Kino

Intensiv und märchenhaft "Veronika beschließt zu sterben"

Du hast alles und trotzdem willst du sterben. Es gelingt nicht und das Leben gibt dir eine zweite Chance. Das ist der Stoff, aus dem gute Hollywoodfilme sind - vor allem, wenn die Romanvorlage von Paulo Coelho stammt und die Hauptrolle prominent besetzt ist.

Veronika erwacht nach ihrem Selbstmordversuch in der Psychatrie.

Veronika erwacht nach ihrem Selbstmordversuch in der Psychatrie.

(Foto: SARAH SHATZ)

Wenn du im Leben eine zweite Chance hättest, was würdest du tun? Würdest du etwas ändern? Diese Frage muss sich völlig überraschend Veronika (Sarah Michelle Gellar) stellen. Sie hat eigentlich alles: Sie sieht toll aus, ihre Arbeit ist gut bezahlt. Sie wohnt in einem schicken New Yorker Appartement und ihre Eltern lieben sie über alles. "Es geht mir gut. Ehrlich", sagt sie am Anfang des Films.

Dann öffnet sie eine Scotch-Flasche, gießt sich ein halbes Glas ein, macht es dann nach einer kurzen Pause voll und geht ins Bad. Veronika öffnet das Spiegelschränkchen, nimmt mehrere Medikamentenröhrchen heraus und legt fein säuberlich 16 Pillen auf einen Tisch. Umrahmt von melancholischer Musik aus der Stereoanlage greift sie zur ersten, legt sie sich behutsam in den Mund und spült sie mit einem Schluck Scotch hinunter. Veronika hat beschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Sie will sterben: "Das ist nicht die reale Welt. Macht's gut."

Alte Probleme, neue Freunde

"Das ist nicht die reale Welt. Macht's gut."

"Das ist nicht die reale Welt. Macht's gut."

So einfach ist es dann naturlich nicht. Sie wird gefunden, gerade noch rechtzeitig. Als sie aufwacht, erfährt sie, dass sie im Koma und mehrere Wochen auf der Intensivstation gelegen hat. Nun befindet sie sich in einer privaten psychatrischen Einrichtung, eingeliefert mit der Einwilligung ihrer Eltern. Dabei wollte sie doch eigentlich nur sterben. Und genau das wird sie auch: Durch die Überdosis ist ihr Herz stehen geblieben. Sie hat einer Herzanfall erlitten, der ein Herzwandaneurisma verursacht hat. Auf gut deutsch: Die Blutzufuhr ihres Herzens hat einen irreversiblen, inoperablen Schaden erlitten. Sie wird sterben. Das sagen ihr die Ärzte. Ihre süffisante Frage: "Und, wie lange habe ich noch?" wird von ihnen mit den Worten beantwortet: "Es kann immer so weit sein. Vielleicht handelt es sich nur noch um Wochen - höchstens."

Wenn der Zuschauer jetzt einen Schock bei Veronika erwartet, wird er enttäuscht. Die Worte: "So lange muss ich noch warten? Wenn ich es geschafft habe - wieso töten sie mich nicht gleich?" - an den leitenden Arzt Dr. Blake (David Thewlis) gerichtet - lassen ein Umdenken oder einen wiederkehrenden Lebenswillen nicht erkennen. Veronika kommt auf ein Zimmer mit Claire (Erika Christensen), die die ganze Situation in der Psychatrie für ein Märchen hält. Veronika lernt kurz darauf Mari (Oscar-Gewinnerin Melissa Leo) kennen, eine ehemalige Anwältin, die ihren Job und dann ihre Nerven verlor und von allen am längsten in der Psychatrie sitzt. Und sie trifft auf Edward (Jonathan Tucker). Er spricht nicht, seitdem er einen Autounfall hatte, bei dem seine Freundin ums Leben kam und für den er sich die Schuld gibt.

Seelenverwandte

Ed erkennt in Veronika eine Seelenverwandte.

Ed erkennt in Veronika eine Seelenverwandte.

(Foto: SARAH SHATZ)

Ed macht sich aus niemanden etwas, genau wie Veronika. Kein Wunder, dass sich die beiden gut verstehen. Veronika beginnt wieder - wie in ihrer Kindheit - Klavier zu spielen und Ed wird ihr größter Fan. Er hört ihr zu - stumm lächelt er sie an. Sie kommen sich näher, lernen sich kennen und verstehen. Als Ed dann eines Tages wieder seine Medikamente nehmen soll, muss Veronika dabei sein. Das sagt er und verlangt nach ihr. Alle sind baff, dass er plötzlich wieder spricht - Veronika nicht. Nach und nach gewinnt sie ihren Lebenswillen zurück. Sie beginnt, jeden Moment bewusst zu erleben. Es könnte ja ihr letzter sein. Sie sinniert über Dinge, die sie schon immer einmal machen wollte: ans Meer fahren oder ein Guinness in einem Irish Pub trinken.

Gemeinsam, statt einsam: Veronika und Ed kommen sich näher.

Gemeinsam, statt einsam: Veronika und Ed kommen sich näher.

Am Ende "flieht" sie aus der psychatrischen Einrichtung - gemeinsam mit Ed. Sie hat immer den Gedanken eines plötzlichen Todes vor Augen. Ein Gedanke, den sie mehr und mehr verdrängt der ihr so immer weniger Angst macht. Sie gibt sich ihrer wiedergewonnenen Lebensfreude hin und ist zufrieden mit dem Hier und Jetzt, mit ihren gemeinsamen Stunden mit Ed - die niemals enden werden. Sie weiß nun: "Verlasse dieses Leben nicht, ohne zu wissen, wie weit du gehen kannst." Das war der Tipp, den Mari ihr einst gegeben hat. Sie will ihn beherzigen. Das Filmende überrascht.

Gellar in Bestform

"Veronika beschließt zu sterben" ist bei Capelight erschienen.

"Veronika beschließt zu sterben" ist bei Capelight erschienen.

"Veronika beschließt zu sterben" ist die Verfilmung des gleichnamigen Romanbestsellers von Paulo Coelho. Er selbst sagte einst: "Erst wenn die Menschen dem Tode nahe sind, begreifen sie, wie großartig das Leben ist." Sarah Michelle Gellar in der Hauptrolle der Veronika spielt dieses Begreifen so derart überzeugend, wie es ihr nicht einmal die wohl gesonnensten Kritiker zugetraut hätten. Aus der "Buffy" von einst, die auch einen Abstecher ins Horrorgenre mit Sam Raimis "The Grudge" überlebt hat, ist eine ernstzunehmende Darstellerin geworden.

Gellar wollte die Rolle der Veronika unbedingt spielen, wie die englische Regisseurin des Films, Emily Young im Interview auf der DVD "Veronika beschließt zu sterben" verrät. Die Besetzung hat sich ausgezahlt: Gellar verleiht der Rolle der Veronika Tiefe und Intensität. Die Regiearbeit Youngs gepaart mit der wunderschönen Musik von Murray Gold (beide arbeiteten bereits bei "Kiss of Life" zusammen) gibt dem Film eine märchenhaft-romantische Atmosphäre. "Veronika beschließt zu sterben" ist eine Romanverfilmung zum Träumen, Nachdenken und Innehalten. Rundum gelungen.

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Quelle: ntv.de

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