Ostrock mit Orchester Gänsehaut und Geschrammel
24.12.2010, 08:24 UhrSeit 2007 bereits gibt es das Projekt "Ost-Rock Klassik" - hier treffen sich jedes Jahr Bands und Musiker, die Klassiker der DDR-Popmusik aufführen. Dabei werden sie begleitet vom Deutschen Filmorchester Babelsberg. Wer die Konzerte nicht erlebt hat, kann es nun auf CD und DVD nachholen.

Erfolgsgekrönt: Dieter "Maschine" Birr, Dieter "Quaster" Hertrampf, Peter Meyer, Klaus Scharfschwerdt und Peter "Bimbo" Rasym von den Puhdys bekamen im Februar 2010 die goldene DVD für die Konzert-DVD "Ost-Rock in Klassik".
(Foto: picture alliance / dpa)
Schon zum vierten Mal wurde im Herbst 2010 auf diversen Konzerten "Ost-Rock Klassik" aufgeführt: Klassiker der DDR-Popmusik, begleitet vom Deutschen Filmorchester Babelsberg. Das bedeutet: alte, aus der DDR bekannte Songs, arrangiert mit Orchester. Wer bei dem Open-Air-Spektakel nicht dabei war, kann es nun auf CD und DVD erleben, denn eins der Konzerte wurde aufgezeichnet.
Natürlich mit dabei: die Puhdys – die Idee, die Ostrocker von damals wieder zusammen auf die Bühne zu holen, kam von ihnen – und andere Urgesteine wie City und Renft. Die jüngere Generation ist aber auch vertreten, etwa durch Rockhaus und Tino Eisbrenner. Ein Gefühl "wie bei einem Klassentreffen", wie Stefan Trepte von Electra meint.
Zeitloser Klassiker: "Solo Sunny"
Nicht wirklich ein Rocker, aber ein echter Klassiker: der Komponist und Jazzmusiker Günter Fischer. Sein Titel "Solo Sunny" aus dem gleichnamigen Film von 1980 ist ein echtes Highlight auf der CD – immer noch großartig. Im Original wird er gesungen von Regine Dobberschütz, hier von Fischers Tochter Laura.

Mitglieder der Gruppe Karat bei der Vorstellung des Albums und der Open-Air-Tour 2007, dem ersten Jahr von "Ostrock in Klassik".
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Von alter (und neuer) Güte zeigen sich auch Rockhaus, Karat und Silly mit ihrer (gar nicht mehr so) neuen Sängerin Anna Loos. Der Tod der 1996 verstorbenen Frontfrau Tamara Danz hatte die Band lange davon abgehalten, weiter Musik zu machen. Die Schauspielerin Anna Loos ist nun bereits seit vier Jahren eine würdige Nachfolgerin, die auch von den Fans akzeptiert wird.
Auch unsterblich und immer noch gut: Pankow mit ihrem Frontmann Andre Herzberg. Es gibt eben Bands (und Sänger), die verlieren auch nach langer Zeit ihre Klasse, ihr Charisma, ihr Feuer nicht. Nicht so gut bei Stimme hingegen zeigen sich Tino Eisbrenner, Electra und Angelika Mann mit ihrem eher gekrähten Spaßschlager "Champagner-Lied".
"Am Fenster" mit alter Klasse
Bei Renfts "Wer die Rose ehrt" ist die Ergriffenheit des Sängers deutlich zu spüren – vor etwa 15.000 Menschen zu spielen, von denen viele den Text mitsingen können, ist ein nicht alltägliches Erlebnis. "Zwischen Liebe und Zorn", sehr bedeutungsschwer akzentuiert gesungen, erinnert eher an Mikis Theodorakis und klingt zwischendurch wie James-Bond-Filmmusik oder wie Rammstein. Orchestral mit Gitarrengeschrammel – das muss man mögen.

Die Band "City" mit Sänger Toni Krahl (vorn), Gitarrist Fritz Puppel (l.) und Geiger Georgi Gogow (r.) beim Ostrock Klassik Open Air 2009 in Dresden.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Citys unsterblicher Klassiker "Am Fenster" hingegen ist einfach zu Recht ein Hit und immer noch ein Gänsehaut-Song. Die wunderbare Geige, der wundervolle Text, die rauhe Stimme des Sängers: Lyrik in Rockmusik, großartig umgesetzt. Das passt dann auch wunderbar mit dem Orchester-Arrangement zusammen, wohingegen der Stampfrock-Song "Amerika" mit Orchester fast nach Musical klingt.
Simpel fällt besonders auf
Bei sehr einfach strukturierten Songs merkt man durch den Gegensatz zum großen Orchesterklang eben auch, WIE einfach sie sind - das fällt besonders bei den Puhdys auf: schlicht gestrickt wie immer. Aber die Fans wird’s nicht stören. Störend und irritierend für manchen aber sicher das kurze Anspielen der DDR-Nationalhymne beim "Intro" - zu viel der Ostalgie.
Die DVD beinhaltet neben dem Konzert noch eine Dokumentation zum Ost-Rock Klassik Open Air, aufgezeichnet im September 2010 in der Berliner Wuhlheide. Hier gibt es Blicke mit den Künstlern hinter die Kulissen und auf die Vorbereitungen für das Live-Konzert.
Quelle: ntv.de