Mit einer bemerkenswerten 10-CD-Box entführt Kurt Masur seine Zuhörer in die musikalische Welt Peter Tschaikowskys. Bemerkenswert zum einen, weil der Russe in den letzten Jahren der multimedial begleiteten Jubiläen von Bach, Mozart oder Verdi etwas ins Hintertreffen geraten musste. Bemerkenswert zum anderen, weil die großen Dirigenten unserer Tage gern einen Querschnitt ihres Schaffens präsentieren, allerdings nur allzu selten als Monografie eines Komponisten.

Aufnahmen der Jahre zwischen 1987 und 1997 finden sich in der hübsch gestalteten Box, deren abendsonnendurchflutete Landschaft schon beim ersten Blick an die melancholische Grundstimmung Tschaikowskys erinnert. Mit dem Gewandhausorchester, dessen Kapellmeister er war, und dem New York Philharmonic, dem er als Chefdirigent in den Neunzigern vorstand, gibt Masur eine außergewöhnliche Werkschau Peter Tschaikowskys.

Beispielhaft sei hier die fünfte Sinfonie e-moll genannt. Der erste Satz, „andante – allegro con anima“ ist ein Blick in das Gemüt des Komponisten, fast ein Vorgriff auf sein finales Meisterwerk, die „Pathtique“. Masur gelingt es, dem Orchester eine enorme Dynamik zu entlocken. Die Musiker messen die Täler der Melancholie mit ebensolcher Feinfühligkeit aus, wie sie die kraftvollen Momente des ersten Satz gleich einem Gewittersturm über den Hörer hereinbrechen lassen. Kein bloßes Abspulen eines durch Noten festgehaltenen musikalischen Gedankens, nein, so muss Tschaikowsky sich die Verwirklichung seiner musikalischen Idee gedacht haben. Masur legt mit dieser Fünften eine Einspielung vor, die ihresgleichen sucht.

Klangtechnisch bewegt sich die Box auf hohem Niveau. Ein fein ausbalanciertes Abbild des Orchesterspiels, das dem verwöhnten Ohr ein tiefes Hineingehen in die Szenerie ermöglicht, macht das Hören zu einem angenehmen Entspannungsmoment.

Andr Busche

Peter Tschaikowsky ,"Complete Masur Recordings", Gewandhausorchester / New York Philharmonic / Leonskaja / Masur,Warner Classics (10 CD), Januar 2007, 38,99 Euro