Musik

Im "Wonderland" mit Take That "Es wäre elend ohne uns, nicht?"

Auch als Trio lautet das Motto noch immer: Take That!

Auch als Trio lautet das Motto noch immer: Take That!

(Foto: Universal Music)

Auf ihrem achten Album nehmen Take That ihre Hörer mit ins Wunderland. Im Interview verraten Gary Barlow, Howard Donald und Mark Owen, wie es dort aussieht, was ihnen Take That heute bedeutet und warum die Nachrichten sie manchmal gruseln.

Take That sind im Stress. Gerade erst haben Gary Barlow, Howard Donald und Mark Owen die Casting-Show "Let It Shine" abgedreht. Gesucht wurden Darsteller für ein Musical, das auf den Songs der britischen Band basiert. Quasi zeitgleich feierte Barlows Musical "The Girls" seine London-Premiere und obendrauf ist Donald auch noch zum vierten Mal Vater geworden - seine Augenringe verraten es.

Doch statt gestresst zu wirken, sind die drei tiefenentspannt, als sie in einem Londoner Hotel Journalisten aus aller Welt empfangen, um über ihr neues Album "Wonderland" zu sprechen. Sie sind charmant, machen einen Witz nach dem nächsten und nehmen sich dabei gerne gegenseitig auf die Schippe. Im Interview verraten sie, wie ihr persönliches "Wonderland" aussieht, was ihnen Take That heute bedeutet und warum die Nachrichten ihnen manchmal Angst machen.

Während Trump, Brexit und Terroranschläge die Nachrichten dominieren, nimmt das neue Take-That-Album uns mit ins "Wonderland". Ist diese schillernde Pop-Platte Ihr Versuch, etwas Licht und Freude in unsere Welt zu bringen?

Gary Barlow: Das ist immer unser Ziel. Wir wollen mit unseren Alben und Shows etwas schaffen, worin unsere Fans sich verlieren und wodurch sie den Alltag vergessen können. Die Songs müssen live funktionieren. Wir wollen das Publikum zum Klatschen und Tanzen bringen, auf die Bühne kommen und den Raum verwandeln.

Mark Owen: Wenn man mit einer Performance die Energie in einem Raum verändern kann, vielleicht kann man dann auch auf größerer Ebene etwas ändern?

Sie sind alle drei Familienväter. Bereitet es Ihnen Sorge, wenn Sie dieser Tage den Fernseher anschalten oder Zeitung lesen?

Owen: Ich stelle mir schon manchmal die Frage, ob meine Eltern sich auch so gefühlt haben, als meine Geschwister und ich klein waren. Hatten sie die gleichen Gedanken? Haben sie sich auch gefragt, was die Zukunft bringt? Wo es hin geht mit der Welt? Wir leben in einer unsicheren Zeit. Oder empfinde ich das bloß so, sind die Zeiten in Wirklichkeit immer unsicher? Meine Kinder sehen die Welt vielleicht mit ganz anderen Augen. Sie kriegen natürlich mit, was passiert. Sie kennen Donald Trump und wissen, was der Brexit ist. Die Schule, auf die sie gehen, regt Diskussionen über solche Themen an und das ist wichtig. Aber für sie sind Veränderungen auch aufregend. Nur wir Alten haben Angst davor und wollen, dass alles bleibt, wie es war.

Howard Donald: Ich denke, eine so helle und positive Platte aufzunehmen, war einfach das, wonach uns in dieser düsteren Zeit der Kopf stand. Das war kein Vorsatz, es ist einfach so passiert.

Erzählen Sie uns vom "Wonderland". Wie sieht es dort aus?

"Take That ist ein elementarer Teil unseres Lebens."

"Take That ist ein elementarer Teil unseres Lebens."

(Foto: imago/Future Image)

Barlow: "Wonderland" ist dieser fantastische Ort, den man nur sehen kann, wenn man seine Augen schließt. Unsere Alben haben ja immer ein Thema und der Titel "Wonderland" stand schon sehr früh im Raum. Das schöne ist, dass dieses Wort für jeden von uns Dreien etwas anderes bedeuten kann. Das war eine gute Basis. Im Grunde umfasst das Album die letzten zwei Jahre unseres Lebens. Es ist wie ein musikalisches Tagebuch, eine Collage an Emotionen: positiv und negativ, hoffnungsvoll und verzweifelt, traurig und glücklich. Das Leben beinhaltet schließlich all diese Dinge.

Sie sprechen da aus Erfahrung: Gary, als Ihre Solokarriere nach dem Ende von Take That nicht zündete, litten Sie unter Depressionen. Sie Mark, mussten 2010 einen Alkoholentzug machen. Formen solche schweren Zeiten einen als Mensch?

Barlow: Das tun sie. Weil es ohne schlechte Zeiten keine guten gibt. Oder die guten sich weniger gut anfühlen würden. Man braucht diese Balance - auch wir, denn wir sind wie alle anderen Menschen. Das Leben ist für uns nicht einfacher, auch wir müssen Probleme bewältigen oder haben mal keine Lust. Genau das ist unsere Verbindung zum Publikum.

Sie haben die Band im Jahr 2005 wiedervereinigt. Damit gibt es Take That in der zweiten Inkarnation länger als damals in den 90er-Jahren. Was bedeutet Ihnen die Band heute?

Owen: Take That ist ein elementarer Teil unseres Lebens. Ich meine ich bin jetzt 45, das heißt, es gibt die Band länger als die Hälfte meines Lebens.

Barlow: Wenn man mal darüber nachdenkt: Es gibt nur wenige Menschen im Leben, die einen über so lange Zeit begleiten. Deine Eltern, deine Frau und deine Kinder. Aber sonst? Unsere gemeinsame Geschichte bedeutet mir eine Menge. Take That ist ein integraler Teil dessen, wo wir heute stehen und wo es in unserem Leben noch hingeht.

Wie hat sich Ihre Freundschaft über die Jahre verändert?

Donald: Sie hat sich alleine dadurch verändert, dass wir jetzt alle Kinder haben. Wir tauschen uns oft aus, treffen uns mit unseren Kindern. In den 90er-Jahren ging alles so Schlag auf Schlag, dass da gar kein Platz für eine richtige Freundschaft war. Heute haben wir viel mehr Raum - auch um die Emotionen der anderen zu verstehen. Wenn man so will, lernen wir immer noch und werden mit jedem Tag bessere Freunde.

Was schätzen Sie am meisten aneinander?

Jason Orange verließ 2014 die Band.

Jason Orange verließ 2014 die Band.

(Foto: imago stock&people)

Owen: Ich kann da gar nicht einen bestimmten Charakterzug nennen. Wenn Howard und Gary nicht da wären, wäre da einfach ein großes Loch.

Barlow: Es wäre elend ohne uns, nicht?

Owen: Absolut elend!

Barlow: Ich habe ja jenseits der Band eine Menge andere Projekte, aber wenn ich alleine bin, fühle ich mich verletzbar. Take That gibt mir eine gewisse Sicherheit. Wir haben uns über die Jahre unsere eigene Welt geschaffen - unser Wonderland, wenn man so will.

Es ist jetzt drei Jahre her, dass Jason Orange die Band verlassen hat. Sie haben damals nie über seinen Ausstieg gesprochen.

Owen: Es ist immer schwer, für andere zu sprechen … Aber Jason hatte einfach keine Lust mehr. Das war eine komische Zeit und ich fühle mich immer noch unwohl damit, darüber zu reden. Bei uns herrschte damals eine Menge Unsicherheit, wie es weitergehen soll.

Angeblich hatten Sie die Pressemitteilung zur Auflösung von Take That schon in der Schublade. Warum haben Sie sich doch entschieden, weiterzumachen?

Donald: Weil wir die besten Fans der Welt haben. Wir haben beschlossen, erstmal zwei Tage abzuwarten, und in jener Zeit bekamen wir all diese Nachrichten auf Twitter und Facebook. Klar war der Weggang von Jay ein Verlust für unsere Fans, aber unsere Auflösung wäre ein noch größerer gewesen. Seitdem haben wir uns selbst und den Leuten bewiesen, dass wir auch als Trio gute Musik und tolle Shows machen können.

Barlow: Da spielen ja immer zwei Dinge mit: Zum einen muss das Publikum den Weg mitgehen, zum anderen ist da die Frage, ob man selbst noch den nötigen Antrieb hat. Es gibt nichts Schlimmeres als Künstler, die keinen Drang mehr haben, da raus zu gehen. Aber wir haben dieses Verlangen noch. Es gibt noch so viele Dinge, die wir machen wollen. Und ich muss sagen, dass sich die jetzige Konstellation sehr dauerhaft anfühlt. Wir sind alle drei auf der gleichen Spur, wir wollen alle in die gleiche Richtung.

Ist es die Arbeit, die sich gut anfühlt, oder der Erfolg, der süchtig macht?

Owen: Eine Mischung aus beidem, würde ich sagen. Mitglied von Take That zu sein, ist in meinen Augen der beste Job der Welt. Aber es ist nicht unbedingt der sicherste Job (lacht). Jetzt, da unser neues Album erscheint, bin ich schon nervös. Ist das, was wir machen, relevant? Haben wir wirklich das Beste aus uns herausgeholt? Ist das Ehrgeiz? Oder Angst?

Pünktlich zur Veröffentlichung des Albums werden Sie in James Cordens Kultserie "Carpool Karaoke" zu sehen sein. Ihr letzter Auftritt in einer amerikanischen Talkshow war 1995. Wollen Sie auf ihre alten Tage doch noch den US-Markt knacken?

Barlow: Ich fürchte, dafür sind wir etwas zu alt, der Zug ist abgefahren!

Owen: Aber wir würden natürlich nicht nein sagen, wenn es doch passiert. Wenn man einen Song schreibt, will man ja immer, dass ihn so viele Leute wie möglich hören. Songs sind wie Babys - und meinen Kindern bringe ich auch bei, dass sie sich so viel von der Welt anschauen sollen, wie es nur geht.

Donald: Das Schöne an dem Trip nach Amerika war, dass wir schließlich auch in der "Late Late Show" aufgetreten sind und im Publikum unsere amerikanischen Unterstützer saßen. Die hätten wahrscheinlich nie damit gerechnet, dass sie uns noch mal zu sehen bekommen.

Barlow: Der ganze Fanclub war da. 14 an der Zahl (lacht).

In England haben Sie derweil gerade die Casting-Show "Let It Shine" abgedreht, bei der Sie nach Darstellern für das auf Ihren Songs basierende Musical "The Band" gesucht haben. Ist das Musical ein weiterer Baustein Ihres künstlerischen Erbes?

Barlow: So fühlt es sich an. Die Idee, unsere Musik für ein Musical zu nutzen, gab es schon lange - aber Bühnenstücke brauchen immer eine gewisse Zeit. Als wir letztens dann bei den ersten Workshops zusahen, war ich wahnsinnig stolz. Es ist wunderbar, auf einmal im Publikum zu sitzen und die eigenen Songs zu hören. Ich hoffe, dass wir die Show eines Tages auch nach Deutschland bringen können.

Gary, nach "The Girls" und "Finding Neverland" ist das bereits Ihr drittes Musical. Was reizt Sie an dieser Kunstform?

Das Album "Wonderland" ist ab sofort erhältlich.

Das Album "Wonderland" ist ab sofort erhältlich.

(Foto: Universal Music)

Barlow: Dieses Mal war alles etwas anders, weil die Musik ja schon existierte. Aber normalerweise ist das erste Jahr Arbeit an einem neuen Musical immer das Beste. Man hat dieses große, weiße Blatt Papier vor sich und alles ist möglich. Die Freiheit ist viel größer als bei dreiminütigen Popsongs und das genieße ich. Zum Ende hin wird es dann allerdings zunehmend anstrengender, wie ein Puzzle. Aber ich liebe Musicals. Deshalb habe ich auch unsere Live-Shows immer so sehr geliebt.

2017 markiert nun das Jahr, in dem die Veröffentlichung Ihres ersten Albums 25 Jahre her ist. Zur Feier haben Sie von einer Reunion zu fünft geträumt. Wird es die geben?

Owen: Neulich habe ich in einem Interview ja gesagt, in einem anderen dann nein. Also suchen Sie es sich aus. Im Ernst: Ich habe keine Ahnung, ob und wann das passieren wird. Ich bin der Optimist in der Band, ich habe schon 1995 davon gesprochen, dass es schön wäre, wenn wir eines Tages wieder zusammen kämen - und dann hat es 20 Jahre gedauert. Vielleicht dauert es wieder 20 Jahre, wer weiß. Sind wir in 20 Jahren noch hier?

Barlow: Wir beide bestimmt, bei Howard wäre ich mir da nicht so sicher (lacht).

Owen: Ich würde es mir auf jeden Fall wünschen. Zu fünft auf der Bühne zu stehen, ist einfach etwas Besonderes.

Glauben Sie, dass Sie wie die Rolling Stones mit 70 noch auftreten werden?

Barlow: Ich habe die Stones letztes Jahr zum ersten Mal live gesehen und auf der Bühne benehmen die sich, als seien sie 19. Die haben so viel Spaß zusammen - das Publikum könnte genauso gut nicht da sein. Es kommt nicht aufs Alter an, sondern auf die Energie und Intention, mit der man da raus geht. Von daher: Ich kann mir das durchaus vorstellen!

Mit Take That sprach Nadine Wenzlick

Das Album "Wonderland" bei Amazon bestellen oder bei iTunes downloaden

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen