Ein Anruf und 120 Tote Zwei CIA-Spione liefern sich Psychoduell
13.06.2016, 12:48 UhrEin Anruf aus einem CIA-Büro kostet 120 Menschen in einem gekidnappten Flugzeug das Leben. Wer ist der Verräter? Zwei Agenten und gleichzeitige Ex-Geliebte suchen Antworten - und finden sich in einem gemein endenden Katz-und-Maus-Spiel wieder.
Wenn ehemalige Liebende aufeinandertreffen, haben sie meistens eine breite Palette an Gefühlen und emotionalen Verletzungen im Gepäck. So auch Celia und Henry, die Protagonisten in dem Thriller "Der Anruf" von Olen Steinhauer. Doch bei ihnen kommt noch etwas anderes hinzu: Sie haben sich sechs Jahre vor ihrem Wiedersehen nicht nur geliebt, sondern auch zusammen gearbeitet - als Spione für den US-Geheimdienst CIA. Und ihr letzter gemeinsamer Einsatz ging tödlich schief.
Die Katastrophe ereignete sich in Wien: 2006 landete auf dem dortigen Flughafen eine von Terroristen gekidnappte Passagiermaschine mit 120 Menschen an Bord. Den fünf CIA-Agenten vor Ort eröffnete sich eine kleine Chance, die Geiselnehmer auszuschalten und ein größeres Blutvergießen zu verhindern. Doch dann wurde von einem Apparat im CIA-Büro aus mit einem der Drahtzieher telefoniert und alle Passagiere kamen ums Leben.
Celia kehrte kurz nach der Tragödie Henry, Wien und dem Agentendasein den Rücken. Sie heiratete einen General-Motors-Manager, bekam zwei Kinder und ließ sich in Carmel-by-the-Sea, einem beschaulichen Ort an der Küste Kaliforniens, nieder. Was weiß sie über die Geschehnisse von damals? Das soll Henry herausfinden. Er ist noch immer für die CIA tätig und von dem Geheimdienst beauftragt, den Fall neu aufzurollen.
Steinhauer baut seinen Thriller geschickt auf, indem er dem Leser Einblicke in die Gedanken und Handlungen beider Hauptfiguren gewährt: Abwechselnd lässt er die zwei Spione, die einmal den innerhalb ihres Berufsstandes eher ungewöhnlichen Traum einer gemeinsamen Zukunft träumten, als Ich-Erzähler berichten.
Die Zeit des fiktiven Terrors in Wien erzählt Steinhauer, der seine Leser zuletzt mit "Die Kairo-Affäre" fesselte, in Rückblenden. Der Fokus liegt auf der Aufklärung des Verrats und damit auf dem erneuten Zusammentreffen der Agenten, das der US-amerikanische Autor kammerspielartig anlegt: Bei gebratenem Red Snapper und Parmesanrisotto sitzen Celia und Henry im Jahr 2012 in einem gehobenen Restaurant in Carmel. Ihre Nervosität trinken sie mit reichlich Chardonnay weg und schon bald entwickelt sich aus dem bemüht freundlichen Umeinanderherumschleichen ein als Austausch von Erinnerungen getarntes Verhör – bei dem Celia und Henry keine psychologische Finesse auslassen.
Und so wie die beiden Agenten getreu ihrem Beruf Katz und Maus spielen, lässt Steinhauer den Leser bis zum Schluss zappeln und immer neue Theorien darüber aufstellen, was in Wien passiert sein könnte und welches Ziel die beiden Agenten mit ihrem Treffen tatsächlich verfolgen. Deswegen wäre es fahrlässig, an dieser Stelle mehr zu verraten, nur eins noch: Das Ganze endet in einem packenden und ziemlich fiesen Showdown.
Daher auch der Tipp an alle Leser, die am Anfang vor Neugier gerne schon mal auf den hinteren Seiten schmökern (es soll sie ja auch unter Krimifreunden geben): Wer dem Blätter-Drang widersteht, wird belohnt, der Thriller ist spannend bis zum allerletzten Satz.
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Quelle: ntv.de