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In einem schwarzen Neoprenanzug und mit einer rosafarbenen Tauchbrille gleitet Jin So-hee (mit im Bild: Woo Jung-min) durch das grünblaue Meer vor der felsigen Küste der südkoreanischen Insel Geoje.
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Dann lässt sie sich abrupt unter die Wasseroberfläche fallen und ihre lila Flossen verschwinden in der Tiefe.
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Als sie eineinhalb Minuten später wieder auftaucht, hält sie in ihren behandschuhten Händen mehrere Seegurken, deren stachelige Rücken in der Sonne glitzern.
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"Das sind die größten, was sollen wir tun?", fragt Jin ihre Kollegin Woo. "Der Chef wird sauer sein. Er hat uns gesagt, dass wir heute die wirklich großen Exemplare mitbringen sollen."
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Der Klimawandel und die Umweltverschmutzung machen es Jin, Woo und den anderen südkoreanischen Haenyo immer schwerer, genügend Meerestiere zu finden.
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Die Seefrauen folgen einer jahrhundertealten Tradition. Ohne Sauerstoff tauchen sie bis zu vier Minuten lang und bis zu 20 Meter tief in den Ozean, um dort Meeresfrüchte zu ernten.
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2016 wurde die Kultur der Seefrauen in die Liste des immateriellen Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen.
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Das eisige Gewässer vor Geoje ist inzwischen seit sechs Jahren der Arbeitsplatz von Jin. Dort sammelt sie per Hand zum Beispiel Schnecken, Muscheln und Algen, …
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… die dann auf den lokalen Märkten verkauft werden.
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Jin und Woo gehören mit 28 und 35 Jahren zu den jüngsten Haenyeo.
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Auf ihrem Youtube-Kanal berichten die beiden über ihr Leben und ihre Arbeit als Seefrauen.
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Ihr beliebtestes Video wurde bereits mehr als 600.000 Mal geklickt.
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Die überwiegende Mehrheit der koreanischen Freitaucherinnen ist heute über 70 Jahre alt.
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"Ich werde weitermachen, solange ich nicht krank bin", sagt die 86-jährige Ko Bok-hwa (nicht im Bild), die seit ihrem 13. Lebensjahr taucht.
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"Mein Wunsch ist, dass die Meeresfrüchte bis dahin leben können, damit ich meine Arbeit fortsetzen kann".
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Doch die Erderwärmung könnte die Hoffnungen der Haenyeo zunichte machen.
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Inzwischen ernten die Frauen nur noch ein Bruchteil dessen, was sie vor Jahrzehnten aus dem Wasser holten.
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Der Klimawandel verändert den Lebensraum in den Ozeanen massiv: ...
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… Zwischen 1968 und 2017 ist die Temperatur der Meeresoberfläche bei Korea um 1,2 Grad Celsius gestiegen, verglichen mit einem Weltdurchschnitt von 0,48 Grad Celsius, erklärt Ko Jun-cheol vom Nationalen Institut für Fischereiwissenschaft.
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Durch das wärmere Wasser siedeln sich neue, subtropische Arten an, die den traditionellen Fang der Haenyeo verdrängen.
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Auch der Meeresboden verändert sich. Steinkorallen töten die Algenwälder ab und große Seegraswiesen werden durch steinartige Korallenalgen ersetzt, was zu einem Rückgang der Meeresressourcen führte.
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Noch in den 1990er-Jahren fanden Wissenschaftler nur ein oder zwei subtropische Arten rund um die Inseln der koreanischen Südküste.
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Laut einer Studie aus den Jahren 2012 bis 2020 gibt es nun bereits 85 subtropische Arten, die an manchen Orten mehr als die Hälfte des gesamten Meereslebens ausmachen, sagt Ko.
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Seit 2011 arbeitet die koreanische Regierung daran, die durch den Klimawandel verursachte Verödung der Meere rückgängig zu machen.
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So werden zum Beispiel neue Algen angepflanzt, die helfen sollen, Kohlendioxid aus dem Wasser zu absorbieren, und invasive Seeigel, die die Meerespflanzen auffressen, werden entfernt.
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"Ich dachte, solange mein Körper gesund ist, könnte ich, wenn ich 90 oder 100 bin, die älteste Haenyeo sein", erzählt Jin. "Jetzt, wo ich darüber nachdenke, ist meine Gesundheit nicht die einzige Sorge."
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Jin hat Angst, "dass sich die Arbeit wegen des Klimawandels drastisch verändern oder sogar verschwinden wird".
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Denn durch den Rückgang der Algen werden die Tiere sowohl ihrer Nahrungsquelle als auch ihrer Laichplätze beraubt.
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Für die Haenyeo bedeute das, dass sie immer tiefer tauchen müssen, sagt Jin. Körperlich ist das sehr anstrengend.
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Zusätzlich haben die Frauen mit der Verschmutzung der Meere zu kämpfen, was ihre ohnehin schon gefährliche Arbeit weiter erschwert.
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"Ich finde jetzt mehr Golfbälle als Seegurken", sagte Jin. (im Bild: Meerestiere auf einem Stück Plastik)
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Und die Haenyeo beobachten, dass die Veränderungen von Jahr zu Jahr zunehmen.
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Das bereitet vor allem den wenigen jungen Taucherinnen Sorgen, die gehofft hatten, die Apnoe-Tradition am Leben zu halten und damit ihre Existenz zu sichern.
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"Die Probleme erscheinen uns sehr real", sagt Woo.
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Gerade hat sie ihre magere Ernte bewertet und zusammen mit Jin die Summe des letzten Zahltages ausgerechnet.
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"Heute denke ich wieder einmal: Es ist wirklich ernst." (kse/rts)
Freitauch-Tradition in Südkorea Klimawandel macht "Seefrauen" zu schaffen
Seit Jahrhunderten tauchen die südkoreanischen Haenyo ohne Sauerstoff bis zu 20 Meter tief in den Ozean und ernten dort Meerestiere. Doch jetzt ist die Existenz der "Seefrauen" bedroht - durch die Erderwärmung und Golfbälle.
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