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"Jazz ist anders", Punk auch Die Ärzte ofenfrisch

Von Malte Buhse

Fast hätte es diese CD gar nicht gegeben. Als die Ärzte im vergangenen Dezember ein groß beworbenes Silvesterkonzert gaben, meinten viele Fans zu wissen, dass es das letzte sei. Man munkelte, die Band wolle sich auflösen. Doch dann kündigten die Ärzte noch während des Auftritts ihr zwölftes Studioalbum "Jazz ist anders" an. Seitdem haben Bela B., Farin Urlaub und Rodriguez Gonzales fleißig Songs geschrieben. Und die sind erstaunlich ernst.

Das wird schon beim zweiten Stück, dem "Lied von Scheitern" deutlich. Völlig untypisch für die Ärzte gibt es kein Wortspiel, keine Ironie, dafür eine Textzeile, die als Lebensweisheit taugt: Du bist immer dann am besten, wenn es dir eigentlich egal ist. Musikalisch ist das Ganze gewohnt eingängig und trotzdem nicht langweilig.

Viel Gefühl, wenig Punk

Danach ist die Liebe Hauptthema. Glückliche Liebe, unglückliche Liebe, eingebildete Liebe. Passend dazu wird es sehr ruhig. "Nur ein Kuss" beginnt mit einer einsamen Akustik-Gitarre, erst später kommen zaghaft Schlagzeug und E-Gitarre dazu. Auch "Niedliches Liebeslied" lässt es gemächlich angehen.

Überhaupt findet man nur eine richtige Punk-Nummer auf dem neuen Ärzte-Album. Bei "Heulerei" übernehmen für kurze Zeit schnelle Schrammel-Akkorde und ein treibendes Schlagzeug das Kommando. Danach wird es größtenteils wieder poppig. Die typische Ärzte-Ironie blitzt trotzdem immer mal wieder kurz auf. Besonders gelungen bei "Tu das nicht", einer Parodie auf die Anti-Raubkopierer-Kampagnen der Musikindustrie. "Wir leben vom Inhalt deines Portemonnaies", singt Bela B. und fordert: "Also bitte, gib reichlich." Ernst meint er das nicht, denn die Ärzte liefern ihre CDs konsequent ohne Kopierschutz aus.

Alle sind glücklich, alle sind froh

"Jazz ist anders" ist ein Experiment. Getreu dem Albumtitel zeigen sich die Ärzte von einer anderen Seite. Fast schon weise kommen sie daher. Dass sie dabei nicht lächerlich wirken, liegt an den gelungenen Texten. Die sind einfach gestrickt und trotzdem tiefgründig. Und die musikalische Abwechslung, zum Beispiel durch die Funk-Nummer "Deine Freundin", tut der Band ebenfalls gut. Typische Ärzte-Stücke wie die Single-Auskoppelung "Junge" stellen dann auch das Stammpublikum zufrieden.

Beim Cover-Design haben sich die Ärzte anscheinend von der Pizzeria um die Ecke inspirieren lassen. Das neue Album wird stilecht im Pizzakarton ausgeliefert. Auch die CD selbst sieht aus wie ein italienischer Teigfladen. Zum Essen ist sie aber zu schade. Dann würde man nämlich eine Menge guter Songs verpassen. Also lieber in den CD-Player stecken.

Quelle: ntv.de

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