Interview mit den neuen Künstlern Asterix und Obelix reisen nach Schottland
16.10.2013, 06:24 Uhr
Normalerweise ein Herz und eine Seele: Asterix und Obelix.
(Foto: 2013 Les Éditions Albert René)
Ein neuer Asterix-Band, endlich. Nach vier Jahren reisen der mutige Gallier und sein Kumpel Obelix wieder durch die Welt. Nur einer fehlt: Ihr "Vater" Albert Uderzo ist im Ruhestand. Seine Nachfolger sprechen mit n-tv.de über die Entstehung des neuen Abenteuers.
"Asterix bei den Briten" ist längst ein Comic-Klassiker. Nun zieht es den pfiffigen Gallier und seinen starken Kumpel Obelix erneut auf die Insel - zu den Pikten nach Schottland. Und doch ist alles anders. Albert Uderzo, der zusammen mit dem 1977 gestorbenen René Goscinny Asterix und Co. erfand, hat den Staffelstab weitergegeben. Autor Jean-Yves Ferri und Zeichner Didier Conrad treten ein schweres Erbe an. Ihr erster Band mit der Nummer 35, der am 24. Oktober erscheint, soll die von Fans zuletzt heftig kritisierte Reihe wiederbeleben.
Viel ist bisher nicht bekannt über das neue Abenteuer - Details werden wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Nur winzige Infos sickern hier und da durch, etwa dass das Ungeheuer von Loch Ness einen Auftritt haben wird. Die Fans strömten trotzdem in Scharen auf die Frankfurter Buchmesse, wo "Asterix bei den Pikten" vorgestellt wurde. Dort sprachen Ferri und Conrad mit n-tv.de über die Entstehung des neuen Abenteuers, wie sie mit dem Druck umgehen und warum Asterix weiterhin auf Papier gezeichnet wird. Mit dabei war auch "Asterix"-Übersetzer Klaus Jöken, der das Gespräch dolmetschte.
n-tv.de: Als Sie gefragt wurden, ob Sie den nächsten "Asterix"-Band schreiben und zeichnen würden, warum haben Sie Ja gesagt?

Didier Conrad (l.) und Jean-Yves Ferri haben Asterix' 35. Abenteuer gezeichnet und geschrieben.
(Foto: dpa)
Jean-Yves Ferri: Als Schriftsteller zögerte ich und sagte nicht sofort Ja. Ich überlegte zunächst, worum es in dem Band gehen könnte. Aber je näher der Abgabetermin für das Szenario rückte, desto mehr dachte ich, dass es dumm wäre, es nicht wenigstens zu probieren. Mir ging es dabei nicht um das Prestige von "Asterix", sondern darum, dass es ein einmaliges Angebot war, eine Herausforderung.
Didier Conrad: Ich habe sofort gewusst, dass ich es mein Leben lang bereuen würde, wenn ich das jetzt nicht probiere. Ich habe ja bereits für mehrere Serien gearbeitet, habe ganz verschiedene Comics gezeichnet und alles ausprobiert - "Marsipulami", "Lucky Kid" und amerikanische Reihen. Aber das waren immer Spin-off-Serien. Nun eine Originalserie wie "Asterix" zu übernehmen, ist eine große Herausforderung. Ich sagte mir, wenn ich das jetzt schaffe, ist es etwas ganz Besonderes. Es wäre dumm gewesen, es nicht zu versuchen.
Ferri: Für Autoren gibt es nur wenige Möglichkeiten, ihr Können zu messen. Asterix ist so ein Test - man will herausfinden, ob man dieses Niveau hat. Aber man wird dabei nicht überheblich, sondern eher bescheiden.
"Asterix" erscheint in einer Millionenauflage, gleichzeitig in Dutzenden Ländern. Haben Sie das als Druck empfunden, wie sind Sie damit umgegangen?
Conrad: Ich kann gar nicht bis eine Million zählen. Aber im Ernst: Zu solchen Zahlen hat man doch kein Verhältnis. Der Verlag hat immer mit solchen Zahlen jongliert: Der Band hat 44 Seiten und erscheint in 24 Ländern, die französische Auflage umfasst zwei Millionen Exemplare, die internationale fünf Millionen. Aber je mehr Interviews wir geben und je mehr darüber gesprochen wird, desto selbstverständlicher wird das für uns. Wir sind inzwischen nicht mehr so beeindruckt wie zu Beginn.
In einem Artikel war zu lesen, dass Sie sich für die Arbeit an dem Band vollkommen zurückgezogen haben.
Conrad: Das war eine Zeitfrage, die Frist war ja sehr kurz. Ich habe im Oktober 2012 mit den Zeichnungen angefangen, im folgenden Juni musste alles fertig sein. Da musste ich mich reinknien und täglich arbeiten. Ich hatte gar keine Zeit, nebenher etwas anderes zu machen.
Ferri: Ich arbeite am besten nachts, weil dann die besten Ideen kommen.
Woher kam denn die Idee, ein klassisches Reiseabenteuer zu schreiben? Kam sie von Albert Uderzo?
1965 erschien "Asterix" erstmals in Deutschland. Verleger Rolf Kauka machte aber entscheidende Änderungen: Aus den Galliern Asterix und Obelix wurden die Westgermanen Siggi und Babarras. Zudem wurden durch die Übersetzung Anspielungen auf die Bundesrepublik der 60er Jahre und die DDR eingefügt. Die Sprache der römischen Besatzer bekam einen US-amerikanischen Einschlag. Goscinny und Uderzo entzogen Kauka daraufhin die Lizenz. Seitdem werden alle Übersetzungen streng geprüft.
Ferri: Nein, nein, da bin ich meiner eigenen Intuition gefolgt. Meine erste Asterix-Geschichte sollte sich bewusst in die Tradition der Serie einfügen.
Der neue Band führt Asterix und Obelix zu den Pikten, wie die damaligen schottischen Völker genannt werden. Darüber gibt es nur wenige gesicherte Quellen - wie bereitet man sich da vor?
Ferri: Ich kannte die Pikten zunächst auch nicht. Aber ich finde es praktisch, dass es kaum historische Quellen gibt. So kann man sich selbst ein Bild von diesen Völkern machen. Allein der Name, der aus dem Lateinischen kommt und "die Bemalten" heißt, ist ja sehr lustig und interessant.
Klaus Jöken: Ich glaube, deswegen funktioniert Asterix auch so gut. Als Uderzo und Goscinny in den 50er Jahren "Asterix, den Gallier" erfanden, wusste man praktisch noch nichts über dieses Volk. Selbst in Frankreich gab es kaum Ausgrabungen. Daher konnten die beiden auch ihrer Phantasie freien Lauf lassen.
Die Pikten spielen auch in dem Film "King Arthur" mit Clive Owen und Keira Knightley eine Rolle. Haben Sie auch solche popkulturellen Referenzen verwendet?

Viele Fragen zum neuen Band sind noch offen - aber Obelix trägt immerhin einen Kilt.
(Foto: 2013 Les Éditions Albert René)
Ferri: Nein, eigentlich wollte ich mir Traditionen und Sitten dieser Völker selber ausdenken. Obwohl man gleichzeitig natürlich die Gelegenheit hat, die heutigen Schotten zu karikieren.
Wie war Ihre Zusammenarbeit? Haben Sie gemeinsam Ideen entwickelt oder waren Ihre Aufgaben als Autor und Zeichner getrennt?
Ferri: Zunächst wurde der Text ausgesucht, ich war also zuerst an Bord. Die Geschichte war bereits komplett fertig, als Didier eingestiegen ist.
Conrad: Ich bekam das Szenario und habe dann die Skizzen für das komplette Album gezeichnet. Diese habe ich an Jean-Yves zurückgeschickt. Er machte dann Anmerkungen, die ich eingearbeitet habe.
Haben Sie dabei auch mit Albert Uderzo zusammengearbeitet?
Conrad: Uderzo ist inzwischen 86 Jahre alt, man kann ihn also nicht wegen jeder Kleinigkeit stören. Erst als alle Skizzen fertig waren gingen sie an den Verlag, der dann den Kontakt zu Uderzo hergestellt hat. Er machte dann ebenfalls Anmerkungen zu den Vorzeichnungen.
Um die Serie bruchlos fortzusetzen, mussten Sie seinen Stil übernehmen.

Die "Asterix"-Zeichnungen entstehen noch traditionell auf Papier, koloriert wird später am Computer.
(Foto: 2013 Les Éditions Albert René)
Conrad: Ich hatte nur wenig Zeit, deshalb lief das parallel. Während ich die Skizzen zeichnete, eignete ich mir nach und nach Uderzos Stil an. Normalerweise arbeite ich ganz anders: Ich zeichne Seite für Seite und tusche sie auch gleich, bevor die nächste Seite dran ist. Diesmal habe ich die Skizzen in einem Rutsch fertiggestellt.
Und erst dann kamen die Reinzeichnungen?
Genau. Nachdem die Skizzen fertig waren, haben wir uns alle zusammengesetzt und Anpassungen vorgenommen. Mit diesen Aufzeichnungen bin ich in die USA geflogen, wo ich wohne. Dort begann ich mit den Tuscharbeiten - und zwar bei der letzten Seite. Diese war einerseits noch am besten in Erinnerung und andererseits passte diese Skizze am besten zu Uderzos Stil. So habe ich mich bis zu den ersten Skizzenseiten vorgearbeitet, bei denen der Stil noch nicht so ausgereift war und die ich auch stärker ändern musste.
Sie zeichnen noch mit dem Stift. Wird es auf längere Sicht dabei bleiben oder können Sie sich einen Wechsel an den Computer vorstellen?

"Asterix bei den Pikten" erscheint am 24. Oktober wie gewohnt als Softcover im Egmont Ehapa Verlag und als Hardcover in der Egmont Comic Collection.
(Foto: 2013 Les Éditions Albert René)
Conrad: Natürlich benutze ich Photoshop, um kleine Fehler oder Unreinheiten zu beseitigen. Aber generell zeichne ich ungern am Computer. Deshalb werden auch die nächsten "Asterix"-Alben mit dem Stift entstehen. Mir ist dabei auch das haptische Gefühl wichtig - der Kontakt mit dem Papier, mit dem Stift, dem Pinsel. Das ist ein besonderes Gefühl, das man am Computer nicht hat, und es bringt auch ganz andere Ergebnisse.
Aber die Kolorierung erfolgt am Computer?
Ja. Thierry Mébarki, Murielle Leroi und Raphael Delerue haben das aktuelle Album koloriert.
Zwischen den letzten "Asterix"-Alben lagen teils viele Jahre - werden sie jetzt wieder regelmäßig erscheinen?
Ferri: Der Verleger plant, alle zwei Jahre ein neues Album herauszubringen. Aber es ist auch einfacher, Verleger zu sein als Autor.
Im Buchhandel werden digitale Angebote immer wichtiger. Gibt es diesbezügliche Pläne für Asterix?
Conrad: In Frankreich wird es eine digitale Version des Albums geben.
Ferri: Das ist eine Version für Tablets und andere Geräte. Aber es gibt keine speziellen Funktionen.
Auch im Kino ist Asterix erfolgreich, in Trick- und Realfilmen. Ist eine neue Verfilmung geplant?
Ferri: Der Verlag findet, dass das neue Material gut für einen Film wäre. Aber das liegt nicht in unseren Händen. Immerhin waren Asterix und Obelix ja gerade erst auf der Insel, in "Asterix in Britannien". Außerdem braucht man für einen Film mehr Material, da reichen die 44 Seiten eines Asterix-Albums nicht aus. Oft wurden ja für einen Film zwei Bände zusammengefasst. Allerdings war mein ursprüngliches Szenario länger, es wurde für das Album gekürzt. Es wären also genug Ideen da, um daraus einen Film zu machen.
Mit Jean-Yves Ferri, Didier Conrad und Klaus Jöken sprach Markus Lippold.
Der Band "Asterix bei den Pikten" erscheint am 24. Oktober bei Egmont Ehapa als Hard- und Softcover. Mehr Informationen gibt es hier.
Quelle: ntv.de