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Harvest: Ein letzter Sommer Zu Besuch bei Familie Monopoli

Ein letztes Mal den sonnendurchfluteten Nachmittag genießen: Siv auf seiner Fahrradtour.

Ein letztes Mal den sonnendurchfluteten Nachmittag genießen: Siv auf seiner Fahrradtour.

Eine Sache predigt Siv Monopoli immer wieder: "Familie ist alles." Doch ob seine Lieben noch zusammenhalten, wenn der Patriarch nicht mehr ist, ist in seinem letzten Sommer ungewiss. Filmemacher Marc Meyers lädt zum Besuch bei einer dysfunktionalen, oder doch ganz normalen Familie ein.

Die College-Sommerferien mit den Freunden locken, das Strandhaus ist angemietet, doch Josh (Jack T. Carpenter, "The Good Wife") muss nach Hause fahren, wo seine esoterische Mutter (Victoria Clark), sein schrulliger Onkel (Arye Gross, "Soulman"), die aufdringliche Haushaltshilfe, die immer noch schöne Großmutter (Barbara Berrie) und der agile Großvater auf ihn warten. Und die Familie wird ihn so schnell nicht wieder aus dem schönen alten Haus irgendwo in Connecticut lassen. Denn das wird der letzte Sommer sein, den sein schwer erkrankter Großvater Siv (Robert Loggia, "Sopranos") erleben wird. Und der will seine Familie bis zum letzten Moment um sich haben.

Geschichten von Eichhörnchen und Liebe: Siv und Josh.

Geschichten von Eichhörnchen und Liebe: Siv und Josh.

Und das ist nicht der einzige Kummer, der auf der Familie lastet, die auf den ersten Blick so unbeschwert erscheint, wie sie auf der sonnendurchfluteten Terrasse gemeinsam zu Abend isst. Denn Sivs geliebte Frau Yetta leidet an fortgeschrittener Demenz, seine Tochter Anna ist geschieden, sein Sohn Benni nicht einmal das und zudem schwer überfordert von den Avancen des Hausmädchens Rosita. Und da ist noch der älteste Sohn Carmine, der erfolgreiche Lokalpolitiker, den ein Streit mit seinem Bruder Benni seit Jahren fern hält von seinem Elternhaus.

Auch ohne den nahenden Krebstod vor Augen wäre das genug, um Siv verzweifeln zu lassen. Doch der Patriarch ist der einzige in der Familie, der vor Lebensfreude sprüht. Denn auch wenn Siv sein Leben gelebt hat, ist er entschlossen, bis zur letzten Minute "mit Gas zu kochen". Sehr zum Erstaunen seines Enkels, für den das Leben und die Liebe ein einziges Rätsel sind. Nur die alten Geheimnisse aus dem Krieg lasten auf den Veteranen. Und die Sorge, dass die Menschen, die er liebt, vergessen, was das wichtigste ist: Die Familie.

Alte Lebenskunst

Geschichten über dysfunktionale Familien wurden im Kino schon oft erzählt. Auch die Idee, in einer Erzählung das Erwachsenwerden des einen Familienmitglieds mit dem nahenden Tod eines anderen zu verknüpfen, ist nicht neu. Dennoch ist "Harvest – Ein letzter Sommer" ein sehenswerter Film. Denn zum einen lässt Jack T. Carpenter seine Rolle "Josh" nicht von einer Minute zur anderen erwachsen und vernünftig werden. Stattdessen macht er den Unwillen spürbar, an den sich jeder noch erinnert, der, gerade flügge geworden, ein Wochenende in seinem alten Kinderzimmer verbringen muss und sich die ganze Zeit über nach seinen Freunden verzehrt, die bestimmt gerade unglaubliche Abenteuer erleben.

Zum anderen steht im wunderbaren Kontrast dazu der von Robert Loggia gespielte Siv, den jeder in der Kleinstadt schätzt und mag, und der seinerseits von einer tiefen Liebe zum Leben erfüllt ist. All dies zeigt Robert Loggia alleine schon in der Szene, in der Siv eine letzte Runde auf dem Fahrrad dreht, im alten Stammlokal Sachen isst, die ihm sein Arzt schon lange verboten hat, innehält am Kleinstadt-typischen Kriegsdenkmal für die Gefallenen des Korea-Krieges und schließlich noch rasch bei seiner Schwester vorbeischaut, um sie noch einmal in den Arm zu nehmen, bevor ihn der nächste Tumorfieberschub final ans Bett fesselt.

Liebe über das Vergessen hinaus: Siv und Yetta.

Liebe über das Vergessen hinaus: Siv und Yetta.

Auch wie Siv seine Frau Yetta immer noch liebt, herzt und kost, obwohl sie ihre gemeinsame Geschichte schon lange vergessen hat, steht im Gegensatz zu seinen beziehungsunfähigen Kindern. Und nichts macht den durch die Scheidung seiner Eltern immer noch traumatisierten Josh mehr Angst, als der Gedanke, irgendwann ebenfalls als frustrierter Single oder geschiedener Mann dazu stehen. Doch wie man liebt, kann auch Siv ihm nicht erklären. Wie sich dieser Großvater auch sonst angenehm zurückhält mit großen Weisheiten.

Ganz normaler Familienwahnsinn

In "Harvest" geht es nicht darum, dass die alten Leute den jungen unglaubliche Einsichten mit auf den Weg geben. Nein, es geht darum, noch mal die Geschichte von den Eichhörnchen zu erzählen, die der kleine Siv immer geschossen hatte, damit seine Mutter einen Eintopf daraus kochen konnte. Auch ist es nicht nötig, genau zu erklären, worum es bei dem Streit zwischen Benni und Carmine geht, außer dass es etwas mit Geld, Testamenten und Anwälten zu tun hat. Wie in vielen Familie, wo der Abschied des Oberhauptes droht.

Es geht noch nicht mal darum, ob diese Familie nach dem Tode Sivs noch zusammenhalten wird oder nicht. Sondern darum, ob sie es schaffen, die Streitigkeiten wenigstens im Moment seines Todes ruhen zu lassen."Denn das ist Familie", hält Anna ihren ewig streitenden Brüdern vor. "Du kannst Dich nicht entschuldigen, nachdem jemand gegangen ist."

"Harvest" ist vielleicht nicht der größte Film, der zu diesem Thema gemacht worden ist. Aber ein ehrlicher, der auch die rührenden, schönen, lustigen und nervtötenden Momente, die eine Familie bieten, nicht vergisst. Dafür wird alleine schon das nach Liebe dürstende Hausmädchen sorgen.

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Quelle: ntv.de

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