Unterhaltung

Zapp Maier - die WM-TV-Kolumne Wenn die anderen kicken

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(Foto: picture alliance / dpa)

Mehrwertsteuer-Erhöhung, Fracking, Ausgleichsregelung - wenn alle Fussi gucken, hat die Regierung freie Bahn für unliebsame Gesetze. Und wie halten es die vom Fernsehen? Was senden die anderen, wenn keiner hinschaut? Wir zappen durch …

… und landen direkt beim Aufgewärmten: "Das ist altes, verbratenes Fett", philosophiert eine Zopfträgerin namens Michaela auf VOX und wischt versonnen mit einem gebrauchten Taschentuch durch ihren Kochtopf. Lieb gemeinte fünf Punkte für ein perfektes Dinner im Wiederholungsdurchlauf. Auf N3 strahlt derweil Meeno Schrader in die niedrig stehende Abendsonne und fabuliert etwas von einem Hoch über den britischen Inseln. Irgendwie auch tröstlich zu sehen, dass es Ecken gibt, in die der Fußball noch nicht vorgedrungen ist.

Zeitgleich lässt das Team von Costa Rica den guten Andrea Pirlo und sein Gefolge noch ein wenig älter aussehen und liest nicht nur der Squadra Azzura die Leviten, sondern stellt auch gleich noch Wayne Rooney und seinem Gefolge das Ticket für die Heimreise aus. Ein Hoch über den britischen Inseln? Nicht wirklich. Schnell mal zu 3Sat rübergezappt. Grüner Rasen, weiße Linien. Dürfen die etwa auch Fußball übertragen? Nein, natürlich nicht. Der Sender füllt sein Sommerloch ganz pfiffig mit einem Programm namens „Film-WM“. Und schickt tatsächlich "Manta, Manta" auf den Platz. Til Schweiger im Unterhemd. Tina Ruland mit übermaltem Lippenstift. So schmeckt der Blockbuster auf 3Sat. Film-WM! Das muss man erstmal bringen.

Entschleunigung pur dagegen beim Mitteldeutschen Rundfunk: Timo und Michael, zwei Zoo-Zivis aus einem Werner-Comic, streicheln einen Nasenbären und gucken dabei fast so selig wie Michaela beim Topf-Auswischen. Bei Eurosport geht es mit mehr Dampf zur Sache, hier wird geritten. Irgendein brasilianischer (!) Jockey jagt einen Klepper über die dreifache Kombination. "Schick, dieser Schimmel", sagt der namenlose Sprecher aus dem Off und legt nach: "Aber der Reiter hat sich vermanaged." Solche Zeilen lassen dann selbst einen Steffen Simon noch einmal kurz leuchten. Geritten wird auch auf Hamburg1. Wayne Carpendale gibt einem Araber die Sporen. "Unter Geiern" in Bad Segeberg. Kein Schimmel, aber auch schick.

Zurück im Ersten meldet sich Gerhard Delling kurz aus der Versenkung zurück: "Das ist ein schickes Stadion", konstatiert das sympathische Nordlicht und weiter: "Das ist ein grüner Rasen". Sollte vielleicht doch mal jemand Günter Netzer anrufen? Bis man dessen Nummer rausgesucht hat, tröstet man sich am besten mit RTL. Dort schickt Olli Geißen die 739. Chartshow in den Orkus. Motto egal. Musik anscheinend auch. Stattdessen müssen Steffen Henssler und eine unablässig gackernde Brünette riesige Paella-Pfannen ausschrubben. Villariba, Villabajo. Und Michaela wartet im Park. Noch langsamer als beim MDR geht es schließlich beim WDR zu. Da rudern zwei Mittsechziger mit einem Rauhaardackel den Bach hinunter und nuscheln sich irgendwas von Bratkartoffeln mit Spiegelei in den Bart. Guten!

Schwer verständlich auch die unmittelbaren Nachbarn auf der Fernbedienung: Ottfried Fischer in Bayern, Hansi Hinterseer im Osten, Steffen Simon im Ersten. Endlich zurück beim Fußball. Perfekter geht das Timing nicht: Unmittelbar im Anschluss an die Zeitlupe des 1:0 für Frankreich versenkt Matoudi den Ball zum 2:0 für sein Team. Jubel! Trubel! Sambatröten! Eine Wohltat, wieder zurück beim runden Leder zu sein. Und für Herrn Simon gibt es ja immer noch den Lautstärke-Regler.

Quelle: ntv.de

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