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Angst, Schrecken und Schweigen Im Schutz weißer Kaninchen

Diktatur wirkt lange nach. Diese Erfahrung teilen die Argentinier mit anderen diktaturerfahrenen Ländern. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Zeit der Militärdiktatur in der aktuellen argentinischen Literatur in vielerlei Gestalt eine Rolle spielt.

Das Buch ist bei Insel erschienen und kostet 14,90 Euro.

Das Buch ist bei Insel erschienen und kostet 14,90 Euro.

Die Autorin Laura Alcoba hat die Videla-Zeit als Kind erlebt und darüber eine Geschichte geschrieben, die die Dimension von Diktatur ahnen lässt. "Das Kaninchenhaus" erzählt wenige Monate, in denen ein siebenjähriges Mädchen sein Zuhause verlassen muss, um im Untergrund zu leben. In der neuen Wohnung entsteht auf dem Hof eine illegale Druckerei der Montoneros, einer bewaffneten Untergrundgruppe, getarnt von einer Kaninchenzucht. Lauras Eltern gehören dem Widerstand an, der Vater sitzt im Gefängnis. Die Besuche bei ihm sind Transportoperationen, versteckt unter Decken wird Laura zu ihm gebracht. Doch die Visite geht über ihre Kräfte, sie erbricht sich im Besuchsraum, danach entfallen die kurzen Begegnungen mit dem Vater.

Unterdessen schreitet der Bau der Druckerei voran, im Haus leben eine schwangere Frau mit ihrem Mann, Laura und ihre Mutter. Konspirativ wird ein Ingenieur gebracht, der den Bau beaufsichtigt, es finden Sitzungen der Montoneros statt. Laura begreift die besondere Situation und stößt dennoch immer wieder an ihre Grenzen. Sie ist nicht raffiniert genug, immer wieder scheint sie die Gruppe in Gefahr zu bringen – ein unachtsames Wort zur Nachbarin, ein Fehler in der Schule, alles kann lebensgefährlich werden. Schließlich ermöglicht der Großvater die Emigration von Laura und ihrer Mutter.

Beängstigend beiläufig kommen die Bedrohung und die Gewalt in Alcobas Roman daher. Lauras Sicht ist dabei gleichzeitig naiv und gnadenlos. Jahre später erfährt sie, dass das Kaninchenhaus verraten wurde. Die Diktatur ist eingebrochen in das beinahe idyllische Leben am Stadtrand, Menschen sterben, ein Baby verschwindet. Und der Verräter stammt aus den eigenen Reihen.

Alcoba verzichtet auf die große Analyse und setzt auf die Erzeugung der Beklemmung, die Leben in der Diktatur bedeutet. Angst, Misstrauen, Verzweiflung und wenige Momente des Friedens, die in der Bedrohung nur geliehen sind. Eine Geschichte, die ihre Wucht aus den kleinen Gesten entfaltet.

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Quelle: ntv.de

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