Moin, Moin und Mohltied! Schon was vor am 16. September?
13.09.2014, 11:49 UhrIm Ganzen, entblättert oder gehobelt; sauer, süß oder süßsauer. Geschmort, gebraten oder gekocht. Roh und kalt ist er am besten für die Gesundheit, ins Gesicht geschmiert, hilft er der Schönheit. Ein Meister der unbegrenzten Möglichkeiten ist Hubert Nickels aus Wesselburen.

80 Millionen Kohlköpfe kommen jedes Jahr aus Dithmarschen - für jeden Deutschen einen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kohlköpfe sind Hubert Nickels Leidenschaft. Normalsterbliche wie Sie und ich kennen Weißkohl als Sauerkraut und im Eintopf, als Kohlbrot und Schmorkohl, mit herzhafter Fleischfüllung und als gesunden Rohkostsalat oder gar als diätischen Sauerkrautsaft. Selbst im Ganzen eingelegte Kohlköpfe, wie es auf dem Balkan Brauch ist, oder als feuriger "Kim Chi" aus Korea - all das ist uns nicht fremd. Aber als Fruchtaufstrich aufs Frühstücksbrötchen? Oder gar als Schönheitsmittel für Haut und Haar? Für wen das keine "böhmischen Dörfer" bleiben sollen, der macht sich am besten auf die Reise.
Nein, nicht ins Böhmische, sondern nach Dithmarschen. Vom 16. bis 21. September finden dort im Norden Deutschlands die 28. Kohltage statt. Zuverlässig wie Ebbe und Flut am Deich stehen sie in der Region zwischen Sylt und Hamburg stets im September vor der Tür. Dann nämlich ist der Kohl "reif", und seit nunmehr 125 Jahren erfolgt in dieser Zeit in Dithmarschen der Anschnitt. Im Laufe der Jahrzehnte mauserte sich dieses Ereignis zum größten Herbstfest der Region.
Kulinarisches, Kultur und Küste - das Gute liegt in Dithmarschen nah beieinander. Zahlreiche Markt- und Stadtfeste locken an den sechs Kohltagen mit einem abwechslungsreichen Programm aus Musik, Spaß und Tradition. Eröffnet wird das größte Herbst-Fest an der schleswig-holsteinischen Westküste mit dem Kohlanschnitt am 16. September um 10 Uhr in Tiebensee (Gemeinde Neuenkirchen). Viele Aktionen finden in Wesselburen, der Wiege des Kohls, statt. Der Wesselburener Gärtner Eduard Lass (1859 - 1924) gilt nämlich als der "Erfinder" des Dithmarscher Gemüseanbaus in großem Stil. Lass begann sein Geschäft auf drei Morgen Land - heute werden auf den Feldern zwischen Eider und Elbe, Nordsee und Nord-Ostsee-Kanal jährlich auf rund 3.000 Hektar etwa 80 Millionen Kohlköpfe geerntet. Dieses Jahr wurde der Weiß- und Rotkohl aus dem größten geschlossenen Kohlanbaugebiet Europas in das EU-Qualitätsregister für landwirtschaftliche Produkte aufgenommen und darf das Gütezeichen g.g.A. (geschützte geografische Angaben) tragen.
Sauerkraut und Salbe nach Nickels
Historisches über den Anbau und die Verarbeitung des überaus gesunden Gemüses erfahren Gäste im Kohlosseum in Wesselburen. Im historischen Gebäude der alten Sauerkrautfabrik gibt eine einmalige Ausstellung Auskunft überAnpflanzung und Verarbeitung von Kohl sowie die Herstellung von Sauerkraut.
Die Seele des Kohlosseums ist der 73jährige Hubert Nickels, in den Medien gern "Krautmeister" oder "Sauerkrautpapst genannt. Berühmt machte ihn vor allem seine Idee, Sauerkraut nicht in Riesen-Fässern, sondern in Hausfrau-gerechten Gläsern zu vergären. In dem 450 Gramm-Glas mit Bio-Siegel steckt eine komplette kleine Sauerkrautfabrik. Der Weißkohl arbeitet im verschlossenen Krautglas sieben Tage weiter - sich selbst überlassen und ohne menschliches Zutun. Das Geheimnis, 1998 zum Patent angemeldet, steckt im "atmenden" Deckel: Der Spezialverschluss lässt einerseits Gase aus dem Glas entweichen, verwehrt aber andererseits den Luftzutritt von außen. Nach etwa einer Woche hat sich ein Milchsäurewert von 1,1 Prozent eingestellt und die Gläser sind fit fürs Kühlhaus und den Verkauf. Das Ergebnis ist ein bio-aktives Frisch-Sauerkraut, im Glas gereift und ohne Hitzebehandlung haltbar gemacht. Wertvolle Inhaltsstoffe des Kohls werden so gerettet.
Der pensionierte Lebensmitteltechniker kann aber wesentlich mehr als Sauerkraut. Im Angebot sind erstaunliche Dinge: Eine Salbe gegen Schuppenflechte, Gürtelrose oder Neurodermitis, ein Shampoo gegen Kopfjucken und eine Körperlotion für geschmeidige Haut von oben bis unten. Die Grundsubstanz von Wekohsal, Wekohshamp und Wekohlotion ist Bio-Weißkohlsaft. Auf den Dreh mit den biologischen Kohlprodukten kam Nickels übrigens beim Selbstversuch mit Kohlblättern gegen eine Gürtelrose. Wunder verspricht der Krautmeister dennoch nicht: Auch mit seinem Shampoo sprießen keine neuen Haare auf einem kahlen Kopf.
Nur der Schnaps schmeckt nicht
Bei Haut und Haaren macht Nickels noch lange nicht Schluss. Da sich Kohl ja für jede Menge kulinarische Raffinessen eignet, liegt der Gedanke an Wein und Schnaps nahe. Da ist der Erfinder aber noch mächtig am Experimentieren, denn sein ernüchterndes Urteil über bisherige Ergebnisse: "Schmeckt nicht!"

Asiatisch inspiriert: Die Dithmarscher Herbstrolle mit leckerem Weißkohl.
(Foto: Kreis Dithmarschen)
Und schmecken soll das Kraut schließlich! Aus Kohl lassen sich kreative und köstliche Gerichte zu jedem Preis zubereiten. Das demonstrieren die 56 Kohltage-Gaststätten während der sechstägigen Veranstaltungsreihe. Auf der Speisekarte stehen Spezialitäten wie Lammfilets auf gestampftem Kohl, Kohl-Cordon-bleu und Seelachsfilet im Wirsingkohlmantel. Auch Traditionelles wie Kohlroulade oder Kohlwurst wird angeboten. Erstmals kann man im Kohlosseum in Wesselburen Kohl als Brotaufstrich probieren. Die Spezialität "Fruko" aus der Marmeladen Manufaktur von Hans-Uwe Glashoff wurde speziell für die diesjährigen Dithmarscher Kohltage aus fünf Kohlsorten (Weißkohl, Rotkohl, Wirsingkohl, Rosenkohl und Spitzkohl) zubereitet.
Ein Höhepunkt der Eröffnungsfeier am kommenden Dienstag ist die offizielle Vorstellung des "Kohlgerichts 2014", das vor den Augen der Gäste zubereitet wird. Das Kohlgericht 2014- die "Dithmarscher Herbstrolle" - wird in einer eigens dafür konzipierten vier mal vier Meter großen "Gläsernen Küche" von den Kochschülerinnen und -schülern des Berufsbildungszentrums (BBZ) in Meldorf gekocht. Für die Auszubildenden ist dieses Projekt, welches sie überwiegend selber planen und organisieren, eine große Herausforderung. Die Dithmarscher Herbstrolle aus Zutaten wie Weißkohl, Rinderhackfleisch und Frühlingsrollenblättern wurde von den Nachwuchsköchinnen und -köchen übrigens entwickelt:
Dithmarscher Herbstrolle
Zubereitung: Zutaten (4 Pers): Herbstrolle:
400 g Rinderhackfleisch
350 g Weißkohl
100 g Zwiebeln
150 g Karotten
80 g Lauch
2 EL Rapsöl
1 EL Margarine
1 Ei
30 g Tomatenmark
80 ml Sojasauce
40 ml Sweet Chili Sauce
Frühlingsrollenblätter
Salz, Pfeffer, Paprika, Ingwer
Krautsalat:
400 g Weißkohl
30 g Zwiebeln
40 g Karotten
5 g Schnittlauchröllchen
15 g Salz
25 g Zucker
60 ml Weißweinessig
30 ml Rapsöl
20 ml Sweet Chili Sauce
Zutaten Asiasauce:
200 ml Geflügelfond
40 ml Ketjap Manis
10 g Brauner Zucker
5 g Speisestärke
1 Spritzer Apfelessig
Herbstrolle:
400 g Rinderhackfleisch
350 g Weißkohl
100 g Zwiebeln
150 g Karotten
80 g Lauch
2 EL Rapsöl
1 EL Margarine
1 Ei
30 g Tomatenmark
80 ml Sojasauce
40 ml Sweet Chili Sauce
Frühlingsrollenblätter
Salz, Pfeffer, Paprika, Ingwer
Krautsalat:
400 g Weißkohl
30 g Zwiebeln
40 g Karotten
5 g Schnittlauchröllchen
15 g Salz
25 g Zucker
60 ml Weißweinessig
30 ml Rapsöl
20 ml Sweet Chili Sauce
Zutaten Asiasauce:
200 ml Geflügelfond
40 ml Ketjap Manis
10 g Brauner Zucker
5 g Speisestärke
1 Spritzer Apfelessig
Für die Füllung die Gemüse putzen und in feine Streifen schneiden. Öl und Margarine erhitzen, Hackfleisch scharf anbraten und etwas würzen. Zwiebeln und Kohl hinzufügen, anbraten und wiederum etwas würzen. Tomatenmark dazu geben und gut anschwitzen. Sojasauce und Chili Sauce hinzufügen, aufkochen lassen und vom Herd nehmen. Karotten und Lauch unter die Gemüse-Hackpfanne heben, auf ein Blech geben und auskühlen lassen.
Ein Frühlingsrollenblatt auf ein sauberes Geschirrhandtuch legen; die Spitzen sollen nach oben beziehungsweise unten zeigen. Das Ei trennen und das Eiweiß mit etwas kaltem Wasser verschlagen. Damit mit einem Backpinsel das Teigblatt auspinseln. Die Füllung in die Mitte des Blattes setzen, dabei zur linken und rechten Seite etwa 2 cm Platz lassen. Die untere Teigspitze stramm über die Füllung ziehen, dann die Außenseiten nach innen schlagen und die Rolle stramm aufrollen. Die Herbstrollen bis zum Servieren abgedeckt kalt stellen.
Für den Krautsalat Kohl und Zwiebeln in feinste Streifen schneiden, Zucker und Salz hinzufügen und durchkneten, bis sich die Gewürze gelöst haben. Essig, Öl und Chilisauce dazu geben, gut durch heben und gegebenenfalls nachwürzen. Karotten ebenfalls in sehr feine Streifen schneiden und gemeinsam mit den Schnittlauchröllchen kurz vor dem Servieren unter den Salat heben.
Für die Asiasauce alle Zutaten, außer der Stärke, vermengen und aufkochen. Stärke mit wenig Wasser glatt rühren und den Fond damit binden. Sauce ein wenig köchelnd reduzieren, vom Herd nehmen und auskühlen lassen.
Gutes Gelingen und viel Spaß bei den Kohltagen in Dithmarschen wünscht Ihnen Heidi Driesner.
Quelle: ntv.de