Liebe, Leidenschaft und Hass Villazón wandelt auf Verdis Spuren
15.11.2012, 10:55 Uhr
Für Villazón ist Verdi "einfach der Beste".
(Foto: Gabo / DG)
Die neue CD von Villazón hört man sich nicht ohne ein wenig Sorge an, denn in den letzten Jahren hatten den Tenor immer wieder ernste Stimmprobleme geplagt. Jetzt stellt sich also die Frage: Ist er stimmlich wieder ganz der Alte? Mit Verdi-Arien gibt Villazón darauf eine eindeutige Antwort.

Villazón zusammen mit Gianandrea Noseda, der die Aufnahmen dirigiert.
(Foto: Rainer / Maillard / DG)
2005 ging ein neuer Stern am Klassikhimmel auf. An der Seite der Starsopranistin Anna Netrebko sang sich ein mexikanisches Energiebündel in die Herzen der Zuschauer: der Tenor Rolando Villazón. Er gab bei den Salzburger Festspielen in Giuseppe Verdis "La Traviata" einen leidenschaftlichen und stimmgewaltigen Alfredo.
Es folgten umjubelte Auftritte rund um den Globus, die Werbemaschinerie lief reibungslos, Villazón wagte sich an anspruchsvolle Opernpartien – und plötzlich ging nichts mehr. Die Stimme versagte, seine Auftritte wurden zur Zitterpartie und immer wieder zwangen ihn gesundheitliche Probleme zu Singpausen. 2009 zog er sich dann für ein Jahr ganz aus der Öffentlichkeit zurück, um sich einer Stimmband-OP zu unterziehen.
Seine neue CD "Villazón Verdi" hört sich der Liebhaber klassischer Musik daher nicht ganz ohne Sorge an, denn es stellt sich natürlich die Frage: Ist Villazón stimmlich wieder ganz der Alte? Die Antwort lautet: nein. Selbstverständlich hat sich seine Stimme verändert. Aber das ist nicht unbedingt schlecht. Denn auch wenn sie an Brillanz, Leichtigkeit und Spritzigkeit eingebüßt hat, stehen dem Tenor der warme Klang und der facettenreichere Ausdruck seines Gesanges äußerst gut.
"Verdi kennt all unsere Gefühle"
Die CD ist aber nicht nur ein Beweis der wiedergewonnenen Stimmkraft, sondern vor allem eine Hommage an Verdi. Dessen 200. Geburtstag wird zwar erst im kommenden Jahr gefeiert, aber Villazón lässt es sich nicht nehmen, als einer der Ersten zu gratulieren.
Er verdankt dem italienischen Maestro nicht nur seinen Durchbruch als Sänger. Für ihn ist Verdi "einfach der Beste". Er verstehe es wie kaum ein anderer, die ganze Palette menschlicher Emotionen zum Klingen zu bringen. "Verdi kennt all unsere Gefühle", so Villazón, "er spitzt sie dramatisch zu und zeigt uns in seiner Musik unsere eigene – manchmal helle, manchmal dunkle – Seele."
Hum-ta-ta ist ein Muss
Zum Jubiläum hat Villazón es sich zur Aufgabe gemacht, einen Streifzug durch den Verdischen Kosmos zu unternehmen, Liebe, Hass und Leidenschaft nachzuspüren und musikalische Ideen zu ergründen. Dafür spannt er den Bogen von der ersten Oper "Oberto" bis zum "Falstaff", dem Alterswerk des Komponisten, mag dabei aber – hier kann man sich ein "leider" nicht verkneifen – auf Gassenhauer wie das mittlerweile doch reichlich abgedroschene "La donna è mobile" aus dem "Rigoletto" nicht verzichten.
Natürlich, das typische Hum-ta-ta ist bei Verdi ein Muss. Aber die Höhepunkte der Einspielung sind definitiv andere. Denn neben Bekanntem hat Villazón Arien und Lieder ausgewählt, die eher selten auf Konzert- und Opernbühnen zu hören sind. Das ist der eigentliche Verdienst der CD.
Villazón- und vor allem Verdi-Fans können sich über einen gelungenen Auftakt zum Jubiläum freuen - und 2013 auf weitere Entdeckungen hoffen.
Quelle: ntv.de