Fiese Demokraten, schwule Pinguine Politische US-Kinderbücher
15.12.2008, 13:07 UhrDiese Politiker sind ein richtiger Kinderschreck. Als die beiden Schuljungen Tommy and Lou wie so viele amerikanische Kinder an ihrem kleinen Holzstand mit selbst gemachter Limonade ein bisschen Geld für eine Schaukel verdienen wollen, kreuzt der dicke, demokratische Bürgermeister auf - und nimmt den Jungs die Hälfte ihrer Einnahmen ab, "Steuern" halt. Im US-Kinderbuch "Hilfe, Mammi, da sind Linke unter meinem Bett!", wird schon den Kleinsten beigebracht, was für Spielverderber Linke und Liberale sind.
Gesund genug sei die Limonade auch nicht, mäkelt an dem Stand der Kinder eine "Senatorin Clunkton" herum, die Hillary Clinton verdammt ähnlich sieht. Die Botschaften sind einfach und klar: Demokraten vermiesen einem das Leben und berauben uns unseres Glaubens. Das Buch von Katherine DeBrecht ist als leichte, amüsante Erziehungshilfe gedacht. Der Verlag World Ahead Publishing preist es als ideal für konservative Eltern, "die ihre traditionellen Werte mit ihren Kindern teilen möchten". In Blogs schwärmen die Fans vom pädagogischen Wert der bislang drei erschienenen "Help! Mom!" (Hilfe, Mammi)- Geschichten.
Politische Bücher für Kinder und Jugendliche
Seit vielen Jahren finden sich in amerikanischen US-Buchläden immer häufiger politische Bücher für Kinder und Jugendliche. Konservative Ratgeber für Teenager lehren Keuschheit und Bibeltreue. Kinder-Bilderbücher glorifizieren den künftigen US-Präsidenten Barack Obama als frommen Supermann. Bunte Bändchen malen ein Schreckensszenario der Welt nach dem Klimawandel. Feministische Autorinnen erklären, warum es Geschlechter gar nicht gebe, sondern diese nur ein gesellschaftliches Konstrukt seien. Gleich welche politischen Neigungen Erwachsene haben - die ideologisch richtigen Bücher für den Nachwuchs finden sich für jeden Geschmack. Manche religiös-politischen Kinderbücher, wie die "Finale"-Serie von Tim LaHaye und Jerry Jenkins, erreichten in den USA Auflagen in Höhe von elf Millionen.
"Seit dem sehr polarisierten Präsidentschaftswahlkampf 2004 nimmt die Zahl der stark tendenziösen Kinderbücher zu", hat Prof. Michelle Abate von der Hollins University in Roanoke, Virginia, beobachtet. Sie arbeitet an einer Studie über christlich-konservative Kinderliteratur. "Konservative Christen in den USA haben den Eindruck, ständig angegriffen zu werden." Also wollten sie mit den Büchern ihre Kinder vor den Bedrohungen der Moderne wie Scheidungen oder Homosexualität schützen. Die Geschichten spiegelten den wachsenden kulturellen Konflikt Amerikas wider, so die Literaturwissenschaftlerin.
Kein neues Phänomen
Politische Kinderbücher sind in den USA kein neues Phänomen. Schon im 19. Jahrhundert prangerten Gegner der Sklaverei in Kindergeschichten die Unmenschlichkeit der Unfreiheit an. Später priesen Erzählungen von Sozialisten und Kommunisten in einfacher Sprache das materialistische Paradies auf Erden. Hanebüchene Bücher wie das "ABC for Martin" von M. Boland (1935) warben bei den amerikanischen Kindern sogar für den Stalinismus und die Utopie eines "neuen Menschen". Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden erstmals kleine schwarze Kinder Helden von Büchern - bis dahin waren Schwarze in Kindergeschichten meist nur als Bedienstete aufgetaucht.
Wie stark der Einfluss dieser Geschichten auf den Nachwuchs tatsächlich ist, sei bisher kaum erforscht, betont Prof. Julia Mickenberg (Universität Texas in Austin), Autorin eines Sammelbandes mit linksradikaler Kinderliteratur. Kinder seien oft sehr viel skeptischer und kritischer, als Erwachsene glaubten, sagt die Sozialwissenschaftlerin. Kinderbücher mit politischen Botschaften, sofern sie nicht Hass und Gewalt predigten, müssten nicht grundsätzlich abgelehnt werden: "Das kann Kinder zum eigenen Denken anregen, oder sie inspirieren, sich die Welt als einen besseren Ort vorzustellen."
Sie selbst lese ihren Kindern gerade das Buch "Mit Tango sind wir drei" von Peter Parnell and Justin Richardson vor - ein Buch über homosexuelle Eltern. Die Geschichte dreht sich um ein schwules Pinguinpaar, das ein Ei adoptiert und ausbrütet. "Ich möchte, dass meine Kinder wissen, welche verschiedene Familienstrukturen es geben kann", sagt sie.
Die Wahl Barack Obamas werde wohl in den kommenden Jahren einen neuen Boom christlich-konservativer Kinderbücher bringen, meinte Abate. Auch, weil sich diesmal selbst konservative Jugendliche in den Bann des charismatischen Obama haben schlagen lassen. Zumindest in acht oder zwölf Jahren soll dies keinem Demokraten mehr gelingen, das zumindest hoffen die Konservativen im Land.
Quelle: ntv.de, Constanze Kretzschmar, dpa