Musik

"Manchmal raste ich einfach aus" Jonathan Kluth - die sensible Rampensau

Jonathan Kluth ist der "Saitenmetzger".

Jonathan Kluth ist der "Saitenmetzger".

(Foto: Thorsten Dirr)

Mit seiner markanten Stimme schafft Jonathan Kluth stimmungsvolle Songs. Doch das ist nur die eine Seite des Musikers. Auf der Bühne zeigt er ein anderes Gesicht, wird als "Saitenmetzger" bezeichnet. Im Gespräch mit n-tv.de erklärt der 23-Jährige seine "Ausraster".

Mit gerade mal vier Jahren begann Jonathan Kluth, Geige zu spielen. Zehn Jahre später tauschte der diese gegen eine E-Gitarre ein. Von klein auf war der 23-Jährige von der Musik fasziniert - das Hobby zum Beruf zu machen war schließlich nur eine Frage der Zeit. Mit seinem Debütalbum "Ophelia" zeigt der Wahl-Berliner nun, was er drauf hat. n-tv.de traf den jungen Musiker kurz vor seinem Konzert in Berlin und sprach mit ihm über seine Songs, Blackouts und die Vielfältigkeit der Hauptstadt.

n-tv.de: Das Video zur Single "Getting There" macht Lust auf den Sommer. Wo genau wurde es gedreht?

Jonathan Kluth: Teils, teils. Die Performance haben wir hier in Deutschland gedreht und den Rest in Italien - in der Toskana.

Reist du auch privat gerne in solche mediterranen Regionen und machst solche Urlaube - nur Natur, ein Ferienhaus und Freiheit?

Total gerne. Das ist so schön, erst letzten Sommer habe ich genau das gemacht. Ein paar Eindrücke dieser Reise sind auch in meinen Songs zu finden.

Hast du einen Lieblingsort?

Zwei sogar. Der eine ist in der Toskana, mitten auf dem Land, an einem Olivenhain. Und außerdem bin ich sehr gerne an der Nordsee. Am besten im Herbst, wenn dort niemand anderes ist. Nur das Wetter und ich.

Fährst du denn immer wieder gerne an die gleichen Orte zurück, oder reist du auch viel in andere, dir noch unbekannte Regionen in Asien oder Südamerika zum Beispiel?

Ich war schon dort, aber das ist kein wirklicher Urlaub für mich. Ich bin sowieso schon viel unterwegs und eine solche große Reise ist mir zu anstrengend. Ich mache lieber entspannte Trips.

In welchen weiter entfernten Ländern warst du denn schon?

Ich war in China, dort habe ich mit einer anderen Band Konzerte gespielt. Und in Chicago, dort habe ich mit einem anderen Gitarristen an einem Musik-Camp teilgenommen. Ich war schon öfters weit weg, aber nie wirklich zum Urlaub.

Zurück zum Video, in dem du eindeutig im Fokus stehst. Wie fühlt es sich an, sich selber knapp vier Minuten anzuschauen? Ist es komisch oder hast du dich schon daran gewöhnt?

Es ist auf jeden Fall immer komisch. Aber es gehört dazu und es ist jetzt schon oft passiert, sodass ich mittlerweile weiß, wie ich damit umgehe. Aber es ist immer noch witzig. (lacht)

Dein Album heißt "Ophelia". Es gibt ja viele Dinge, die so heißen: Als erstes denkt man an die Figur von Shakespeare, die irgendwann dem Wahnsinn verfällt und stirbt, aber es gibt auch eine Mond, eine Rose, einen Hurrikan und vieles mehr, das diesen Namen trägt. Auf was willst du anspielen?

Eigentlich wollte ich dem Album erstmal einen Namen geben. Es war zunächst auch gar nicht die Absicht, einen bedeutungsschwangeren Namen zu wählen. Aber dann kamen ganz viele Dinge zufällig zusammen. Ich hatte mich schon für "Ophelia" entschieden, als ich gemerkt habe, dass es diese Figur von Shakespeare gibt, die tatsächlich viele Facetten des Albums widerspiegelt, die auch so sehr liebeskrank, verwirrt und emotional ist.

Ich wollte, dass das Album einen Namen und keinen Titel hat. Und als ich "Ophelia" vorgeschlagen habe, sagte meine Mutter mir, dass sie sogar ein Kind so hätte nennen wollen. Bevor ich auf der Welt war. Das ist so ein komischer Zufall. So kamen also einige Dinge zusammen und es war klar, dass das Album so heißen muss.

Zwar wirkt es ruhig und nachdenklich, auf der Bühne kann Kluth aber die Sau rauslassen.

Zwar wirkt es ruhig und nachdenklich, auf der Bühne kann Kluth aber die Sau rauslassen.

(Foto: Thorsten Dirr)

Wieso sind Meerestiere auf dem Cover?

Die Tiere passen wahnsinnig gut zu der Musik: das Meer und die Leichtfüßigkeit, gleichzeitig aber auch die Tiefe und die Weite. Das ist alles auf dem Album drauf.

Eines der Lieder heißt auch "Ophelia" und kommt ohne Text aus - als einziges. Was willst du damit ausdrücken?

Genau, es hat keinen Text, nur ein bisschen Stimme im Hintergrund. Der Song musste "Ophelia" heißen, weil er alle Gefühlsfacetten des Albums widerspiegelt - von ganz leise bis ganz laut.

Du spielst unglaublich gut Gitarre, wurdest sogar als "Saitenmetzger" bezeichnet. Würdest du dem zustimmen?

Tatsächlich ja. (lacht) Es ist natürlich ein ziemlich heftiger Begriff, aber das passiert mir oft, ich kann nichts dagegen machen. Ich kann daran nichts ändern, manchmal raste ich mit der Gitarre einfach aus. Da fliegen mir die Saiten eben mal um die Ohren. (lacht)

Spielst du auch andere Instrumente?

Geige - darin hatte ich auch 10 Jahre Unterricht. Aber ich habe mich auch an anderen Instrumenten ausprobiert: Ich spiele ein bisschen Klavier, Schlagzeug und Bass.

Du kannst ja so ziemlich alles zu Musik machen - Barhocker, Küchenutensilien et cetera - suchst du nach solchen Klängen im Alltag?

Es ist kein Suchen, sondern eher ein Finden. Man begegnet jeden Tag so vielen Sounds und Klängen und es ist total spannend, diese einzufangen und zu nutzen. Denn sie passen auf eine ganz witzige Weise alle zusammen.

Gibt es auf dem neuen Album auch außergewöhnlich produzierte Töne, dich ich nicht unbedingt heraushören konnte?

Ja, die gibt es. Wir haben ganz viel mit einer alten Holztruhe von mir gemacht - die ist ein richtig schönes Percussion-Instrument geworden. Wir haben Notenständer benutzt, alte Tassen, die irgendwo herumlagen, Gläser. Wirklich alles Mögliche, manchmal ergeben sich durch Zufall einfach Töne, die wahnsinnig gut in einen Song passen.

Kommst du aus einer musikalischen Familie oder bist du ein Wunderkind, das heraussticht?

Ich komme tatsächlich aus einer musikalischen Familie. Ich habe noch drei jüngere Geschwister, die auch alle Instrumente spielen und in Bands mitmachen. Auch meine Eltern haben schon immer viel Musik gemacht. Wir hatten immer Instrumente zu Hause. Also, seit ich denken kann, gibt es für mich Musik.

Du hast in Mannheim studiert. Musik oder etwas anderes?

Genau, ich habe Musik gespielt - E-Gitarre, um genau zu sein. Das war eine spannende und wichtige Zeit für mich. Aber irgendwann musste ich da raus, Mannheim wird schnell überschaubar. Berlin zieht einen eher an, da musste ich hin.

Wieso genau hat es dich nach Berlin verschlagen?

Das Bedürfnis, dass etwas Neues passiert, dass man mehr Menschen trifft. Ich brauchte einfach Veränderung. Dafür ist Berlin die beste Stadt. Ich kannte auch schon einige Leute dort, daher war die Entscheidung nicht sehr schwierig.

Wie inspiriert dich die Stadt?

Sie ist so vielfältig und man kann hier wirklich alles machen, ganz egal, in welcher Gefühlslage. Wenn man Spaß haben will und etwas Neues entdecken will, kann man die Stadt gar nicht genug erkunden. Aber auch wenn man in Ruhe gelassen werden will, ist man hier so anonym wie nirgendwo sonst. Im Winter kann es aber auch mal hart sein, dann ist schon alles sehr kühl. (lacht)

Du willst echt und nicht einfach perfekt sein - ein Großteil der Aufnahmen ist live eingespielt worden, es wurde nur ein wenig an ihnen gefeilt. Ist dir diese Authentizität wichtig, lehnst du elektronisch erzeugte Töne ab?

Nein, gar nicht. Ich bin total offen dafür, die Musik muss nur immer irgendetwas mit einem machen. Es gibt nichts Schlimmeres als leere Musik, die nichts hergibt. Das ist schade. So etwas möchte ich auch auf keinen Fall machen. Wenn etwas nur an der Oberfläche rumschippert, kann ich auch darauf verzichten. (lacht)

Würdest du dich selbst als Rampensau bezeichnen?

Ja, ich glaube schon. (lacht)

Wieso?

Weil die Bühne etwas mit mir macht, was ich sonst gar nicht habe. Wenn ich Musik mache, brennen sämtliche Sicherungen durch. Im Nachhinein stelle ich dann manchmal fest, dass ich von irgendeiner Bühne gesprungen bin, was ich mich gar nicht trauen würde, wenn ich keine Gitarre umhängen hätte. Da passieren wirklich viel lustige Sachen. (lacht)

Hast du denn teilweise so richtige Blackouts, was du auf der Bühne gemacht hast?

Ja, total. Manchmal werde ich auch gefragt, was ich bei den Ansagen eigentlich sagen wollte - das kann ich dann nicht beantworten. Ein Konzert ist für mich wie eine andere Welt, eine halbe Stunde danach komme ich dann wieder im Hier und Jetzt an.

Was musst du immer mitnehmen, wenn du auf Tour gehst?

Es gibt ein paar Sachen. Ich habe einige Spielzeuge von ganz früher, die in meinem Gitarrenkoffer herumfliegen. Die sind immer dabei, ich weiß gar nicht, wie die da hereinkamen.

Mit Jonathan Kluth sprach Saskia Nothofer

Das Album "Ophelia" erscheint am 11. April.

Quelle: ntv.de

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