Entschuldigung für Preisträger Semperopernball wird zur Provinzposse
28.01.2020, 20:42 Uhr
Schlagersänger Roland Kaiser sollte den Semperopernball moderieren - nun denkt er über einen Absprung nach.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Dresdner Semperopernball bewegt sich auf einen Eklat zu. Weil der Opernballverein dem ägyptischen Präsidenten Sisi einen Orden verliehen hat, drohen Moderatoren, Medienpartner und Lokalpolitik abzuspringen. Nun entschuldigt sich der Organisator für seinen Preisträger.
Empörung, Irritationen und eine Entschuldigung: Die Verleihung des St.-Georgs-Ordens des Dresdner Semperopernballs an Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi am Sonntag in Kairo sorgt für Proteste auf breiter Front. Am Abend teilte Ballvereins-Chef Hans-Joachim Frey mit: "Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren. Die Verleihung war ein Fehler." Frey hatte in der Vergangenheit schon mit einer anderen umstrittenen Entscheidung Schlagzeilen gemacht: 2009 war Russlands Präsident Wladimir Putin Ballgast und Preisträger.

Grund der Empörung: Ballorganisator Frey verleiht dem ägyptischen Präsidenten Sisi in Kairo den St.-Georgsorden.
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Der Semperopernball soll am 7. Februar stattfinden. Schlagersänger Roland Kaiser und "Tagesschau"-Sprecherin Judith Rakers sollen eigentlich durch den Abend führen - doch nun denken sie über ihren Auftritt nach. "Mich irritiert diese Verleihung sehr, und ich bin seitdem in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich als Moderatorin des Balls ziehen möchte", twitterte Rakers, bevor sich Frey für seinen Gast entschuldigte. Aus dem "rauschenden kulturellen Ereignis" sei "ein politisches geworden", schrieb Schlagerstar Kaiser auf Facebook. Seit Bekanntwerden dieser Verleihung sei er "in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich voraussichtlich ziehen werde".
Zuvor hatte sich die Semperoper wegen des Ordens von ihrem Opernball distanziert. Auch der Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt, Dirk Hilbert, teilte mit, er werde seine Teilnahme prüfen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU behält nach Angaben der Staatskanzlei die Schirmherrschaft und wird den Ball wie geplant eröffnen.
Opernballverein reist nach Kairo
Der Opernballverein war trotz öffentlicher Kritik nach Kairo gereist, um Sisi einen seiner St.-Georgs-Orden - in der Kategorie Politik und Kultur - zu überreichen. Der frühere General und Armeechef war 2013 nach einem Militärputsch an die Macht gekommen und 2014 als Präsident vereidigt worden. Seitdem geht er mit harter Hand gegen Oppositionelle und Kritiker vor, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.
Vereinschef Frey hatte die Auswahl Sisis damit gerechtfertigt, dass der Ball eine Kultur- und keine politische Veranstaltung sei. Der ägyptische Machthaber sorge in Ägypten für Stabilität, den Aufbau der Gesellschaft, für Kultur und Bildung - und er sei als Präsident der afrikanischen Union die Stimme Afrikas.
Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, Mitglied im Menschenrechtsausschuss, und Erhard Grundl, Kulturexperte, forderten Frey auf, die Entscheidung zurückzunehmen, auch um Schaden von der "hoch geschätzten" Semperoper abzuwenden. Sisi sei "ein lupenreiner Autokrat und Anti-Demokrat", die Preisverleihung an ihn "ein Affront" gegen alle friedlichen Regimekritiker.
MDR hält an Übertragung fest
Nach dem MDR hatte sich mit der "Sächsischen Zeitung" auch der langjährige offizielle Medienpartner des Balles distanziert. Die DDV-Mediengruppe twitterte: "Missachtung von Menschenrechten einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind mit Haltung und Selbstverständnis von Verlag und Redaktionen der Mediengruppe unvereinbar."
Von einer Übertragung des Semperopernballs wollte der Sender dennoch nicht ganz absehen. Sollte sich der Veranstalter allerdings entscheiden, die Ehrung des ägyptischen Präsidenten beim Ball zu thematisieren, werde das nicht mit ausgestrahlt, teilte der MDR mit. Aus Kairo gab es zu den Turbulenzen bisher keine Stellungnahme.
Quelle: ntv.de, mau/dpa