"Tatort" aus Leipzig Wer zuletzt schreit …
15.02.2015, 21:45 Uhr
Die Kommissare Saalfeld und Keppler zeigen zum vorletzten Mal im Leipziger "Tatort" ihre Dienstausweise.
(Foto: dpa)
Der Vater ein cholerisches Schwein, Muttern gleichgültig, die Jüngsten zerstört - in ihrem vorletzten Fall bekommen es Saalfeld und Keppler mit einer schrecklich schrecklichen Familie zu tun. Und bleiben dabei gewohnt gelassen.
Ein Klassiker von The Who als stimmungsvoller Einstieg - das funktioniert nicht nur bei den den C.S.I.-Teams, auch in Leipzig sorgen Daltrey, Townshend und Co. diesmal aus dem Stand für erhöhte Aufmerksamkeit. Der Song ist "The Real Me" aus der Mod-Oper "Quadrophenia" und wie deren Held Jimmy frustriert durch London und Brighton stapft, hat auch Patrick Kosen (Tino Hillebrand) schon bessere Tage erlebt. Torkelt er doch nicht nur über den Mittelstreifen einer Leipziger Hauptstrasse, er hat zudem auch noch ein Messer im Hals stecken.
Bei Kosens daheim wird anschließend viel gebrüllt und geschubst, aber statt dass Kosen senior (Bernhard Schütz) den Arzt ruft, lässt er Sohnemann schnurstracks in Kittchen wandern, hatte der doch, das erfahren wir en passant zwischen all dem Geschimpfe, bevor ihm der Hals großzügig gepierct wurde, selbst bei anderen für heftige Verletzungen gesorgt. Vier Jahre danach erwischt es den Alten selbst, das Schlafzimmer ist ein blutüberströmtes Schlachtfeld, der Tresor ist zudem geleert und auf einem Überwachungsvideo ist lediglich ein geheimnisvoller Maskenmann zu sehen.
"Blutschuld"
Der Täter, das wird schnell klar und nichtzuletzt durch den Episodentitel "Blutschuld" schon dräuend angedeutet, stammt allem Anschein nach aus der Familie. Und da haben alle ihr Säckel zu tragen, jeder so seinen Grund, dem Familienoberhaupt ans Leder zu wollen. Sohnemann hat er in den Knast wandern lassen, Tochter Sofie (Natalia Rudziewicz) missbraucht, deren Gatten Frank (Alexander Khuon) ließ er als Geschäftsführer seiner vom Bankrott bedrohten Recyclingfirma am langen Arm verhungern, Gattin Astrid (Lina Wendel) ist eh am Ende. Und dann war da noch der ehemalige Teilhaber Christian Scheidt, dessen Tochter Kosen einst überfahren haben soll.
Der wird nun, ein Gruß ans Koordinationsbüro der ARD, ausgerechnet von Uwe Bohm gespielt. Nicht dass man dem Hamburger ungern bei seinem gewohnt engagierten Spiel zuschaut, im Gegenteil, aber zwei Wochenenden hintereinander als Tatverdächtiger im "Tatort" ist doch etwas missglücktes Timing und nimmt Stammsehern ein wenig das Vergnügen. Sieht man darüber hinweg, dann bietet der 20. und damit vorletzte Fall von Saalfeld (Simone Thomalla) und Keppler (Martin Wuttke) ganz solide Krimikost. Das Täterkarussel dreht sich solide, mal rutscht der mühsam resozialisierende Patrick in den Fokus, dann wieder meint man, es könne sich nur um den rachsüchtigen Scheidt als Täter handeln.
Harsch und humorlos
Autor und Regisseur Stefan Kornatz, der bereits mit dem Frankfurter Fall "Es ist böse" einen Glanzpunkt setzte, geht auch hier harsch und im besten Sinne humorlos zu Werke. Wenig Geplänkel, viel Blut und ein lautstarkes, scherbenreiches Finale, bei dem einzig die Frage nach dem Motiv nicht wirklich schlüssig beantwortet wird. Keppler und Saalfeld scheint das, am Vorabend des Ruhestandes, auch nicht so wirklich zu interessieren. Dass der Tod von Sofie Kosen vielleicht zu verhindern gewesen wäre, sorgt nur kurz für Sorgenfalten auf Saalfelds Stirne. Auch Keppler agiert gewohnt silbenarm zwischen Missmut, Gleichgültigkeit und dezent dosierter Empathie.
Am Ende spazieren die beiden durch sattes Grün aus dem Bild, ein Abschied auf Raten. Am 26. April läuft die letzte Leipzig-Folge, die Nachfolge treten dann "Drei Engel für Dresden" an, das neue Frauenteam mit Karin Hanczewski, Alwara Höfels und Jella Haase.
Quelle: ntv.de