Der Ritt auf dem Regenbogen Jürgen Drews feat. Jürgen Drews
15.03.2018, 16:28 Uhr
Aktuell in Deutschland auf Tour: Jürgen Drews.
(Foto: Manfred Esser)
Sein Haar - wie immer voll und braun. Seine Augen - lachen. Und seine Begrüßung: so herzlich, dass man meint, einen alten Freund vom Flughafen abzuholen. Topfit ist er, der Jürgen Drews. Und das ist auch gut so, denn er ist auf großer Deutschland-Tournee. Er freut sich, seine Fans zu treffen, er ist glücklich, dass seine Musik bei den Menschen so gut ankommt und er ist bereit, 110 Prozent zu geben, damit andere eine gute Zeit haben.
Wir sprechen mit Drews über die Musik, alte Zeiten natürlich, darüber, wie wichtig Ehefrau Ramona in seinem Leben und wie stolz er auf Tochter Joelina ist. Sie wird in seine Fußstapfen treten, wenn auch nicht unbedingt in Deutschland. Momentan allerdings dreht sich alles um den junggebliebenen Jürgen Drews himself: Er covert sich auf "Drews feat. Drews! Die ultimativen Hits von Jürgen Drews!" selbst und bringt das nun auf seiner "Es war alles am besten"-Tour 2018 auf die Bühne. Und das nicht als Halbplayback-Show, sondern live mit seiner Band. Mit der aktuellen Single "Und ich schenke dir einen Regenbogen" hat Drews übrigens auch noch einen nagelneuen Hit dabei, der beweist, dass liebevolle, fantasievolle Texte und moderner Partysound wunderbar zusammenpassen.
n-tv.de: Jürgen, bist du aufgeregt vor deiner Tour?
Jürgen Drews: Und wie!
Nach all den Jahren, all den Konzerten, dem Ballermann ...?
Auf jeden Fall, denn dieses Mal ist es ganz anders, ich bin ja mit einer Live-Band unterwegs. Das ist auch was anderes als früher, wenn ich da zum Beispiel mit den Les Humphries Singers unterwegs war. Im Schlager habe ich mir nie eine Band erlaubt.
Warum nicht?
Weil ich es nicht wollte.
Warum?
Weil es für mich einfach nicht gepasst hat.
Aber jetzt.
Ja. Weil der Schlager sich auch gewandelt hat. Ich stehe hundertprozentig dazu.
Heißt das, in der Vergangenheit war das Thema Schlager manchmal ein Problem?
Kein Problem, aber er wurde von außen eben so - wie soll ich es nennen - so niedlich wahrgenommen, so wenig ernsthaft.
Und Schlager ist eine ernsthafte Angelegenheit?
Ich finde, es ist eine ernsthafte Angelegenheit, Menschen gut zu unterhalten.
Das stimmt. Es ist wie bei Schauspielern, die "nur" als Komödianten angesehen werden, meinst du das?
Ja, und dabei ist es die größte Herausforderung, Menschen zum Lachen zu bringen, sie für ein paar Stunden vergessen zu lassen, was da draußen los ist. Der Schlager hat das Klebrige nicht mehr, er wird anders akzeptiert, in der Öffentlichkeit und auch von den Medien.
Ein Song auf deinem neuen Album "Drews feat. Drews" heißt "Und ich schenke dir einen Regenbogen".
Ja, ein wunderschöner Song (lacht). Der Regenbogen ist ein Symbol für Kinder und eines der schönsten Naturereignisse. Das kann man nicht erzwingen, wenn er da ist, ist er da und alle Menschen freuen sich, wenn sie einen Regenbogen sehen.
Und eines der schönsten Lieder heißt: "Somewhere Over The Rainbow" ...
Ja, natürlich, mit einer irren Geschichte dahinter, die jetzt zu weit führen würde, und unzähligen Interpreten, die sich daran versucht haben.
Du hast jetzt deinen eigenen Regenbogen ...
(lacht) Und eine ganze Riege von neuen alten Songs. Das war schon merkwürdig, die ganzen Dinger nochmal aufzunehmen. Mit einem gewissen neuen Kick, aber eben doch die alten Hits.
Wie zum Beispiel "Ein Bett im Kornfeld" ...
Ja, und weißt du was? Da liebe ich immer noch ganz besonders die Version von Stefan Raab und Bürger Lars Dietrich, die wir Mitte der Neunzigerjahre aufgenommen haben. Herrlich irre war das.
Stefan Raab und die Bekloppten, mit wippendem Haar, Mädels, Bonanza-Räder und dicke Karren ...
Yeah, und der Bürger Lars Dietrich hat gerappt. Ich mach' das auch manchmal, wenn ich auftrete: "Wenn dir im Kornfeld ein Horn schwellt, dann ab ins Zelt und abgeprellt, gellt die Sonne warm, fällt der Regen oder Jingle Bells, stellt man sich ein Bett aufs Feld dann nennt man das ein Feldbett, komplett für wenig Geld hast du dann ein Bett im Kornfeld ..." und so weiter (lacht).
Vermisst du Stefan Raab im deutschen Fernsehen?
Oh ja. Und ich denke eigentlich immer noch, dass er irgendwann wieder um die Ecke kommt mit 'ner neuen geilen Idee unterm Arm.
Zurück zu dir - auch ein schöner Songtitel ...
Ja, wir waren beim Schlager stehengeblieben. Dazu bin ich gekommen, als es mit den Les Humphries Singers zu Ende ging. Irgendwie war ich damals immer ein wenig auf der Flucht, weil ich auf keinen Fall in meine Studentenbude nach Kiel zurückwollte, um Medizin zu studieren. Aber nach einer Weile war das Thema dann auch mal durch, da war ich dann echt zu alt, um weiter zu studieren ...
Haben deine Eltern denn nichts gesagt?
Meine Eltern (lacht). Die fanden es toll, dass ich Musik mache. Obwohl mein Vater Arzt war. Aber meine Mutter kam aus einer Opernsängerfamilie und die waren total damit einverstanden, dass auch ich Musik mache. Von der Seite also gar kein Zwang.
Und dann passierte was?
Dann schickte mir Warner Bros. den Text von "Kornfeld" zu, den ich ganz gut fand, aber ich wollte diese "Schnulli"-Schlager-Attitüde einfach nicht. Die haben mir das schon auf den Leib schreiben wollen, diese Affinität zum Schlager, und das passte mir nicht, bloß weil ich so aussah. Naja, es kam, wie es kommen musste, "Kornfeld" schlug ein, ich sollte auf Tour, ich hab' gesagt, na klar, aber ohne Band. Was sollen die da spielen? Aber seit zwei, drei Jahren werde ich nun darauf angesprochen, willste nicht mal wieder mit Band auf Tour gehen? Und da kann ich nur sagen: In Deutschland habe ich mit Band eben noch nie gespielt.
Und was hat dich dann doch überzeugt?
Zum Beispiel Ramona. Meine Frau hat immer recht. Das meine ich ernst. Sie ist wirklich die beste Ratgeberin, eine Pragmatikerin. Tolle Frau. Mit beiden Beinen auf dem Boden. Ich bin ja eher so ein bisschen schüchtern, verklemmt, vorurteilsbeladen ...
Du siehst mich ungläubig ...
Wirklich, das stimmt aber! So war ich schon immer. Deswegen bin ich ja Sänger geworden, als Therapie sozusagen.
Nochmal: Ramona hat dann gesagt, spiel' doch mal mit Band ...
Ja, sie hatte mich einmal so gesehen und fand, dass ich da aufblühe, dass mir das Spaß macht. Und das stimmt ja auch. Aber ich hab mich eben doch mit diesem Hautgout schwergetan, den der Schlager so mit sich bringt.
Kurze Erklärung zu "Hautgout": süßlich-strenger, intensiver Geruch von abgehangenem Fleisch - riecht schrecklich, schmeckt aber köstlich.
Ja, so wird der Schlager von vielen doch gesehen.
Würde ich nicht so sagen, aber: Was hat das mit dem Thema "Mit oder ohne Band" zu tun?
(lacht) Stimmt, da hast du recht, das weiß ich auch nicht. Ich hab' da wohl ein Trauma.
Sorry - Schlagerparties, Karneval, Sendungen, meist im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, ein Medley mit Florian Silbereisen - diese Tatsachen und Kooperationen sprechen doch eine ganz andere Sprache ...
D'accord. Das Image hat sich wohl gedreht. Vor allem, wenn es so ein bisschen angepoppt ist wie bei "Ich bau dir ein Schloss". Manchmal stehen ganze Abiturklassen im Mega-Park auf Mallorca vor mir und grölen meine Lieder mit. Das ehrt mich ja, dass die mich kennen. Die wollen sogar ein Selfie.
Keine Autogramme mehr?
Selten. Einer war da mal, der wollte, dass ich auf seinem Oberarm, zwischen all seinen Tattoos unterschreibe. "Lass' ich mir nachstechen" meinte der dann (lacht). Also, alles in allem, Schlager macht wieder viel Spaß, weil alles nicht so bierernst ist. Ich kann dir sagen, ich bereue nichts, nicht einmal den "König von Mallorca".
Eine Erfindung von Thomas Gottschalk.
Ja, das habe ich ihm zu verdanken (lacht). Das wollte ich zuerst ja gar nicht. Aber letzten Endes muss ich doch sagen: Das gehört mit zu meiner Metamorphose und letztendlich war alles am besten!
Was kommt noch von dir?
Hier, guck mal (klappt sein Laptop auf), ich habe hier noch Tausende Titel, die nehm' ich alle mit in die Grube ...
So ein Quatsch, du bist ja erst 72.
Haha, aber Altern ist nichts für Feiglinge, das kann ich dir sagen.
Hast du letztes Mal auch schon gesagt, ist es seitdem "schlimmer" geworden?
Nein, das ist gleichbleibend blöd (lacht).
Aber dir geht's doch gut, du siehst zumindest so aus ...
Das wollte ich hören (lacht). Nein, im Ernst, ich tue auch viel dafür. Ich trinke nicht, ich rauche nicht, ich mache Sport, ich steh' nicht auf Partys rum, das habe ich noch nie getan, und das mag Ramona zum Glück auch nicht.
In dem Moment ruft Ramona an, um zu hören, ob der Jürgen auch gut gelandet ist, und nach zehn bis zwölf Liebesbekundungen reden wir weiter.
Ihr seid ja noch verliebt wie am ersten Tag ...
Es ist besser als am ersten Tag. Wir sind schon über 27 Jahre zusammen ...
Jürgen zeigt mir seine Set-List von der "Es war alles am Besten"-Tour.
Das ist eine Zeitreise. Wir spielen auch Videos ein von damals, zum Beispiel auch aus der Les-Humphries-Zeit, "Mama Loo" und so weiter. Und ich werde von einem Extra-Strahler beleuchtet, damit ich die Bünde auf meinem Banjo besser sehe (lacht).
Wie war das jetzt beim Einsingen deiner Songs, schwimmst du da in Erinnerungen?
Ja, schon, deswegen habe ich das auch nicht in meinem Studio aufgenommen, sondern woanders. Und ständig habe ich natürlich Erinnerungen daran, wie die Songs entstanden sind: Die amouröse Story, als ich nach Südfrankreich getrampt bin und ein Mädchen kennengelernt habe (singt: "Auf einem Fahrrad kam da ein Mädchen her ...), könnte ich jetzt stundenlang erzählen, oder "Wieder alles im Griff". Da hat Ramona erst gesagt, der Titel ist Schrott. Zum Glück habe ich da ausnahmsweise mal nicht auf sie gehört.
Habt ihr eigentlich ein Rezept für die Liebe?
Also: die Gene müssen zusammenpassen, die Libido muss passen, und das Wichtigste: Achte immer drauf, dass du Respekt hast und zeigst. Sonst geht's gar nicht. Bei uns gibt es keine Schimpfworte. Ein Mal ist mir was rausgerutscht, ein Mal. Das war's dann aber auch, ich habe mich entschuldigt. Ich bin der eher friedfertige Typ.
Wie hast du den Kick in die Songs bekommen, den neue Aufnahmen brauchen?
Das war ganz leicht. Ein bisschen das Tempo anziehen, ein bisschen fresher klingen. Partysound mit Druck dahinter, würde ich mal sagen.
Welchen Titel singst du am liebsten auf der Bühne?
"Wieder alles im Griff", glaube ich. Da reagiert das Publikum und singt sofort mit: "Ohooo". Das ist wunderschön.
Deine Band ...
... die besten! Ich habe zum Beispiel Ralf "Ralle" Rudnik, den besten Gitarristen. Der hat Konzerterfahrung und hat mir die Crème de la Crème der Musiker für die Bühne zusammengestellt. Mit denen fühl' ich mich so dermaßen wohl. Dass die mit mir spielen, ist ein Wunder (lacht).
"Alles am besten" heißt die Tour - du lebst in der Gegenwart, oder?
Ja, total.
Mit Jürgen Drews sprach Sabine Oelmann
"Onkel Jürgen" gibt im März und Oktober noch viele Konzerte: Beverungen (16.03.), Hamburg (17.03.), Münster (18.03.), Baunatal (22.03.), Bielefeld (23.03.), Wolfenbüttel (24.03.), Stade (25.03.), Stadtallendorf (18.10.), Ransbach-Baumbach (19.10.), Delbrück (20.10.), Aschaffenburg (21.10.), Wernesgrün (27.10.)
Am 10.4. ist Jürgen Drews in der 221 Folge von "Um Himmels Willen" zu sehen, wo er eine Gastrolle neben Bürgermeister Wöller (Fritz Wepper) und Schwester Hanna (Janina Hartwig) übernommen hat.
Quelle: ntv.de