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Koblenz am Sonntag, den 4. Dezember: Das Zentrum gleicht einer Geisterstadt.
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Mitten am Tag liegen weite Teile der 100.000-Einwohner-Stadt wie ausgestorben im nasskalten Winterlicht. Alle Jalousien sind geschlossen, alle Türen abgesperrt. Kein Mensch ist zu sehen.
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Am Ufer des Stadtteils Koblenz-Pfaffendorf liegt ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Zur Entschärfung ordnen die Behörden eine Sperrzone rund um die Bombe an.
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Das Ding, eine britische Luftmine, ist fast 1,8 Tonnen schwer. Aus mehreren tausend Metern Höhe ist es vor mehr als 66 Jahren in den Rhein gestürzt.
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Um die Bombe zu entschärfen, müssen die Experten vom Kampfmittelräumdienst Rheinland-Pfalz mehrere eingeschraubte Zünder vorsichtig entfernen. Jeder einzelne von ihnen kann den gesamten Sprengstoff in dem rund drei Meter langen Ungetüm zur Explosion bringen.
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Am Tag der Entschärfung müsse alle Anwohner im Umkreis von 1,8 Kilometern um den Fundort ihre Wohnungen verlassen. Betroffen sind rund 42 Prozent der Koblenzer Bevölkerung.
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Während der Aktion sind in Koblenz insgesamt 2500 Mitarbeiter von Feuerwehr, Polizei, städtischen Behörden, Sanitätsdiensten und Technischem Hilfswerk im Einsatz.
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Aus Sicherheitsgründen ausweichen müssen neben den rund 45.000 Anwohnern auch Patienten zweier Kliniken und Bewohner von sieben Altenheimen.
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Das Koblenzer Gefängnis und mehrere Hotels werden ebenfalls vorübergehend geräumt.
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Die halbe Stadt wird lahmgelegt.
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Während der Entschärfung werden Straßen und alle Verkehrsverbindungen aus dem Umland gekappt. Der Schiffsverkehr ruht. An den Koblenzer Bahnhöfen fahren seit dem frühen Morgen keine Zügen mehr.
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Den lokalen Einzelhandel treffen die Umsatzausfälle am zweiten Adventswochenende hart. Auch überegional sind die Sperrungen zu spüren: ...
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... Zwei stark frequentierten Bahnstrecken an beiden Seiten des Rheinufers laufen quer durch die Sperrzone rund um die Fundstelle. Auch hier wird der Verkehr eingestellt.
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Erst am späten Nachmittag kommt die Entwarnung: "Die Entschärfung aller 3 Kampfmittel wurde erfolgreich durchgeführt!", heißt es auf der eigens eingerichteten Sonderseite der Koblenzer Feuerwehr im Internet. "Alle evakuierten Bürgerinnen und Bürger können wieder zurück in ihre Wohnungen / Häuser."
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Ohne ihre Zünder liegt die Luftmine im Licht der Scheinwerfer.
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Auch die vergleichsweise kleine US-Fliegerbombe können die Experten ohne Zwischenfall unschädlich machen.
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Ein drittes Weltkriegsrelikt, ein Tarnnebelfass aus Wehrmachtsbeständen, wird kurzerhand durch eine gezielte Explosion zerstört.
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Horst Lenz, der "Held von Koblenz" hat mit seinen Leuten die Lage gemeistert: Nach der geglückten Entschärfung stellt er sich den Fragen der Journalisten.
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Die größte Evakuierungsaktion seit 1945 nimmt für die Stadt und ihre Bewohner ein glückliches Ende.
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Ironie des Schicksals: Am Tag der Entschärfung regnet es in Strömen. Dabei hatte erst eine ungewöhnliche Trockenheit zur Entdeckung der Bombe geführt.
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In den Wochen zuvor hatte der trockenste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen die Pegel am Rhein immer weiter sinken lassen.
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Seitdem gibt der Fluss seine dunkelsten Geheimnisse preis. Überall entlang des Flusses ragen Sandbänke aus den Untiefen hervor. Seit Jahrzehnten verborgene Regionen tauchen auf.
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Weite Teile des Flussbetts sind trockenen Fußes erreichbar. Das ungewöhnliche Naturphänomen lockt zahlreiche Schaulustige ans Ufer der wichtigste europäische Wasserstraße.
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Der Fluss zieht sich zurück und entblößt bislang unsichtbare Zonen: Spaziergänger stoßen dort auf harmlosen Alltagsmüll, ...
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... sehen gefürchtete Gefahrenstellen aus dem Wasser ragen ...
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... und stoßen zuweilen auch auf gefährliche Zeugen des Zweiten Weltkriegs: Was hier so unscheinbar im Kiesbett bei Spay in der Nähe von Boppard schlummert, ist eine ausgewachsene, 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe.
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Der Fund bleibt kein Einzelfall: Der historisch niedrige Wasserstand fördert im Umfeld vieler Rhein-Städte weitere explosive Altlasten zu Tage. Die Taucher des Kampfmittelräumdienstes sind im Dauereinsatz.
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Ende November trifft es Koblenz: Nach dem Fund eines tonnenschweren Sprengkörpers im Rhein muss sich die Stadt auf die größte Evakuierungsaktion ihrer Nachkriegsgeschichte vorbereiten.
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Eine rund 1800 Kilogramm schwere Luftmine aus britischer Produktion liegt in Ufernähe im Stadtteil Pfaffendorf. Bombenexperten kennen den Typ.
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Weniger als 3 Kilometer entfernt steht ein baugleiches Exemplar in der Wehrtechnischen Studiensammlung der Bundeswehr. Der einzige Unterschied: ...
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... Das Ding im Schlick am Ufer vor Koblenz-Pfaffendorf ist noch immer scharf und bis zum Rand gefüllt mit hochexplosivem Sprengstoff.
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Mindestens 66 Jahre sind seit dem Abwurf über Koblenz und dem Einschlag im Rhein vergangen.
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Doch die Jahrzehnte unter Wasser haben die Bombe nur gefährlicher gemacht. Rund 45.000 Menschen müssen zur Entschärfung ihre Wohnungen vorübergehend verlassen.
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Rostfraß am Zünder und chemische Zersetzungsprozesse im Inneren machen die Bombe unberechenbar.
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Mit einem Holzstöckchen untersucht ein Taucher Lage und Zustand der dünnen Metallhülle.
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Im weiteren Umkreis der Luftmine stoßen die Experten auf eine weitere Fliegerbombe der US-Luftwaffe und ein sogenanntes Nebelfass aus Wehrmachtsbeständen.
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Erst wenige Tagen zuvor hatten die Sprengmeister auf Höhe des Koblenzer Stadtteils Pfaffendorf ein solches Tarnnebelfass aus dem Zweiten Weltkrieg zur Detonation gebracht. In einem Radius von 400 Metern rund um die Fundstelle mussten sich etwa 1500 Anwohner in Sicherheit bringen.
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Die Luftmine ist weitaus gefährlicher. Nach kurzer Beratung ist klar: Umfangreiche Absperrmaßnahmen sind erforderlich. Fast die Hälfte der Stadtbevölkerung ist von der Sperrzone betroffen.
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Ein Schwimmkran wird oberhalb der Festung Ehrenbreitstein über dem Fundort verankert.
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Die Einsatzkräfte wollen rund um den 1,8 Tonnen schweren Sprengkörper einen Ring aus Sandsäcken errichten.
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Die künstliche Barriere soll den Fundort trockenlegen und die Bombe abschirmen - für alle Fälle.
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Erst wenn die Zünder der Bombe vollständig aus dem Wasser ragen, wollen die Experten des Kampfmittelräumdienstes die Entschärfung wagen.
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Sind die Zünder erst einmal entfernt, ist die schlimmste Gefahr gebannt.
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Für die Behörden ist es eine organisatorische Herkulesaufgabe: ...
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... Sie müssen die bislang größte Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland auf die Beine stellen.
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Bei der Evakuierungsaktion sind insgesamt rund 700 Feuerwehrleute im Einsatz. 600 Sanitäter kümmerten sich um den Transport von Evakuierten. 400 Sanitätskräfte um deren Betreuung.
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Dazu kommen Einsatzkräfte der Polizei, des Ordnungsamts, der Stadt Koblenz, Helfer von der Bundeswehr, alle verfügbaren Schlüsseldienste sowie 30 Notfallseelsorger für alle Fälle.
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Nach Einbruch der Dämmerung ist es vorbei: Fast sieben Jahrzehnte nach Kriegsende ...
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... verlässt die tonnenschwere Bombe ihren angestammten Platz im Rhein und schwebt friedlich und harmlos ihrer wohl allerletzten Ruhestätte entgegen. (Text: Martin Morcinek / mit Material der Stadt Koblenz, Feuerwehr Koblenz, AFP, dpa, rts)
Blindgänger des Bombenkrieges Luftmine bedroht Koblenz
Nach dem Fund einer Luftmine aus dem Zweiten Weltkrieg im Rhein kommt in Koblenz das öffentliche Leben zum Stillstand. Rund 45.000 Menschen müssen am Tag der Entschärfung zur Sicherheit ihre Häuser verlassen. Es ist die größte Evakuierungsaktion in Deutschland seit 1945. Als sich Sprengstoffexperten der Bombe nähern, hält die ganze Stadt den Atem an.
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