Der Teufel hat viele Gesichter "War Of The Dead: Band Of Zombies"
27.05.2013, 07:15 Uhr
Schau mir in die Augen, Kleiner! Aber sobald sie so aussehen, sollte man lieber die Beine in die Hand nehmen.
(Foto: KSM)
Im Zweiten Weltkrieg führen die Nazis unvorstellbare Experimente mit Menschen durch. Was sie aber an der russisch-finnischen Grenze in einem Bunker treiben, wäre besser für immer im Verborgenen geblieben. Doch drei gegnerische Soldaten stolpern mitten hinein in das unfassbare Grauen. Was sie dort vorfinden, ist nicht von dieser Welt.
Wollen Fernsehsender Quote machen, zeigen sie Filme oder Dokumentationen rund um den Zweiten Weltkrieg. Keine Schlacht, keine Gräueltat, kein Heldenepos, das es noch nicht auf die Kinoleinwand oder ins TV-Programm geschafft hätte - möchte man meinen . Weit gefehlt. "War Of The Dead: Band Of Zombies" ist der Beweis dafür, dass die Thematik bei Weitem noch nicht ausgereizt ist. Aber weder Hollywood noch das europäische Kino lässt es hier im wahrsten Sinn des Wortes allein krachen. "War Of The Dead" ist eine Gemeinschaftsproduktion mit litauischer Federführung. Die Herkunft sieht man ihm aber nicht an.
Das ist bereits die erste positive Überraschung des Films. Die zweite ist die Story: 1939 beginnt Nazi-Deutschland entlang der finnisch-russischen Grenze mit "Anti Todes"-Experimenten an gefangenen russischen Soldaten. Zwei Jahre später werden die Tests eingestellt und die Versuchspersonen in Massengräbern verscharrt. 1941 dringt dann eine US-Eliteeinheit gemeinsam mit einer finnischen Sonderkommando in das Gebiet vor. Sie sollen einen russischen Bunker ausfindig machen. Das denken zumindest alle. Nur Captain Niemi (Jouko Ahola; "Königreich der Himmel") kennt den wirklichen Auftrag - und der TV-Journalist David Selzman (Mark Wingett; "Snow White And The Huntsman"). Er soll "alles" filmen.
Als der Trupp auf russisches Gebiet vordringt, werden sie dementsprechend empfangen. Die Kugeln fliegen und das Gros der amerikanisch-finnischen Einheit wird aufgerieben. Aber es kommt noch dicker. Egal, wie viele sie erschießen, das gegnerische Re servoir scheint unerschöpflich, denn obwohl erschossen und tot, schnellen ihre Körper kurze Zeit darauf wie von der Tarantel gestochen hoch und greifen den kläglichen Rest der Truppe erneut an. Sie sind im wahrsten Sinn des Wortes nicht totzukriegen.
Nicht jeder Tote ist ein guter Toter
Aber nicht nur die Amerikaner und Finnen flüchten nun. Auch viele Russen versuchen, ihr Leben zu retten. Kolja (Samuel Vauramo; "The American") läuft dabei Captain Niemi, Lieutenant Laakso (Mikk o Leppilampi) und Captain Martin Stone (Andrew Tiernan; "300", "Der Pianist", "Bube, Dame, König, Gras") direkt in die Arme. Kolja faselt etwas von einem Haus, ganz in der Nähe - die beiden Finnen und der Amerikaner folgen ihm widerwillig. Können sie Kolja trauen? Sie brauchen aber unbedingt Deckung.
Doch selbst in dem Haus können sie sich nicht lange verstecken. Das, was immer da draußen nach ihren Leben giert, weiß, wo sie sich befinden - und greift erneut an. Während Kolja und Stone das Haus nach einer brauchbaren Fluchtmöglichkeit durchsuchen und dabei auf ein altes Auto in der Garage stoßen, wird Niemi von den Angreifern gebissen und verwundet. Laakso wird langsam misstrauisch. Weiß sein Vorgesetzter mehr als er? Kennt er den Grund für ihre aussichtslose Lage? Noch bevor er ihn fragen kann, stirbt Niemi - nur um kurz darauf wieder quickfidel von den Toten aufzuerstehen. Laakso kann es nicht glauben, zögert und erledigt den zum Untoten gewordenen Vorgesetzten dann richtig. Nun dämmert es Laakso. Stone hat es bereits länger geahnt, dass etwas mächtig faul ist an der ganzen Sache, wieso sonst hätte ein Fernsehjournalist mit von der Partie sein sollen?
Im Auto geht es für Stone, Laakso und Kolja durch die düstere Nacht. In einem verlassen scheinenden Dorf gabeln die drei Koljas Ex-Freundin Dasha (Magdalena Gorska; "Mitten im Sturm") auf. Ih re einzige Chance ist, Verstärkung anzufordern. Aber das geht nur mit einem Funkgerät. Kolja weiß, wo eins steht. Er hat es in einem nicht weit entfernten Bunker gesehen. In dem Bunker, dessen Entdeckung und Eroberung das Ziel von Stones und Laaksos Trupp war. In dem Bunker, der nicht, wie Stone und Laakso glauben, von den Russen erbaut wurde. In dem Bunker, der auf das Konto der Nazis geht - besser noch: der SS, wie sie schnell herausfinden. Aber manchmal sollten Dinge einfach im Verborgenen bleiben - und zwar für immer.
Nur ein toter Nazi ist ein guter Nazi
"Dieses schöne Land hat ein paar verdammt ernste Probleme!" Stones Einschätzung trifft den Nagel auf den Kopf. "War Of The Dead" spielt in Karelien, Anfang der 1940er. In den vergangenen Ja hren sind die russisch-finnischen Konflikte rund um den Zweiten Weltkrieg mehrfach Themas von Filmen gewesen: "Schlacht um Finnland", "Beyond The Frontline" oder auch "Ambush 1941". Alle diese Filme zeichnen sich durch viel Liebe zum Detail aus und durch hervorragende Schauspieler. Damit kann auch der hierzulande noch völlig unbekannte Regisseur Marko Mäkilaakso bei seinem "War Of The Dead" aufwarten. Nach diversen Kurzfilmen feiert "War Of The Dead" 2011 auf dem Toronto After Dark Festival seine viel und laut beklatschte Weltpremiere. Aus dem Cast sticht vor allem der Brite Tiernan heraus, der den Haudegen Stone mimt.
"War Of The Dead" ist ein rundum gelungener Zombie-Kriegsfilm und bedient damit einen noch jungen Genre Mix. "Dead Snow" des "Hansel und Gretel: Hexenjäger"-Regisseurs Tommy Wirkola schafft das ebenso gekonnt. Man muss sich fast schon fragen, wieso es nicht mehr Filme mit diesem thematischen Hintergrund gibt.
Die Parallelen zwischen Nazis und Zombies liegen doch auf der Hand: hässliche Fratzen, nichts im Kopf und keiner braucht sie wirklich. Gut, über Zombies kann man noch lachen wie in "Juan Of The Dead" oder auch "Cockneys vs. Zombies". Bei Nazis passiert das nur in Ausnahmefällen, wie bei "Iron Sky" oder auch "Nazi Invasion".
Kurzum: "War Of The Dead" ist ein absolutes Muss für jeden Zombianer und auch eine Empfehlung Kriegsfilmfans: Die Feuergefechte sind auf der Höhe der Zeit. Die Dialoge sind knackig und auf den Punkt ("Der Teufel hat viele Gesichter - wie die deutsche SS"). Der Score passt (Titellied von Apocalyptica). Die Szenerie - egal, ob im düsteren karelischen Wald oder im noch dunkler ausgeleuchteten Bunker - ist furchteinflößend. Selbst Videospiel-Fanatiker finden an "War Of The Dead" ihre Freude: Parallelen zum Kultspiel "Wolfenstein" kann man nicht wegreden. Eine Videospiel-Adaption von Mäkilaaksos Film wäre eine perfekte Ergänzung, oder ein zweiter Teil. Zombies und Nazis gehen schließlich immer - nicht nur im Fernsehen.
Quelle: ntv.de