Musik

Unheilig gehen auf Abschiedstour Der Graf bittet zum letzten Tanz

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Seit gut einem Jahr bereitet sich die Unheilig-Fangemeinde auf das nahende Ende ihrer heißgeliebten Band vor. Nun ist es so weit. Die letzte Tour steht vor der Tür. Das Polarisieren hat ein Ende - doch des einen Leid ist des anderen Freud.

Wer als Person der Öffentlichkeit, ob als Sportler oder Musiker, nach den Sternen greift, der gibt sich nur selten mit einem "Once in a lifetime"-Moment zufrieden. Der verteidigte Weltmeistertitel oder das zweite, dritte oder vierte Nummer-eins-Album werden in elitären Ausnahmezirkeln in der Regel weitaus höher eingestuft als das jeweilige Gipfelsturmdebüt. Frei nach dem Sinnspruch "Nichts ist so alt wie der Erfolg von gestern" rennen mit außergewöhnlichen Talenten gesegnete Größen der Sport- und Unterhaltungsbranche in ihren eigenen Ruhmeshallen im Kreis herum. Einer der wenigen, der das stetige Sich-selbst-Übertreffen nie so wirklich auf dem Schirm hatte, ist der Graf, seines Zeichens polarisierender Frontmann der deutschsprachigen Gothic-Rock-Pop-Band Unheilig.

"Du musst aufhören, wenn es am Schönsten ist, um den Wert des Erlebten zu erhalten. Nur dann haben erreichte Ziele und Träume ihre eigene Zeit, auf die man später mit einem Lächeln voller Glück, Dankbarkeit und Zufriedenheit zurückblicken kann", verkündete der geheimnisumwobene Leadsänger mit dem kahlrasierten Kopf und dem Designer-Bärtchen vor gut einem Jahr auf seiner Homepage.

Ist der Zug wirklich schon abgefahren?

Ist der Zug wirklich schon abgefahren?

Er habe schließlich alles erreicht, und auf dem letzten Studioalbum "Gipfelstürmer" seien zudem die nach eigener Ansicht "besten Unheilig-Songs" vertreten. Während das mit den "besten Songs" sicherlich diskutabel ist, hat das "alles erreicht"-Statement definitiv Hand und Fuß; denn viel mehr kann man hierzulande mit Musik nicht erreichen. Es sei denn, man bekommt nicht genug. Doch der Graf hatte irgendwann genug: Nach drei aufeinanderfolgenden Nummer-eins-Alben ("Große Freiheit", "Lichter Der Stadt", "Gipfelstürmer"), vielen Auszeichnungen (Bambi, Comet, Musikautorenpreis, Goldene Kamera), einem Sieg beim Bundesvision Song Contest ("Sieger"), sowie diversen Oha-Momenten vor laufenden TV-Kameras ("Big Brother", "Willkommen bei Carmen Nebel"), stand bei dem Sänger aus Aachen nichts mehr auf der To-do-Liste.

Kein Pappenstiel

Irgendwie auch verständlich, schließlich verbrachten der Graf und seine Band die kompletten zehn Jahre vor dem Durchbruch im Jahr 2008 ("Puppenspiel") mehr oder weniger abseits des Rampenlichts. Als es dann aber mit einer musikalisch etwas seichteren Ausrichtung und fernab vom schwarzgeschwängerten Gothic-Getue der Anfangstage plötzlich schnurstracks in Richtung Charts ging, wollte man den jahrelang angepeilten Oversize-Erfolg nur noch festhalten. Es sollte nicht mehr abwärts gehen. Doch die Gefahr bestand, hätte man im Oktober 2014 nicht die Reißleine gezogen.

Nun trauert die mittlerweile handzahm gewordene Unheilig-Fangemeinde, während sich die alteingesessenen Anhänger und natürlich auch all die Graf-Hater wohl eher erlöst und befreit fühlen. Schluss mit dem Gemotze über Ausverkauf, anbiedernde Mainstream-Fahrtrichtungen und zwiespältige Auftritte in blutleeren TV-Containern und mit rosaroter Heimatwatte ausgestopften Fernsehstudios. Der Traum von der Rückkehr zu den musikalischen Wurzeln ist ebenso ausgeträumt wie der von einer nicht enden wollenden Weiterfahrt auf dem Plüschzug in Richtung Schlagerhimmel. Man kann endlich loslassen. Den einen wird es sicherlich leichter fallen als den anderen.

Für all diejenigen, die seit einem Jahr aus dem Schluchzen nicht mehr rauskommen, rollt der Graf  nun einen letzten roten Teppich aus. Der führt über die große Bühne der Berliner Mercedes-Benz-Arena (23.10.) bis hin zum satten Grün des Kölner RheinEnergie-Stadions (10.9.2016). Unheilig sagen Adieu. Nach der "Zeit zu gehen"-Abschiedstournee ist endgültig Schluss. Noch ein paar letzte Worte gefällig? Bitteschön: "Ich möchte euch alle bitten, die Botschaft meiner Texte und Songs mit all den positiven Werten in die Zukunft zu tragen und an eure Liebsten weiterzugeben." Wer sich angesprochen fühlt: An die Arbeit. Alle anderen: Weitermachen.

Quelle: ntv.de

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