unterhaltung

Katrin Sass, der Pöbel und der Lutscher Lanz-Jubiläum wird zur Farce

Markus Lanz, Wolf von Lojewski, Katrin Sass, Verona Pooth, Andreas Englisch und Peter Rütten (v.l.) posieren nach der Aufzeichnung der 500. ZDF-Talkshow "Markus Lanz".

Markus Lanz, Wolf von Lojewski, Katrin Sass, Verona Pooth, Andreas Englisch und Peter Rütten (v.l.) posieren nach der Aufzeichnung der 500. ZDF-Talkshow "Markus Lanz".

(Foto: dpa)

Mit der 500. Ausgabe seines Talks beim ZDF begeht Markus Lanz einen stolzen Geburtstag. Zur Feier des Tages ist wieder einmal Schauspielerin Katrin Sass geladen. Womöglich hofft man, dass sie wie bei ihrem Aussetzer gegen "Dschungelkönig" Peer Kusmagk erneut die Party schmeißt. Doch stattdessen wird man Zeuge eines abstoßenden Schauspiels elitärer Doppelmoral.

Eigentlich hat man keinen gesteigerten Bedarf, sich schon wieder kontrovers mit Markus Lanz auseinanderzusetzen. Drei Stunden "Wetten, dass..?" zu ertragen, war am vorletzten Samstag wirklich schon hart genug. Und diesmal sollte es ja eigentlich auch keinen Grund für Schelte geben. Die 500. Ausgabe des Lanz-Talks beim ZDF kann man durchaus feiern. Schließlich war die Sendung in den vergangenen Jahren ein ums andere Mal ein unterhaltsames Betthupferl.

So lag es dann auch weniger am Moderator als vielmehr an den Gästen der Jubiläums-Show am Mittwochabend, dass einem nicht einmal zwei Wochen nach dem Mallorca-Desaster erneut die Spucke wegblieb. Da waren zum einen die unverdächtigen Journalisten Wolf von Lojewski und Andreas Englisch, zum anderen Verona Ex-Feldbusch Pooth und Peter Rütten, ehemaliger "Chefautor" von Harald Schmidt, aber auch von Oliver Pocher und Niels Ruf. Und natürlich der "Stargast" des Abends: Schauspielerin Katrin Sass. Für die Aufmerksamkeit, die sie der Talkshow Ende Januar durch ihren Ausraster gegen "Dschungelkönig" Peer Kusmagk beschert hatte, geht die Redaktion vermutlich heute noch vor Dankbarkeit vor ihr in die Knie. Und womöglich hoffte man ja angesichts der übrigen Gäste-Konstellation darauf, einen ähnlichen Aufreger zu wiederholen. Anlass, sich aufzuregen, gab die Sendung am Ende tatsächlich genug. Allerdings aus anderen Gründen.

Nein, Markus Lanz soll nicht im Mittelpunkt dieser Kritik stehen. Dennoch haben sich die Vorzeichen, seit Sass Kusmagk beschimpft und sich über die Nominierung des "Dschungelcamps" für den Grimme-Preis echauffiert hat, geändert. Anders als noch im Januar kam sie nun in eine Talkshow, deren Moderator zehn Tage zuvor noch einen Hollywood-Star aufgefordert hatte, sich Eis in den Schritt zu kippen, einer Kollegin riet, ihr Dekolleté doch weiter in die Kamera zu halten, und sich die Geissens aufs Sofa lud. Dem Ex-Dschungelbewohner Kusmagk sprach Sass seinerzeit gar das Rederecht ab und fuhr ihn an: "Dann geh doch nach Hause, wenn dir das zu blöd ist." Ein Angebot Kusmagks nach der Sendung, ein klärendes Gespräch zu führen, schlug sie aus. Lanz brachte sie stattdessen als Jubiläums-Geschenk einen Teddybären mit.

Dank vom Grimme-Chef?

Grund, irgendetwas aus der Konfrontation mit Kusmagk zurückzunehmen, sieht Sass noch immer nicht. Im Gegenteil. Schließlich habe sie ja viel Rückendeckung für ihre Position erfahren. Zum Beispiel durch den Chef des Grimme-Instituts. Der habe sich bei einem zufälligen Treffen geradezu für die klaren Worte bei ihr "bedankt", da ihm die Jury-Entscheidung für die Nominierung des "Dschungelcamps" selbst Bauchschmerzen bereitet habe. Ob Instituts-Direktor Uwe Kammann das Gespräch genauso in Erinnerung und sich tatsächlich von seiner Jury distanziert hat, kann unmittelbar im Anschluss an die Lanz-Sendung nicht verifiziert werden.

Auch in zahlreichen E-Mails habe sie Unterstützung erfahren, erklärte Sass weiter. Hunderte seien das gewesen, sagte sie, und bedankte sich nun ihrerseits dafür. Wer würde schon daran zweifeln, dass das ausschließlich zustimmende Zuschriften waren?

Im Kern wirft die Schauspielerin Kusmagk Heuchelei vor. Statt zuzugeben, dass er auf die "Knatter" im "Dschungelcamp" scharf gewesen sei, täusche er vor, er habe das Format "erhobenen Hauptes" durchstehen wollen. Im gleichen Atemzug ist sie jedoch nicht bereit, die allemal kontroversen Reaktionen auf ihre Verbalattacke einzugestehen und zu reflektieren.

Sie hier, da der "Pöbel"

Das heißt, nicht ganz: Während sie per Mail offenbar nur positive Resonanz erhielt, hätten sich die ausschließlich anonymen Kritiker im Internet ausgetobt, so die 56-Jährige. "Ich sitze hier ...", setzte Sass an, um sich dann über den "Pöbel" im Netz auszulassen. Keine Frage: Im bloß scheinbar anonymen Netz fallen bei vielen rasch die Hemmungen und gelegentlich erschreckende Aggressivität bricht sich Bahn. Aber: Den demokratischen Gewinn, den das Internet gebracht hat, auf Grund von Auswüchsen jenseits der Meinungsfreiheit mit Vokabeln wie "Pöbel" zu konterkarieren, ist hanebüchen. Doch halt, stimmt ja. Das Internet ist für uns alle ja noch Neuland - sagt bereits die Kanzlerin.

Packen wir die eigene Ironie mal beiseite. Lassen wir die eines anderen sprechen. Comedy-Spezialist Peter Rütten präsentierte einen Einspielfilm, in dem er die Szene zwischen Sass und Kusmagk neu vertont hatte. Da legte er der Schauspielerin Worte in den Mund wie "Es soll sein ungebildetes Maul halten" oder aber "Es hat mit Sicherheit kein Gehirn, aber es darf hier neben mir sitzen und sprechen". Und im Prinzip legte er mit diesem übermäßig herablassenden Ton und der Ansprache Kusmagks als Neutrum den Finger genau in die Wunde. Nur Sass scheint diese ziemlich scharfe Spitze gegen ihr elitäres Gehabe nicht verstanden zu haben. Oder war ihr ausgiebiges Lachen darüber womöglich nur gespielt? Just um die Frage nach der Authentizität von Reaktionen im Scheinwerferlicht war es am Beispiel der Tränen von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kurz zuvor noch in der Sendung gegangen. Ein Schelm, wer da Parallelen zieht.

Darüber hinaus wollte Rütten jedoch nicht auf Konfrontationskurs gehen, sondern lobte Sass gar dafür, dass sie mal gegen das ganze "Geschwurbel" um das "Dschungelcamp" zu Felde gezogen sei. Vielleicht hatte er ja Angst, ansonsten das nächste Abrechnungsopfer zu werden. Schließlich war er etwa mit Niels Ruf einst für ein TV-Gesicht tätig, das auch schon mal Frauen auf allen Vieren ganze Sendungen lang über den Boden kriechen ließ. Oder mit Harald Schmidt für eines, dessen Vergleich der lesbischen Moderatorin Bettina Böttinger mit einem Klodeckel, den kein Mann anfassen will, seinerzeit noch für Empörung gesorgt hatte. Viele scheinen das vergessen zu haben: Ehe Harald Schmidt zum Säulenheiligen der Fernsehunterhaltung erklärt wurde, sorgte der sarkastische Humor seiner Show bei nicht wenigen für Entrüstung. Es ist ein bisschen wie mit dem "Dschungelcamp".

Peep, peep, Verona haben wir lieb

Aber nein, für einen Angriff auf Peter Rütten sah Katrin Sass keinen Grund. Ebenso wenig für einen auf Verona Pooth, bei der sie sich stattdessen interessiert nach ihrer Ehe erkundigte. Dabei ist Pooth so etwas wie ein Aushängeschild des "Trash-TV" der ersten Stunde. Nicht nur, dass sie Dummchen-Image und Sprach-Verfall scheinbar "cool" und salonfähig machte, mit "Peep" stand sie auch einem der ersten Formate an der Grenze zur Schwachsinnigkeit vor.

Nichts erfahren hat man indes über die wirtschaftskriminellen Begebenheiten rund um die Insolvenz der Firma ihres Mannes. Schließlich wurde Franjo Pooth wegen mehrerer Delikte rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Stattdessen schwadronierte seine Frau ohne auch nur irgendeine entsprechende Nachfrage ausführlich darüber, wie schwer und ungerecht das damals doch alles gewesen sei. Und am Ende klatschte die ganze Runde artig Beifall. Einschließlich Katrin Sass, jedoch nicht, ohne zuvor Peer Kusmagk noch einmal als "Lutscher" zu titulieren. Man wollte sich nur noch abwenden, ob dieses obszönen Schauspiels von Doppelmoral.

Quelle: ntv.de

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