"A Girl Walks Home Alone At Night" Wenn Vampire Tschador tragen
25.04.2015, 13:33 Uhr
Ein stiller Vampir, der Tschador trägt und Nacht für Nacht auf dem Skateboard auf Nahrungssuche geht.
(Foto: Capelight)
Eine fiktive Stadt, so düster wie Sin City. Eine wunderschöne Heldin mit düsterem Geheimnis. Quentin Tarantino, Jim Jarmusch und der Iran. Das alles kunstvoll verpackt in einem Schwarz-Weiß-Film. Gibt es nicht? Gibt es doch. Zum Glück!
In Bad City will man nicht leben. Es ist trostlos hier. Die Gewalt regiert. Drogenmissbrauch ist fester Bestandteil des traurigen Alltags. Arash (Arash Marandi) kann davon ein Lied singen. Sein Vater ist abhängig, er selbst besorgt die "Medizin" beim Dealer Saeed (Dominic Rains). Das Einzige, so scheint es, was den jungen Mann am Leben erhält, ist sein Auto - ein alter Ford Thunderbird.

Sonnenbrille lässig im Gesicht und mit seinem Thunderbird durch die trostlose Gegen cruisen - das ist Arashs Lebenselixier.
(Foto: Capelight)
Als er den aber an Saeed abtreten muss, um seine Schulden zu begleichen, ist er wütend. Auf sich, seinen Vater, Bad City, das ganze Scheißleben - und vor allem auf Saeed. Er will den Wagen zurück. Um jeden Preis. Als er bei Saeeds Haus auftaucht, tritt er aber auf eine junge Frau (Sheila Vand). Geheimnisvoll und wunderschön tritt sie aus dem Eingang und verschwindet in der Nacht. Arash weiß es noch nicht, aber sein Leben hat sich gerade auf einen Schlag geändert und nimmt ab da eine positive Wendung.
Ein Vampir auf einem Skateboard
Als Arash Saeeds Wohnung betritt, ist es vollkommen ruhig. Saeed ist tot. Kein schöner Anblick. Sein Blut klebt überall. Arash bleibt gelassen. Es lässt ihn kalt, denn er hat sein Auto wieder - und nichts mit dem grauenvollen Gemetzel an Saeed zu tun. Verantwortlich dafür ist die junge Schönheit.
Sie durchstreift Nacht für Nacht auf einem Skateboard und in einen Tschador gehüllt die leblos scheinenden Straßen von Bad City. Sie räumt sie auf, säubert sie von widerlichen Subjekten wie Saeed. Der Dealer und Zuhälter ist nur einer der nächtlichen Imbisse der Frau, denn sie ist ein Vampir.
Ein weiblicher Tarantino?
"A Girl Walks Home Alone At Night" klingt wie ein schlichter-Vampir-Horrorfilm - und ist dabei so vieles mehr. Ansätze eines Gangster-Thrillers finden sich, Bilder eines Liebesdramas genauso. Selbst Slasher-Elemente tauchen auf. Drehbuchautorin und Regisseurin Ana Lilly Amirpour (iranische Wurzeln, in England geboren, in den USA aufgewachsen) beschreibt den Film selbst als "ersten iranischen Vampir-Spaghetti-Western". Das trifft ebenfalls zu.
Der in Schwarz-Weiß gedrehte Film spielt in einer fiktiven iranischen Geisterstadt. Er verbindet klassische Hollywood-Elemente mit dem typischen Erscheinungsbild aus Tausendundeiner Nacht: Ford Thunderbird, Skateboard und James-Dean-Look mit Blue-Jeans und weißem T-Shirt hier, Tschador, Rollenverteilung Mann hier/Frau da. Mit diesen gegensätzlichen Elementen spielt Amirpour und erschafft so eine magische Welt, die wie das düstere Sin City mitten in Teheran anmutet.
Der Zuschauer muss das mögen. Zumindest sollte er sich darauf einlassen. Action á la "Blade" oder "Underworld" gibt es nicht. Stattdessen lässt Amirpour Bilder und Darsteller für sich sprechen und auf den Zuschauer einwirken. Lange Kameraeinstellungen auf die Gesichter der Protagonisten etwa ziehen in den Bann. Oder eben die Aufmachung Bad Citys.
Gleichzeitig steckt Amirpour ihre Geschichte, die auf einer früheren Short Story von ihr basiert, in ein buntes Kaleidoskop von Musikgenres. Der Zuschauer meint, Ennio Morricone zu hören. Dann wieder ertönen persische Klänge und werden abgelöst von der Düsternis der "White Lies". Das sitzt und passt zum Film wie die blutigen Reißzähne zu dem Vampirmädchen.
Stellen Sie sich eine filmische Liaison von Quentin Tarantino und Jim Jarmusch vor - und sie haben Amirpours "A Girl Walks Home Alone At Night"! Nicht die schlechteste Mischung, oder?
"A Girl Walks Home Alone At Night" startet am 23. April 2015 in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de